Geb. 10.12. 1903 in Heilbronn
Gest. 16. 9.1992 in Los Angeles/ USA
Die Tochter eines jüdischen Lederfabrikanten besucht ab 1917 als erstes Mädchen das Heilbronner Knaben-Realgymnasium und legt dort 1922 das Abitur ab. Auf Wunsch des Vaters beginnt Gertrude Victor, so ihr damaliger Mädchenname, mit einem naturwissenschaftichen Studium, das sie jedoch wieder abbricht, um sich ganz ihrer bereits in der Schulzeit gepflegten Leidenschaft zu widmen: der Schriftstellerei. 1932 wird der erste Roman – der mittlerweile mit einem Textilfabrikanten verheirateten zweifachen Mutter – unter dem Titel Eine Frau wie du und ich im Dresdner Carl-Reißner-Verlag veröffentlicht; zwei weitere Romane erscheinen 1933 im Wiener Paul Zsolnay-Verlag.
Bereits in den 1920er Jahren hat ihre journalistische Karriere begonnen: mit Reportagen für die lokale Neckar-Zeitung im schwäbischen Heilbronn, später für die Frankfurter Zeitung, die Kölnische Zeitung, das Stuttgarter neue Tagblatt und Die Dame, gefolgt von Kurzgeschichten für den Süddeutschen Rundfunk.
Am 30. Januar 1933 ergreifen die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland. Die jüdische Schriftstellerin kann zwar noch bis Ende des Jahres publizieren, sieht jedoch für sich in Nazi-Deutschland keine Zukuft mehr. Um ihren Kindern den Besuch einer arischen Schule nicht zuzumuten, verläßt sie mit ihnen am 1. April 1933 Deutschland, ihr Mann, Dr. Alfred Wolf, bleibt zunächst noch in Heilbronn.
Victoria Wolfs erste Exilstation ist Ascona in der Schweiz. Die Nähe zu anderen emigrierten Künstlern wie Tilla Durieux, Leonhard Frank, Erich Maria Remarque und Ignazio Silone beflügelt in dieser Zeit ihre literarische Produktivität: es entstehen sechs Romane, darunter ihr wichtigster Gast in der Heimat, in dem sie, autobiografisch gefärbt, das Aufkommen den Nationalsozialismus in einer schwäbischen Kleinstadt und ihre Emigration in die Schweiz schildert. Das 1935 im Amsterdamer Querido-Verlag erscheinende Buch kommt kurz darauf auf den Index der Nazi-Behörden. Trotz eines 1936 ergangenen Publikationsverbotes veröffentlicht sie auch weiterhin ihre Beiträge in der Schweizer Presse, teils anonym, teils unter Pseudonym. Aufgrund einer Denunziation bei der Eidgenössischen Fremdenpolizei wird Victoria Wolf im Frühsommer 1939 ausgewiesen und gelangt, über die Exilstationnen Nizza und Lissabon, 1941 in die Vereinigten Staaten.
Ihre Ehe mit Dr. Alfred Wolf wird 1945 geschieden. Sie heiratet 1949 den Berliner Kardiologen Erich Wolff, der seit Anfang der 40er Jahre seine Praxis in der deutschen Exilkünstlerkolonie von Los Angeles führt. „Nach mir kannst Du niemand mehr heiraten, denn einen Wolf mit drei ‚f‘ gibt es nicht!“ soll er zu dieser bemerkenswerten Namenswandlung bemerkt haben. Über ihn kommt sie schließlich auch in Kontakt mit anderen Emigraten wie den Feuchtwangers, Thomas Mann dem Ehepaar Werfel, Ludwig Marcuse und Fritzi Massary. Die Schriftsteller-Journalistin – deren literarisches Schaffen auch und vor allem geprägt ist von der Auseinandersetzung der emanzipierten Frau mit dem konservativen Mann – porträtiert ihre Freunde und Bekannten für den Aufbau in New York und dokumentiert damit Leben und Alltag in „Neu-Weimar am Pazifik“ (Anke Heimberg) für die Nachwelt.
Neben Romanen, Kurzgeschichten und Essays verfaßt Victoria Wolff in den 40er Jahren auch Drehbücher für die 20th Century Fox und MGM.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs nimmt sie den Kontakt zur ihrer alten Heimat wieder auf und ist ab 1949 bis 1985 häufig in Heilbronn zu Gast. Victoria Wolff, stirbt im Alter von fast 89 Jahren in Los Angeles, dessen Filmfabrik Hollywood sie sich bis ins hohe Alter verbunden gefühlt hat.
Quellen:
Anke Heimerg in: Neuer Nachrichtenbrief der Gesellschaft für Exilforschung, Nr.23, ISSN 0946-1957, Juni 2004 http://www.exilforschung.de/NNB/NNB23.pdf sowie:
dies.: Emigration ist eine Entziehungskur – Leben und Werk der Exilschriftstellerin Victoria Wolff, in: John M. Spalek/ Konrad Feilchenfeldt/ Sandra H. Hawrylchak (Hg.): Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933, Bd. 3 (= USA), Teil 5, Zürich und München: Verlag K G Saur, 2005, S. 271-301
Links (deutsch):
http://www.stadtarchiv-heilbronn.de/de/stadtgeschichte/alpha/w/wolff-victoria.htm
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