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Schmidt, Joseph

H.A.M. 0

Joseph Schmidt
Sänger und Schauspieler


Geb. 4.3.1904 in Dawideny (Bukowina)/ Österreich-Ungarn
Gest. 16.11.1942 im Internierungslager Girenbad (Kanton Zürich)/ Schweiz


„Das schwere Schicksal von Joseph Schmidt ermahnt uns, tatkräftig für die Freiheit und Menschenwürde aller einzutreten. Die Taubheit der Herzen muss immer wieder überwunden werden. Wir müssen offen bleiben für Klänge voller Menschlichkeit und Wärme!“

(Der Bundesministers der Finanzen, Hans Eichel, anläßlich der Vorstellung der Sondermarke „100. Geburtstag von Joseph Schmidt“ am 24. März 2004 im Jüdischen Gemeindezentrum Berlin)


Die Eltern Wolf und Sarah Schmidt, Pächter eines kleinen und bescheidenen Hofes, übersiedeln bei Ausbruch des ersten Weltkrieges mit der gesamten Familie nach Czernowitz. Joseph Schmidt, aufgewachsen in einem othodox-jüdischen Elternhaus und Sohn eines strenggläubigen Chassiden, singt bereits als Jugendlicher in der Synagoge. In diesem religiös geprägtem Umfeld erhält er auch Gesangsunterricht, der ihn in die Geheimnisse des jüdischen Synagogengesangs einführt.


Erste öffentliche Auftritte finden in der Czernowitzer Lokalpresse durchaus positive Resonanz, und die Kritiker prophezeien dem jungen Sänger – dessen einziges Handicap sein Kleinwuchs ist – eine große Zukunft als Sänger. Freunde und Förderer ermöglichen den jungen Schmidt eine fundierte Gesangsausbildung in Berlin., wo Joseph Schmidt bei Leo Engel – einem Bruder seiner Mutter – lebt, der später auch Schmidts Manager werden wird.
1925 beginnt Joseph Schmidt mit dem Gesangstudium bei Hermann Weißenborn, das ein Jahr später durch die Einberufung zum Militärdienst nach Rumänien unterbrochen wird. 1926 verlässt Schmidt Berlin, um seinen Militärdienst abzuleisten, kehrt zwei Jahre darauf wieder nach Berlin zurück und setzt seine Studien fort.


Der Rundfunk ist d a s neue Medium, und der Leiter der musikalischen Abteilung, Kammersänger Cornelis Bronsgeest sucht ständig nach neuen Talenten. Joseph Schmidts Rundfunkdebüt findet am 18.April 1929 um 20.00 Uhr mit einer der heikelsten Partien statt, die es in der Opernliteratur für Tenöre gibt: er singt die Rolle des Vasco da Gama in einer Übertragung von Giacomo Meyerbeers „Afrikanerin“. Rundfunk und Schallplatte bilden künftig das Fundament für Joseph Schmidts Karriere. Die Opernbühne bleibt dem nur knapp 1,58 m kleinen Tenor hingegen weitgehend verschlossen.


Am 8. Januar 1930 geht Mozarts Oper „Idomeneo“ über den Sender. Am Dirigentenpult steht Bruno Walter. Schmidt singt die Titelpartie, seine weiblichen Partnerinnen sind Berta Kiurina und Emmy Bettendorf, zwei weitere Publikumslieblinge ihrer Zeit. Allein 1929 wirkt Schmidt in neun Gesamtübertragungen mit, zehn weitere Werke folgen im Jahr 1930, elf sind es im Jahr 1931 und zwölf im Jahr 1932.

Auf dem Höhepunkt seiner Rundfunkkarriere ist Joseph Schmidt, der kleine Mann mit der großen Stimme, jeden Monat mit einer großen Funkopernproduktion über den Berliner Sender zu hören. Er singt mit allen großen Sängerpersönlichkeiten seiner Zeit. Seine Dirigenten sind neben Bruno Walter: Rudolf Hindemith, Hermann Scherchen, Alexander von Zemlinsky, Max von Schillings, Georg Széll, Leo Blech und viele andere.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 findet diese glanzvolle Rundfunkkarriere ein jähes Ende. Nur noch zwei Opernübertragungen sind es, in denen Schmidt mitwirken kann, am 20. Februar „Der Barbier von Bagdad“ unter Max von Schillings und am 16. Oktober „Der Barbier von Sevilla“ unter Julius Ehrlich, dann wird Joseph Schmidt für den deutschen Rundfunk gesperrt.


Mit dem Film: „Ein Lied geht um die Welt“, der im Jahr 1932 gedreht wird und der noch am 9. Mai 1933 in Berlin eine grandiose Uraufführung erlebt, befindet sich Joseph Schmidt gleichzeitig auf dem Höhe- und am Wendepunkt zu einer zweiten, vielleicht noch publikumswirksameren Karriere.

„Ein Lied geht um die Welt!
Ein Lied, das Euch gefällt!
Die Melodie erreicht die Sterne,
Jeder von uns hört sie so gerne!
Von Liebe singt das Lied,
Von Treue singt das Lied,
Und es wird nie verklingen,
Man wer es ewig singen.
Flieht auch die Zeit.
Das Lied bleibt in Ewigkeit.“


Noch mehr als der Rundfunk ist das Kino geeignet, die Popularität eines Künstlers zu fördern.

Schmidts erster Film, in dem er eine Hauptrolle spielt, den kleinwüchsigen Sänger Riccardo, der auf die große Liebe seines Lebens verzichten muß, weil diese zwar seine Stimme bewundert, ansonsten aber nur Augen für den gutaussehenden Freund des Sängers hat, trägt unverkennbar autobiographische Züge.

Dies sollte der Startschuss für eine verheißungsvolle Filmkarriere sein, die jedoch ebenfalls von den Nationalsozialisten zunichte gemacht wird. Eins der ersten Opfer der brauen Hetzpresse ist Joseph Schmidt. Seine weiteren Filme werden in Österreich gedreht und kommen in Deutschland nicht mehr zum Einsatz. Gleichwohl kann man aber seine Schallplatten, einschließlich der Neuaufnahmen, die ab November 1933 in Wien und London entstehen, noch bis 1938 in deutschen Schallplattengeschäften käuflich erwerben.


Mit der Vertreibung aus Deutschland beginnt Joseph Schmidts Stern allmählich zu sinken. Langsam zwar und kaum spürbar, aber der Niedergang ist nicht aufzuhalten. Der Sänger bereist die ganze Welt. In Holland ist er regelmäßig zu Gast, ebenso in London, wo er englischsprachige Versionen von zwei Filmen dreht („My Song goes round the world“ und „A Star Falls From Heaven“).

Wien wird zur neuen künstlerische Heimat. Hier, in den Tobis-Sascha Ateliers in Rosenhügel, dreht er 1934 und 1935 noch drei Filme: „Wenn du jung bist gehört dir die Welt“ und „Ein Stern fällt vom Himmel“ (beide 1934) und als letzten schließlich „Heut´ ist der schönste Tag in meinem Leben“ (1935).

1935 singt – der mittlerweile hochbezahlte – Joseph Schmidt zum ersten Mal in den USA und wird im damaligen Palästina gefeiert.
Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich beginnt für den Welttenor allerdings erneut die Flucht. Der Gedanke an eine Emigration in die Vereinigten Staaten ist ihm fremd: er möchte in der Nähe seiner Familie bleiben, die immer noch in Rumänien wohnt. Somit bleiben nur noch die Schweiz, Frankreich und die Beneluxländer.

In dieser aufregenden Zeit wird dennoch einer von Joseph Schmidts größten Wünsche Wirklichkeit: am 20. Januar 1939 singt er im Brüsseler Opernhaus die Partie des Rodolfo in Puccinis „La Bohème“. Die Kritiken sind freundlich wohlgesonnen und machen Mut für eine kleine Gastspielreise nach Lüttich, Gent, Brügge, Courtraus, Ostende und Verviers.


1940 werden die Benelux-Staaten von deutschen Truppen überrannt. In den Niederlanden findet der Jude Schmidt keine Beschäftigung mehr. Auf abenteuerlichen Wegen gelangt er schließlich zusammen mit einem befreundeten Ehepaar nach Nizza in Südfrankreich, wo sie zusammen eine provisorische Unterkunft finden.

Ein amerikanischer Künstleragent besorgt ein Ausreisevisum nach Kuba. Infolge des amerikanischen Kriegseintritts wird der der Schiffsverkehr kurz vor Schmidts Ausreise eingestellt.

Der portugiesische Konsul erteilt Schmidt im März 1942 ein Transitvisum nach Kuba, doch in diesem Fall verweigern wiederum die französischen Behörden die Reise und annullieren gleichzeitig seine Aufenthaltsgenehmigung für Nizza. Zweimal wird er an der Schweizer Grenze zurückgewiesen, dann gelingt ihm zusammen mit einigen anderen Verzweifelten die illegale Einreise über die grüne Grenze. Am 9. Oktober 1942 meldet sich Joseph Schmidt in Zürich polizeilich an.


Die Behörden verweigern dem Sänger jedoch die Arbeitsgenehmigung und weisen ihn in das Internierungslager Girenbad bei Zürich ein. Joseph Schmidt erkrankt, wird nach einiger Zeit in ein Krankenhaus eingewiesen, kurz darauf aber wieder als „Simulant“ und „lagerfähig“ (trotz der Intervention von Freunden) entlassen.
Am 16. November unternimmt der Sänger einen Spaziergang vom Lager aus in das nahe gelegene Restaurant „Waldegg“. Die Wirtin ist freundlich und lässt ihn ein wenig ausruhen. Um 10.30 setzt Übelkeit ein, eilig wird der Lagerarzt gerufen. Um 11.10 stirbt der Tenor Joseph Schmidt an Herzversagen. Der Totenschein vermerkt: Montag, 16. November 1942. Schmidt, Joseph 38 Jahre, 8 Monate, 12 Tage, staatenlos.
Joseph Schmidt findet seine letzte Ruhestätte auf dem Israelitischen Friedhof Friesenberg in Zürich


Links (deutsch):

http://www.volksschauspieler.de/body_lebenslauf18.html

http://david.juden.at/kulturzeitschrift/61-65/63-Albu.htm

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/

http://www.mdr.de/mdr-figaro/musik/1243050.html

langenacht_alt/001104.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schmidt


International:

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