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Sonnenschein-Sonka, Hugo

H.A.M. 0

Hugo Sonnenschein – Sonka
Dichter und Schriftsteller


Geb. 25. 5. 1889 in Kyjov bei Brünn/ Österreich-Ungarn
Gest. 20. 7. 1953 in Mirov(Strafanstalt) / Tschechoslowakei


Mit 31 Jahren hatte Hugo Sonnenschein erreicht, was er als Dichter erreichen wollte. Er war in Die Legende vom weltverkommenen Sonka eingegangen, wie sein Gedichtband aus dem Jahre 1920 hieß.


Hugo Sonnenschein war die Verwandlung in den Vaganten Sonka gelungen, den es von Ort zu Ort treibt. Die geistige Unruhe des in der mährischen Slowakei geborenen Juden hatte ihren Namen bekommen. Wer Sonnenschein meinte, sprach von Sonka. Als Sonka publizierte er fortan, mit Sonka unterschrieb er. Die geistige Unruhe war fixiert. Das wiederum war kein Leben. Der Dichter Sonka setzte sich ab in das Unruhegebiet der Politik.
Als der Rowohlt Verlag 1921 das Dutzend lyrischer Veröffentlichungen Sonkas vollständig machte und unter dem Titel War ein Anarchist einen Querschnitt durch dessen Werk brachte, war Sonka in den Kommunismus eingetaucht. Ein Quergeist, der noch nicht ahnte, daß ausgerechnet dort die rigoroseste Disziplinierung des Geistes herrschte.


Sonka, Mitbegründer der tschechischen KP, wurde schließlich als Gegner des Stalinismus ein Opfer seiner eigenen Genossen. Zwar überlebte er die Nazis und das Vernichtungslager Auschwitz, aber er starb 1953 in einem kommunistischen Gefängnis in der Tschechoslowakei.
Hugo Sonnenschein lebte die Zerrissenheit des 20. Jahrhunderts. Und er lebte in der Sehnsucht nach Einheit. Einheit sah er zuerst im Bäuerlichen der Slowakei, die er mit volksliedhaften Gedichten besang. Einheit sah er kommen als Kommunismus. Und Kommunismus war für ihn ein religiöses Gefühl. Trotzki, der Sonka persönlich kannte, machte über den Freund 1930 zwei Bemerkungen: »Erstens, daß der Autor ein Dichter ist; zweitens, daß seine Weltanschauung ziemlich weit von der kommunistischen entfernt ist. Aber Marx hat einmal gesagt: >Die Dichter sind sonderbare Käuze.< Er hat es gar nicht schlecht gemeint; denn er hat es auf Freiligrath angewendet.«


Die Geschichte des gläubigen Sozialisten Sonka ist die Geschichte einer säkularisierten messiani-schen Idee, in deren Bann die Dichter Europas während der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gestanden haben – von Ernst Toller bis Erich Mühsam, von Bertolt Brecht bis Anna Seghers, von Kurt Tucholsky bis Arthur Koestler, von Ignazio Silone bis Jaroslav Seifert. Fast immer war es eine unglückliche Liebe. Fast immer kam es zum Zusammenstoß zwischen der Dichtung, die auf absoluter Freiheit beruht, und der Doktrin, die auf absoluter Einordnung besteht.
Sonkas Sohn aus erster Ehe überlebte in Prag und wurde der Architekt des Gedenkmuseums von Hiroshima. Sonkas zweite Frau wurde in Auschwitz vergast. Die beiden Söhne aus dieser Ehe hatte Sonka in England in Sicherheit gebracht. Der eine Sohn, Biochemiker, lebt im kanadischen Hamilton, der andere, Arzt, lebt im israelischen Kibbuz Sasa.


Autor:

Jürgen Serke


Rückkehr

Von Sonka (6.2.1941)

Am Ende sucht im Irrsal seiner Nöte
der Enkel Zuflucht bei der Väter Haus:
Von morscher Schwelle, die ich scheu betrete,
– ich hör das Raunen biblischer Gebete –
schau ich nach einem, der mir öffnet, aus.

Der Tag erlischt, die Äcker und die Gärten
verdämmern und vergehn vor meinem Blick,
verschneit, verweht bis in die letzten Fährten
ist meiner Wege Traum und Spiel und Glück.

Und es versinken meiner Erde Grenzen
in Frost und Einsamkeit der Wolkenhöhn,
im Abend seh ich dunkles Blut erglänzen,
wie Opferfeuer, die bei Toten stehn.

Und die Dezembernacht auf grauen Flügeln
entschwebt dem ruhevollen Friedhoftal,
die kalten Fernen ihres Himmels spiegeln
die Sterne und des Mondes Sichelmal.

Ums starre Angesicht der Landschaft breitet
der Sturm ein Leichentuch von Schatten aus.
Es naht ein Bote, der, von Gott geleitet,
– ich hör ihn, wie er durch die Eisnacht schreitet –
mir gnädig aufschließt meiner Väter Haus.


Die Texte wurden entnommen aus:

Jürgen Serke: Sonkas Weg: Exorzieren durch Schreiben. Nachwort zu Sonka: Terrhan oder der Traum von meiner Erde. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien 1988 (verkürzt).

(Das Gedicht Rückkehr):

Sonka: Schritte des Todes. Traumgedichte. Limmat-Verlag, Zürich. © T. Spenser und Limmat-Verlag 1964

Hajo Jahn, Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, Wuppertal (Hg): Momente in Jerusalem. Welchen Inhalt birgt das das Wort – Erinnern in Israel. Bleicher-Verlag, Gerlingen, 2002, ISBN: 3-88350-059-3, S. 51-53


Links (deutsch):

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.s/s652031.htm

http://www.onb.ac.at/sammlungen/litarchiv/bestand/sg/nl/sonnen.htm

http://www.els.gesellschaft.wtal.de/pressespiegel/liebes-und_musengeschichten.html

http://www.roehrig-verlag.de/shop_detail/10082.html

 

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