Andersch, Alfred

Andersch gehört zu den vielen Intellektuellen, die sich in jungen Jahren für die Ideale des Kommunismus engagierten, doch anders als viele seiner Zeitgenossen erkannte er früh das wahre Gesicht der politischen Umsetzung dieser Bewegung. Auch gehört er zu der Minderheit der Deserteure im Krieg, die im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit verachtet, mindestens verdrängt wurde.

Nach einer Buchhändlerlehre wurde er 18jährige Organisations-leiter des kommunistischen Jugendverbands in Südbayern und dafür von den Nazis gleich nach der „Machtergreifung“ 1933 für ein halbes Jahr im Konzentrationslager Dachau interniert. Danach arbeitete er als Angestellter, wird 1943 Soldat, um ein Jahr später an der Arno-Front in Italien zu den Amerikanern überzulaufen.
Zusammen mit Hans-Werner Richter gibt er ab 1946 die literarisch-politische Wochenzeitschrift Der Ruf heraus. 1947 ist Andersch Gründungsmitglied der Gruppe 47, einem von Hans-Werner Richter initiierten und organisierten Zusammen-schluß von Autoren, die sich für ein neues, demokratisches Deutschland einsetzen und das Bild der westdeutschen Literatur bis in die 60er Jahre hinein bestimmen, allerdings auch kein Interesse an den Exilautoren zeigen.

Ironie der Geschichte: Andersch erhält 1967 den Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund, benannt nach der deutschen Nobelpreisträgerin, die vor der NS-Diktatur nach Schweden geflohen war. Thematisch aber hat sich Andersch mit Widerstand und Exil befasst. In seinem Roman Efraim ist der Protagonist ein emigrierter jüdischer Journalist, der aus seiner Realität vergeblich auszubrechen versucht, indem er in einem Roman seine von Selbstzweifeln zerfressene Person als literarische Kunstfigur einführt. In seinem in mehrere Sprachen übersetzten Roman Sansibar oder der letzte Grund geht es um das Problem der Verwirklichung individueller Freiheit: Fünf Menschen flüchten vor einem totalitären Regime.

Werke:

Neben Radio-Essays – Andersch war Redakteur beim Süddeutschen Rundfunk, bevor er 1958 als freier Autor in die Schweiz übersiedelte – veröffentlichte er die Hörspiele Der Tod des James Dean, Der Albino, Von Ratten und Evangelisten und In der Nacht der Giraffe sowie den Fernsehfilm Die Entwaffnung. Weitere Veröffentlichungen: Die Rote (Roman), Der Vater eines Mörders (Essay), Winterspelt (Roman, 1974) sowie Reiseberichte wie Wanderungen im Norden, Aus einem rämischen Winter und Norden Süden, rechts und links. Von 1955-57 war Alfred Andersch zudem Herausgeber der Zweimonatsschrift Texte und Zeichen.

Autor:

Hajo Jahn

*) entnommen aus: Alfred Andersch: „Winterspelt“ Diogenes Taschenbuch, Zürich 1977 ISBN 3-257-20397-7, S. 596f.