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Anders, Günther

H.A.M. 0

Günther Anders (eigtl.: Günther Siegmund Stern Pseudonym.: Reinhold Hoffmann)
Schriftsteller und Sozialphilosoph


Geb. 12.7. 1902 in Breslau
Gest. 17.12. 1992 in Wien/ Österreich


„Es genügt nicht, die Welt zu verändern. Das tun wir ohnehin. Und weitgehend geschieht es sogar ohne unser Zutun. Wir haben diese Veränderung auch zu interpretieren. Und zwar, um diese zu verändern. Damit sich die Welt nicht weiter ohne uns verändere. Und nicht schließlich in eine Welt ohne uns.“

(Günther Anders)*


Seine Eltern, die jüdischen Psychologen Clara und William Stern, sind die in Fachkreisen renommierten Autoren eines Standardwerks über die Psychologie der frühen Kindheit. Dem Studium der Psychologie widmet sich auch der Sohn, belegt daneben aber auch Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten von Hamburg und Freiburg i. Br., unter anderem bei Edmund Husserl, Ernst Cassirer und Martin Heidegger, und promoviert 1923 zum Dr. phil. mit einer Arbeit über Die Rolle der Situationskategorie im Logischen.


1928 veröffentlicht er in Bonn seine Abhandlung Über das Haben. Sieben Kapitel zur Ontologie der Erkenntnis, lebt und arbeitet von 1924 bis 1933 in Berlin und Paris und liefert mit Die molussische Katakombe in getarnten Erzählungen und Pseudodokumenten eine scharfsinnige Analyse über die Mechanismen des aufkommenden Nationalsozialismus (der 1938 fertiggestellte Roman erscheint allerdings erst über fünfzig Jahre später, 1992). Der freie Schriftsteller und Journalist schreibt u.a. für die Vossische Zeitung, arbeitet beim Rundfunk und ist Mitherausgeber der Zeitschrift Das Dreieck. Zu seinem Bekanntenkreis jener Tage zählt neben dem Theaterkritiker Herbert Ihering u.a. auch der Schriftsteller Bertolt Brecht.

1928 heiratet er die Heidegger-Schülerin Hannah Arendt, arbeitet an seiner Habilitationsschrift über Philosophische Untersuchungen über musikalische Situationen und nimmt 1930 jenen Nachnamen an, unter dem er fortan schreiben und in der Öffentlichkeit bekannt werden wird: Günther Anders.


Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigriert er 1933 nach Frankreich, wo er sich in Paris mit Unterrichtsstunden durchschlägt. Drei Jahre später erscheint in französischer Übersetzung Anders‘ Vortrag über Die Weltfremdheit des Menschen aus dem Jahre 1929 nunmehr unter dem Titel Pathologie de la liberté. Essai sur la non identification in Paris (Recherches Philosophiques, 7. Jg., 1936/37, 22-54). Ebenfalls 1936 wird ihm der Preis des Amsterdamer Querido-Verlages für seine Novelle Der Hungermarsch (erschienen in der Zeitschrift Die Sammlung, 2. Jg., Nr. 6, 294-314, im Februar 1935) verliehen.


Günther Anders schreibt auch für die Exilzeitschrift Neue Deutsche Blätter (1936-39 in New York), verdient seinen Lebensunterhalt als Fabrikarbeiter und später im kalifornischen Los Angeles als Requisiteur in den Filmstudios von Hollywood. Das von ihm 1940, gemeinsam mit Berthold Viertel und Ernst Waldinger, intendierte Projekt der Herausgabe eines Gedichtbandes unter dem Titel In diesem Augenblick kommt nicht mehr zustande.

Anders kehrt an die Ostküste nach New York zurück, wo er zeitweise für das Office of War Information tätig ist. Ab 1939 erscheinen Beiträge von ihm in diversen Exilzeitschriften, darunter der Aufbau und die Neue Rundschau und er schreibt in der philosophischen Fachzeitschrift Journal for Philosophic and Phenomenological Research u. a. über die Pseudokonkretheit der Philosophie Heideggers.


1945 heiratet Anders in zweiter Ehe die Schriftstellerin und Publizistin Elisabeth Freundlich. Er nimmt die us-amerikanische Saatsbürgerschaft an, hält 1949 Ästhetik-Vorlesungen an der New School for Social Research und kehrt bereits ein Jahr später nach Europa zurück. Der nunmehr in Wien lebende Schriftsteller und Philsosoph wird 1951 österreichischer Staatsbürger – und zu einem unbequemen Mahner, der sich auch und vor allem immer wieder politisch einmischt. Der überzeugte Pazifist, Mitbegründer der Bewegung gegen Atomwaffen und Freund von Robert Jungk ist Mitglied des Russell-Tribunals gegen den Vietnam-Krieg. Günther Anders‘ Hauptwerk Die Antiquiertheit des Menschen – Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution erscheint 1956.


Eine ihm von Ernst Bloch angebotene Philosophie-Professur an der Universität von Halle an der Saale (DDR) schlägt Anders aus. Das Mitglied des PEN-Clubs (1955) und der West-Berliner Akademie der Künste (1971) erhält zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter den Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik sowie den Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt.

1982 verläßt er die Israelitische Kultusgemeinde Wien aus Protest gegen den israelischen Libanon-Feldzug. In seinen letzten Lebensjahren widmet sich Anders intensiv seiner Mitarbeit an der in Wien erscheinenden Zeitschrift Neues Forum. Im Alter von 90 Jahren stirbt er in einem Wiener Pflegeheim an Herzversagen.


Quelle:

http://www.literaturepochen.at/exil/a5566.html


Jörg Aufenanger:

Jugend in Breslau
Armin T. Wegner und Günther Anders –
zwei deutsche Wege

„Der Philosoph und Schriftsteller Günther Anders ist in Breslau geboren und hat seine Kindheit und früheste Jugendjahre dort – hier muß ich hier ja sagen verbracht.
Der Dichter und Menschenrechtler Armin T. Wegner ist nicht hier geboren, sondern in Elberfeld dem heutigen Wuppertal, und hat in Breslau mehrere Jahre seiner Jugend verlebt.
Gemeinsam waren sie zu Anfang des 20. Jahrhunderts zwölf Jahre etwa in derselben Stadt, doch sie sind einander nicht bewusst begegnet, jedenfalls habe ich dazu keine Hinweise gefunden.
Warum aber will ich nun von beiden erzählen ? Warum will ich ihnen biographische Notizen widmen, Partikel zu einer Parallelbiographie, ein leider seit Plutarch selten genutztes Genre der Lebensbeschreibung ?
Zum einen schon, um von ihrer Kindheit und Jugend in dieser Stadt zu berichten, die sie beide geprägt hat. Doch nicht nur das. So unterschiedlich sie waren, so verschieden ihre weiteren Wege nach ihrer Breslauer Zeit auch verlaufen sind, zwei Merkmale haben sie gemeinsam auf ihrem Weg durch das 20. Jahrhundert.
Zum einen: Beide haben Deutschland nach 1933 verlassen müssen und verlassen wollen, haben im Exil gelebt, Armin T. Wegner in Italien, der um knapp sechzehn Jahre jüngere Günther Anders in Frankreich und dann in den USA. Und beide sind nach 1945 nur gelegentlich nach Deutschland zurückgekehrt, haben sich nicht dazu entschließen können, im Land ihrer Geburt zu leben.
Zum anderen: Beide standen der Welt, in der sie lebten und den Ereignissen, die sie erlebten, mit einer moralischen Position gegenüber, ja mit Empörung. Beiden stand aber diese rein moralische Position auch im Weg. Sie bestimmte und behinderte zugleich ihr jeweiliges Werk, das dichterische Wegners, das philosophische Anders.“

Zum Weiterlesen klicken Sie bitte hier (PDF-Dokument)…

Quelle: Zweiseelenstadt – Ein Else-Lasker-Schüler-Almanach, Herausgegeben von Hajo Jahn/ Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft sowie dem Willi-Brandt-Zentrum für Deutschland- und Europastudien an der Universität Wroclaw, Peter-Hammer-Verlag, Wuppertal 2004, S. 113 – 136.


Quelle:

*) Günther Anders: Antiquiertheit II, München 1980, hier zitiert aus: http://www.guentheranders.at/biographie.html


Literatur:

Ludger Lütkehaus (Hg.):
Günther Anders
Übertreibungen in Richtung Wahrheit
Stenogramme, Glossen, Aphorismen
C.H. Beck-Verlag, München 2002
ISBN 3-406-47612-0

Heinz Ludwig Arnold (Hg.):
Günther Anders
TEXT + KRITIK
Zeitschrift für Literatur,Heft 115
ISBN 3-88377-415-4


Links (deutsch):

http://de.wikipedia.org/wiki/Günther_Anders

http://www.forvm.at/texte/ga_bibliographie.html

http://www.forvm.at/texte/ga_gedichte.html

http://www.guenther-anders.net

http://www.literaturepochen.at/exil/multimedia/pdf/anderskatakombe.pdf

http://www.volker-kempf.de/anders1.html

http://www.inst.at/trans/7Nr/seeber7.htm

http://www.literaturepochen.at/exil/multimedia/pdf/anderserinnerung1.pdf

http://www.etk-muenchen.de/etk/etk_framemaker.php?content_id=4264&top_nav=literatur

https://ssl.humanities-online.de/download/hki_2003_2.html

http://cartoon.iguw.tuwien.ac.at/christian/infogestechn/marcuseanders.html

http://homepage.univie.ac.at/Frank.Hartmann/Vorlesung/ss05.htm

http://www.literaturhaus.at/buch/buch/rez/anders

http://science.orf.at/science/news/55111

http://www.perlentaucher.de/autoren/7803.html

http://freidok.ub.uni-freiburg.de/freidok/volltexte/2004/1382/pdf/Technik_als_Subjekt.pdf

http://www.zeit.de/2002/05/200205_st-heidegger.xml

http://www.lyrikwelt.de/rezensionen/ueberheidegger-r.htm

http://www.history.ucsb.edu/faculty/marcuse/projects/anders/nzz026.htm

http://www.ippnw.de/20jahre/erklaerungen/anders.htm


International:

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