Yang Lian
Schriftsteller
Geb. 1955 in Bern/ Schweiz
„Ich glaube nicht an das Neue, ich glaube an die Tiefe“
(Yang Lian)
Der Sohn chinesischer Diplomaten aus einer alten Mandarin-Familie wächst im Peking der Kulturrevolution auf. 1974 wird er, wie alle Jugendlichen, zur Umerziehung aufs Land verschickt. 1977 kehrt der knapp 22Jährige in die chinesische Hauptstadt zurück. Seit 1977 arbeitet Yang Lian für den Rundfunk. Während des Pekinger Frühlings (1978-80) veröffentlicht er erste modernistische Gedichte in der literarischen Untergrundzeitschrift Jintian (Heute). Ab 1978 kursieren Yangs Gedichte im Untergrund und werden in den 80er Jahren auch in offiziellen Zeitschriften abgedruckt.
In den Jahren 1978 bis 1983 unternimmt der junge Dichter erste ausgedehnte Reisen auf den Spuren der chinesischen Geschichte und es entstehen lyrische Werke wie das Langgedicht Nuorilang, das 1983 im Rahmen der Kampagne gegen geistige Verschmutzung scharf kritisiert wird. Zwischen 1985 und 1989 arbeitet Yang Lian an seinem rund 200 Seiten umfassenden Gedichtzyklus Yi.
Während des Massakers auf dem Pekinger Tiananmen-Platz (Platz des Himmlischen Friedens) im Juni 1989 befindet sich Yang Lian mit seiner Frau, der Schriftstellerin You You, auf einer Vortragsreise in Neuseeland und geht mit ihr zusammen ins Exil nach London.
1991 ist Yang Lian Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Berlin und 1995 zu Gast auf Schloß Solitude bei Stuttgart.
DER GESCHMACK DES EXILS
Von Yang Lian*)
„Über das Exil ist viel geredet worden. Gedanken und Kulturen im 20. Jahrhundert bauen gar – mehr oder weniger – auf Erfahrungen des Exils auf. Marx, Freud, Einstein, Thomas Mann, nicht zu vergessen Liang Qichao und Sun Yatsen aus China…Ohne das Exil wäre die Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht zu denken. Wohl aus diesem Grund bemerkte James Joyce:“ Wer den Geschmack des Exils nicht gekostet hat, wird mein Werk nicht verstehen.“
Eigentlich, von jenem Augenblick an, wenn wir beschließen, Dichter zu sein, ist das Schicksal des Exils bereits besiegelt. Selbst lange bevor wir unser Heimatland verließen, haben wir einen solchen Verlauf unzählige Male bereits exerziert: von einem Wort zu einem anderen, von einer Zeile in die nächste, von einem Gedicht auf das kommende…“
Quelle:
Vortrag, gehalten im Rahmen des V. Else Lasker-Schüler-Forums Flucht in die Freiheit. Hier entnommen aus: Hajo Jahn (Hrsg.): Zwischen Theben und Shanghai. Jüdische Exilanten in China – Chinesische Exilanten in Europa, Oberbaum-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-928254-06-5, S. 235ff.
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