Vicky Baum
Schriftstellerin
Geb. 24.1.1888 in Wien/ Österreich-Ungarn
Gest. 3.1.1960 in Los Angeles/ US
Trotz schwerer Krankheit avanciert Vicky Baum zu einer weltbekannten Bestseller-Autorin. Ihr bekanntester Roman Menschen im Hotel wird in Hollywood u.a mit Greta Garbo verfilmt. 1932 wandert sie in die USA aus. Beeindruckend ist, wie Vicky Baum lange vor der 68er-Bewegung ihre Vision eines Lebens als emanzipierte Frau gelebt hat.
freudlose Kindheit im Wien des ausgehenden 19. Jahrhundert
Vicky Baum, geboren 1888, verlebte als Tochter des notorisch geizigen, die Familie mit eingebildeten Krankheiten tyrannisierenden Beamten Hermann Baum eine denkbar freudlose Kindheit im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Bei der Mutter Mathilde, geb. Donat, machten sich bereits in jungen Jahren Anzeichen geistiger Verwirrung bemerkbar, die zu längerem Aufenthalt in einer Anstalt führten. Vicki Baum war acht Jahre alt, als die Mutter nach Hause zurückkehrte – eine fremde, depressive Frau, die mit der Mutter ihrer Erinnerung nichts mehr gemein hatte. Diesen Tag erlebte sie, wie sie in ihren Erinnerungen Es war alles ganz anders (1962) schreibt, als das Ende ihrer Kindheit.
Ausbildung am Wiener Konservatorium
Auf Wunsch der Mutter – gegen den Widerstand der restlichen Familie – verließ Vicky Baum mit 13 Jahren die Schule und er-hielt eine Ausbildung als Harfenistin am Konservatorium in Wien. Im Anschluss wurde sie in das renommierte Symphonie-orchester des Wiener Konzertvereins aufgenommen.
Ehe mit Max Prels
Wenig später heiratete sie den Dichter Max Prels. Die Ehe hielt nur zwei Jahre, doch in dieser Zeit lernte Vicki Baum das Handwerk des Schreibens. Max Prels war journalistisch für verschiedene Zeitschriften tätig, schrieb Kurzgeschichten, Feuilletons, Buchbesprechungen und Theaterkritiken. Wenn er sich außerstande fühlte, seinen Verpflichtungen termingerecht nachzukommen – das geschah recht häufig – schrieb Vicki Baum für ihn. Schließlich verfaßte sie eine von ihm herausgegebene Kulturzeitschrift unter Dutzenden von Pseudonymen allein.
Aufenthalte in Kiel, Hannover und Mannheim
Durch die Vermittlung des Dirigenten Richart Lert wurde Vicki Baum 1912 vom Großherzog Ludwig als Harfenistin an das Darmstädter Theater geholt. Sie heiratete Richart Lert 1916 und ging mit ihm nach Kiel. Es folgten längere Aufenthalte in Hannover und Mannheim. Etappen ihres unruhigen Lebens hat sie romanhaft verfremdet in ihren halbautobiographischen Roman Marion einfließen lassen.
produktive Jahre in Berlin
Es folgten besonders produktive Jahre in Berlin. Der Berliner Ull-stein-Verlag veröffentlichte Vicky Baums Romanmanuskript Eingang zur Bühne über ihre Erfahrungen als Musikstudentin. Bis zu ihrer Emigration in die USA schreibt sie weiter für Ullstein – ab 1926 auch als Redakteurin. Ihre Romane erlebten hohe Auflagen – zu ihren Lebzeiten gehörte Vicky Baum zu den meistgelesenen Autorinnen.
Bestsellerautorin für Ullstein
Einen Sturm der Entrüstung rief der Roman stud.chem. Helene Willfüer hervor, der die damals vieldiskutierte Frage nach dem Recht auf Abtreibung behandelt und die Ächtung lediger Mütter anprangert. Das Werk wurde von Ullstein einige Jahre unter Verschluss gehalten. Als es 1929 schließlich erschien, wurde es ein Bestseller.
In anderen Romanen, u.a. Hotel Shanghai (1939), Die große Pause (1941), Cahucho, Strom der Tränen (1943) thematisiert Vicky Baum Krieg, Exil und Naziterror. Meist rankt sich das Geschehen um unabhängige, künstlerisch und wissenschaftlich tätige Frauen.
Sensationserfolg
Ein sensationeller Erfolg wurde ihr zunächst als Fortsetzungs-roman in der Berliner Illustrierten veröffentlichter Roman Menschen im Hotel. Ein Kolportageroman mit Hintergründen (1929). Unter dem Titel Grand Hotel erschien der Roman in englischer Übersetzung in den USA, feierte Triumphe als Bühnenfassung am Broadway und wurde schließlich mit Greta Garbo in der Hauptrolle verfilmt. Aus diesem Anlaß reiste Baum 10. April 1931 auf der Statendam von Rotterdam nach New York und traf auf dieser Reise ihre Entscheidung zur Auswanderung. Im darauffolgenden Jahr emigrierte sie mit ihrem Mann und den beiden Söhnen in die USA und erhielt 1938 schließlich die amerikanische Staatsbürgerschaft.
Emigration in die USA 1932
In Deutschland wurden ihre Bücher nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verboten. Ihr Vater, der in Novi Sad, in Jugoslawien, seinen Lebensabend verbrachte, wurde bei einem Massaker 1943 von ungarischen Nationalsozialisten erschlagen.
In den USA setzte Vicki Baum ihre Karriere als Bestsellerautorin fort. Zunächst schrieb sie in deutscher, später nur noch in englischer Sprache. Neben Romanen und Erzählungen verfasste sie Bühnenstücke und Filmdrehbücher.
weiterführende Literatur:
Robert E. Bell: Vicki Baum.
In: John M. Spalek / Joseph Strelka (Hg.): Deutsche Exilliteratur seit 1933, Bd. I, Teil 1, 1976, S. 22ff. und Bd. I, Teil 2, 1976, S. 2ff.
(Ausführliches Verzeichnis der Primärliteratur: Bücher, Zeit-schriftenbeiträge, Interviews, Filme; der Sekundärliteratur: Zu Lebzeiten Vicki Baums verfaßte Artikel, Todesanzeigen, Rezen-sionen und kritische Literatur zu einzelnen Werken; Quellen-kunde)
Johann Holzner: Zur Ästhetik der Unterhaltungsliteratur im Exil am Beispiel Vicki Baum.
In: A. Stephanl / H. Wagener (Hg.): Schreiben im Exil. Zur Ästhetik der deutschen Exilliteratur 1933-1945, 1985, S. 236-249
Barbara Lube: Nirgends mehr zu Hause. Vicki Baums unge-stilltes Heimweh.
In: Thomas Koebner / Erwin Rotermund (Hg.):Rückkehr aus dem Exil, Marburg 1990
Links (deutsch):
http://www.literaturepochen.at/exil/media_buch_2.html
International:
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