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Wolf, Friedrich

H.A.M. 0

Friedrich Wolf
Schriftsteller und Arzt


Geb. 23.12.1888 in Neuwied (Rhein)
Gest. 5.10.1953 in Lehnitz b. Berlin/ DDR


Friedrich Wolf„Ich muß träumen von dir und den Toten,
Von den dreihundert Toten von Wien,
Mit Kanonen schoß man in die roten
Proletenquartiere von Wien.

In einem einzigen Häuserblocke
Zwölf Kinder lagen zerfetzt,
Du Kindchen unter meinem Rocke,
In diese Welt willst du jetzt?

Selbst an den Krankenbetten
Tagt heute das Standgericht
Mit Henker und Totenmetten,
Mein Kindchen fürchtest du dich nicht?

Man wir uns exmittieren
Von Grenze zu Grenze hin,
Wir werden hungern, betteln und frieren
Mit den flüchtigen Rebellen von Wien.

Und überall wird man uns fragen,
Weshalb man durchs Land uns treib’…
Was wirst du dann sagen, dann sagen,
Du Kindchen in meinem Leib?

Ich höre dein Herzchen schlagen
Wie ein eisernes Hämmerlein,
Ja, du wirst es einst sagen, es sagen,
Du muß geboren sein.“

Friedrich Wolf: Emigrantin *)


Im Anschluß an die Israelitische Elementarschule besucht Wolf bis 1907 das Königliche Gymnasium in Neuwied und veröffentlicht in dieser Zeit bereits erste Gedichte. Nach dem Abitur studiert er Medizin in Heidelberg und absolviert seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger. 1908 schreibt sich Wolf für das Studium der Bildhauerei und Malerei in München ein, setzt sein Medizinstudium in Tübingen fort, schreibt für Zeitschriften wie Jugend und Simplizissimus und gehört zu den Mitbegründern des Altwandervogels. 1909 geht Friedrich Wolf zum Studium nach Bonn, anschließend nach Berlin.


Nach seiner Dissertation 1912 und anschließenden Praktika in Meißen und Dresden bereist er als Schiffsarzt ab 1914 Grönland, Kanada und die Vereinigten Staaten und geht mit Kriegsbeginn als Truppenarzt an die Westfront. Er heiratet Kaethe Gumpold und wird 1915 in Berlin Vater der gemeinsamen Tochter Johanna Maria.

Ab 1920 ist Wolf als Stadtarzt in Remscheid tätig und beteiligt sich am Kampf gegen die Kapp-Putschisten. In Hechingen wird der Landarzt dann später mit dem Leben der Bauern der Rauhen Alp konfrontiert und spezialisiert sich in dieser Zeit auf Naturheilkunde.

1922 heiratet Friedrich Wolf in zweiter Ehe Else Dreibholz. Die Söhne Markus (1923) und Konrad (1925) werden geboren.

Mit den Dramen Das bist Du, Der Unbedingte und Der arme Konrad wird Friedrich Wolf 1923 zum inzwischen anerkannten Schriftsteller, der nach drei Jahren intensiver Arbeit sein ärztliches Ratgeber-Buch Die Natur als Arzt und Helfer veröffentlicht. Sein Drama Cyankali leitet 1929 eine Kampagne gegen den Abtreibungsparagraphen 218 ein. Unbegründet wird Wolf verhaftet und der gewerbsmäßigen Abtreibung beschuldigt. Massenproteste bewirken jedoch seine Freilassung.


Bereits kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten muß der Kommunist und Jude Friedrich Wolf aus Deutschland fliehen

„Sofort nach dem Reichstagsbrand musste er verschwinden. Dann folgten die Haussuchungen in unserem Haus in Stuttgart, die ich zum Teil manchmal auch alleine miterlebt habe. Also die ich nun schon als politisch-junger Kämpfer erlebt habe: für mich war klar, mit wem ich’s zu tun habe und wie ich mich zu verhalten habe. Trotz der Drohung, die man mir sagte: ‚wenn du nicht redest, nicht erzählst, wo dein Vater ist, dann kommst du auf den Heuberg!‘ Heuberg war also eines der ersten Konzentrationslager damals in Württemberg. Und dann sind wir also zunächst mal von unserer Mutter aufs Land geschickt worden zu Bekannten. Ostern ’33. Da sah ich auch das letzte Mal meinen Großonkel, der in Hechingen lebte, meiner Geburtsstadt. Und der schon im Alter von etwa 80 Jahren dann als Jude in Mauthausen umgekommen ist. Und wir sind dann im Mai mit der Mutter, also so im „Kleinen Grenzverkehr“ nach der Schweiz dem Vater gefolgt…
Wir haben vor einigen Jahren erst einige Dokumente entdeckt, auch einen Haftbefehl, der gegen unsere Mutter, mich und meinen Bruder Konrad vorlag, aus dem Jahr 1937, in dem es heißt, dass wenn wir an der Grenze festgestellt wären, sofort zu verhaften wären. Also, uns war schon klar, was uns blüht, würden wir in Deutschland in die Hände der Nazis kommen. Nicht eben nur, oder nicht mal in erster Line, weil wir Kinder eines kommunistischen Schriftstellers sind, sondern vor allem, weil wir Kinder eines Juden sind.“

Quelle: Interview Ulrike Müller mit Markus Wolf, Sohn des jüdischen Dramatikers und Arztes Friedrich Wolf.


Bereits wenige Wochen nach seiner Flucht aus Deutschland beginnt Friedrich Wolf in Zürich mit der Niederschrift des Dramas Professor Mamlock: Hans Mamlock, Chirurg und Chefarzt einer Klinik, ist ein nationalliberaler deutscher Großbürger, der sich nicht vorstellen kann, von den Faschisten in die Enge getrieben zu werden. Doch er ist Jude – und als Hitler kommt, rücken seine Kollegen von ihm ab. Seine Tochter wird gedemütigt, er selbst aus der Klinik gejagt. Als einziger Ausweg bleibt ihm der Selbstmord. Das Stück wird mit großem Erfolg in Warschau (mit Alexander Granach in der Hauptrolle), Tel Aviv, Zürich, Moskau, Torinto, Tokio, Shanghai, London, Paris, Stockholm, Oslo und New York aufgeführt.

Wenige Jahre später entsteht unter der Regie des Österreichers Herbert Rappaport in der Sowjetunion eine erste Filmversion von Professor Mamlock, 1961 bei der DEFA die zweite Fassung (Regie: Konrad Wolf).


1935 folgt Friedrich Wolf einer Einladung zum 1. Schriftsteller-kongreß der USA nach New York und geht im darauffolgenden Jahr auf Vortragsreise durch Skandinavien. 1938 wird er bei dem Versuch, nach Spanien zu gelangen, um als Arzt auf der Seite der Internationalen Brigaden zu kämpfen, in Frankreich verhaftet und für 18 Monate u.a. in den Lagern Le Vernet und Les Milles inhaftiert. Nach Erhalt der sowjetischen Staatsbürgerschaft kann er allerdings 1941 das Lager wieder verlassen und kehrt zu seiner in Moskau lebenden Familie zurück. 1943 gehört Wolf zu den Mitbegründern des Nationalkomitees Freies Deutschland und ist dessen Frontbeauftragter.

1945 kehrt Dr. Friedrich Wolf 1945 nach Deutschland zurück und engagiert sich neben seiner schriftstellerischen Arbeit vor in allem in der Kulturpolitik.


„Der Vater hat Deutschland, hat das deutsche Volk, wirklich mit allen Fasern geliebt, fühlte sich mit diesem Land, mit seiner Heimat auf das Engste verbunden. Dafür gibt es viele Zeugnisse. Und er war sehr getroffen und enttäuscht, als die Hoffnung auf größeren Widerstand des deutschen Volkes gegen das Hitler-Regime und vor allem gegen den Krieg sich nicht erfüllt hatten…“

(Markus Wolf in einem Interview mit Ulrike Müller, 1995)

volume_up.gifKlicken Sie bitte hier, um diesen O-Ton (als MP3-Datei) in ganzer Länge anzuhören
© Ulrike Müller


Bis zu seinem Tod im Jahr 1953 lebt und arbeitet Friedrich Wolf ab 1948 in Lehnitz bei Berlin, widmet sich ganz der Schriftstellerei, lediglich unterbrochen von seiner knapp zweijährigen Tätigkeit als Botschafter der DDR in Polen (1949-1951).


Werke:

Mohammed (Drama), Langemark (Erzählung,1917)
Das bist du (Drama), Der Unbedingte (Drama,1919)
Die Schwarze Sonne (Drama, 1921)
Tamar (Drama,1922)
Die Schrankkomödie (Drama, 1923)
Der Arme Konrad (Drama, 1923)
Das Heldenepos des alten Bundes (jüdisches Volksepos, 1924))
Kreatur(Roman, 1925))
1926 Kolonne Hund (Drama), Äther (Hörspiel)
Die Natur als Arzt und Helfer (1927)
Koritke (Drama, 1927),
Der Kampf im Kohlenpott (Novelle, 1927))
Cyankali (Drama, 1929)
Die Matrosen von Cattaro (Drama, 1930))
Tai Yang erwacht (Drama, 1930)
Professor Mamlock (Drama, 1933)
Floridsdorf (Drama, 1934)
Das trojanische Pferd (Drama, 1935)
Zwei an der Grenze (Roman, 1938)
Beaumarchais (Drama, 1940)
Der Russenpelz (Novelle, 1942)
Heimkehr der Söhne (Roman, 1944)
Dr. Lilli Wanner (Drama, 1944)
Was der Mensch säet (Drama, 1945)
Die letzte Probe (Drama, 1946)
Märchen für große und kleine Kinder (1946)
Wie Tiere des Waldes (Drama, 1947)
Der Rat der Götter (Filmszenarium, 1949)
Bürgermeister Anna (Komödie, 1949)
Menetekel (Roman, 1952),
Thomas Müntzer (Drama, Filmexpose 1952)


Quelle:

*) aus dem Gedichtzyklus Emigrantin mit dem Untertitel: Nach dem Aufstand der Wiener Arbeiter im Februar 1934, in Teilen dem Drama Floridsdorf vorangestellt. Hier zitiert aus: Friedrich Wolf, Bilder einer deutschen Biografie, Dokumentation von Lew Hohmann, Verlag das europäische buch, Westberlin 1988, ISBN 3-88436-196-8, S. 208


Links (deutsch):

http://www.friedrich-wolf-gedenkstaette.de

http://cornelia.siteware.ch/literatur/litzusammenfassungen/Cyankali.html

http://www.jadukids.de/maerchen/wolf

http://www.luise-berlin.de/lesezei/blz99_01/text03.htm

http://www.berliner-lesezeichen.de/lesezei/Blz99_01/text03.htm

http://www.aberhallo.de/lexikon/index.php/Friedrich_Wolf

http://www.bpb.de/publikationen/L5JXH6,2,0,Verweigerung_im_Alltag_und_Widerstand_im_Krieg.html

http://www.igmedien.de/publikationen/m/2000/05_06/15.html

http://israel-live.de/schule-judentum/projekt/professor_mamlock.htm

http://www.dra.de/schall01.htm

http://www.etk-muenchen.de/etk/etk_framemaker.php?content_id=41707&top_nav=film

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