Ota Sik
Politiker
Geb. 11.9.1919 in Plzen (Pilsen)/ Tschechoslowakei
Gest. 22.8.2004 in St. Gallen/ Schweiz
Auf Grund dieser Erfahrung meinte Sik, dass „politische Betätigung wichtiger als Malerei“ sei. Deshalb schloss er sich der Kommunistischen Partei an. Parteichef Alexander Dubcek machte ihn zu einem seiner fünf Vizeministerpräsidenten und zum Koordinator der Wirtschaftsreformen. Er war der „Ökonom des dritten Wegs“: Aus seinen Erfahrungen glaubte er, dass der liberale Kapitalismus nicht funktionieren könne. Das aber nahm er nach den katastrophalen Erfahrungen der zentralistischen Kommandowirtschaft auch vom Sozialismus an. Er glaubte weiter mit ganzem Herzen an die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus, wenn der Sozialismus nur um marktwirtschaftliche Elemente ergänzt würde, um dessen Effizienz zu steigern.
Als Professor an der Prager Parteihochschule hatte er sich bereits in den 50er Jahren mit Abweichungen vom sowjetischen Modell auseinandergesetzt und eine Reform der kommunistischen Planwirtschaft erarbeitet. Dabei stellte Sik das Staatseigentum nicht in Frage, rehabilitierte jedoch das Preissystem, das als Planungsgrundlage genutzt werden sollte. Zugleich plädierte er für mehr Selbständigkeit der Unternehmen und Unternehmer, die am Markt gewinnorientiert produzieren sollten. Dennoch war er für die zentrale Planung, um sicherzustellen, dass der Gewinn dem „gesellschaftlichen Nutzen“ verpflichtet bleiben müsse.
Siks Reformideen wurden Moskau fälschlich als Versuch der Restauration des Kapitalismus verstanden. Sie schienen den sowjetischen Machthabern mindestens so gefährlich wie die Lockerung von Zensur und anderen systemimanenten Restriktionen.
Beim Einmarsch der Truppen der Warschauer Paktstaaten in Prag weilte Ota Sik zufällig auf Urlaub in Jugoslawien. In Abwesenheit wurde er seines Regierungsamtes enthoben. In der Schweizer Emigration arbeitete Sik an der Hochschule Sankt Gallen weiter an einer sozialistisch-kapitalistischen Synthese.
Nach 1989 holte ihn der Dichter auf dem Präsidentenstuhl, der erste frei gewählte Präsident nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, Václav Havel, in seinen Beraterstab. Doch Sik konnte kaum noch Einfluß nehmen auf die marktwirtschaftlichen Entwicklungen, die sein ehemaliger Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften, Václav Klaus, in die Wege geleitet hatte. Sik starb 84jährig an den Folgen eines Gehirntumors. In Erinnerung wird er bleiben als einer der führenden Persönlichkeiten des tschechoslowakischen Reformkommunismus. Arabeske am Rande: In jungen Jahren hatte er mit dem deutschsprachigen Juden Fritz Beer in Prag in einem Haus gewohnt und möglicherweise einige der Ideen des späteren Präsidenten des Exil-PEN in London für seine wirtschaftlichen Vorstellungen übernommen.
Autor:
Hajo Jahn
Links (deutsch):
http://chronik.geschichte-schweiz.ch/biografie/ota-sik-dritter-weg.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Ota_Sik
http://userpage.fu-berlin.de/~steka/tz30689b.htm
http://www.perseus.ch/PDF-Dateien/Sik2_0405.pdf
International:
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