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Arnheim, Rudolf

H.A.M. 0

Rudolf Arnheim
Journalist, Kunstpsychologe und Medientheoretiker


Geb. 15.7.1904 in Berlin
Gest. 9.6.2007 in Ann Arbor (Mich.)/ USA


Rudolf Arnheim ist mehr als nur ein Zeitzeuge des vergangenen Jahrhunderts: er zählt zu den herausragenden Kunst- und Medientheoretikern der Gegenwart, der bereits in den 20er Jahren Photographie und Film als Kunstform begeift und analysiert.


Der einzige Sohn des Kaufmanns Georg Arnheim und dessen Ehefrau Betty geb. Gutherz, ist das älteste von vier Kindern und kommt bereits über frühe Museumsbesuche mit seinem Schwager, dem Künstler und Kunsthistoriker Kurt Badt, mit Kunst in Berührung. Badt spielt sehr gut Klavier, die beiden musizieren des öfteren zusammen, und in der Zeit seines Exils mit Rudolf Arnheims ältester Schwester in London übertragen Bardt und Arnheim gemeinsam Dantes Purgatorium ins Deutsche.


Rudolf Arnheim absolviert seine Schulausbildung am Herder-Reform-Realgymnasium in Berlin-Charlottenburg und wendet sich, nach einer ersten Zeit im väterlichen Geschäft, dem von ihm eigentlich angestrebten Studium der Psychologie (damals noch zur „Philosophie“ gehörend) sowie der Kunst- und Musikgeschichte an der Berliner Universität zu. Einen Großteil seiner Zeit als Student verbringt er im nach der Revolution leerstehenden kaiserlichen Schloss, wo das Psychologische Institut auf zwei Stockwerken residiert. Hier werden die für die Gestaltpsychologie grundlegenden Experimentalarbeiten durchgeführt. Wolfgang Köhler ist damals der Institutsdirektor, und zu den bedeutendsten Dozenten zählen Max Wertheimer und Kurt Lewin, der Musikethnologe Erich Maria von Hornbostel sowie der Kunstpsychologe Johannes von Allesch. Es wird fast ausschließlich experimentell gearbeitet, und in seiner 1928 veröffentlichten Dissertation untersucht Arnheim die Ausdruckswahrnehmung an Handschriften und Gesichtern.


Bereits in dieser Zeit arbeitet Arnheim für Zeitungen und Zeitschriften, übernimmt die Filmkritik für Hans Reimanns Zeitschrift „Das Stachelschwein“ und schreibt erste Beiträge für Siegfried Jacobsohns Weltbühne, für deren Redaktion er nach Jacobsohns Tod, nunmehr unter der Leitung Carl von Ossietzkys, ab 1928 als Kulturredakteur tätig ist.


„Daß heute noch irgend jemand den Einfluß der Wirtschaft in der Welt unterschätzt, ist unwahrscheinlich. Auch diejenigen Kreise, die, weil sie Geld hatten, der Meinung waren, das Wirtschaftliche verstehe sich von selbst, haben in der Zeit von der Inflation bis zu den in- und ausländischen Bankzusammenbrüchen der letzten Monate am eignen Leibe erfahren, daß Not mehr ist als ein fesselndes Zeitungsthema. Und darüber hinaus haben Proletarier und Intellektuelle begriffen, daß solche Not nicht mit dem Pariatum des vierten Standes oder mit geistiger Beschäftigung durch göttliche oder naturgesetzliche Fügung für ewig verknüpft sei, sondern daß eine groteske, unnatürliche Verteilung der Güter durch eine zu diesem Zweck erschaffene Staatsordnung aufrecht erhalten werde… nichts ist natürlicher, als daß Menschen, die, auch wenn sie nicht Kaufleute, Nationalökonomen oder Bankiers sind, doch als Glieder eines Wirtschaftsorganismus dauernd unter seinen heftigsten Einwirkungen zu leiden haben, daß solche Menschen über Wirtschaftliches sprechen und sich darüber zu unterrichten suchen – es ist ja fast Notwehr, was sie dazu zwingt; aber nichts ist unnatürlicher, als daß sich unter dem Einfluß dieser Macht bei den Geistigen eine Umgruppierung der Werte vollzieht, Heroisierung der Börse, Verrat an der eignen Aufgabe.“

(Rudolf Arnheim „Der ökonomische Tee“ in: Die Weltbühne vom
22. September 1931)


Zu Arnheims Mitarbeitern gehören u.a. Alfred Polgar, Erich Kästner und Kurt Tucholsky. Daneben arbeitet er für den Rundfunk, die Vossische Zeitung und das Berliner Tageblatt, besucht den Regisseur Joseph von Sternberg im Atelier bei den Dreharbeiten mit Marlene Dietrich und Emil Jannings zu „Der blaue Engel“ und interviewt den sowjetischen Regisseur Sergej Eisenstein, der auf dem Rückweg von Mexiko in Berlin Station macht . Eine enge Freundschaft verbindet ihn mit dem späteren Gründer der Focal-Press in London, Andor Kraszna-Kraus, dem damaligen Herausgeber der Zeitschriften und Bücher für den Wilhelm-Knapp-Verlag.

Sein um die Jahreswende 1931/32 erscheinendes Buch „Film als Kunst“ wird in der Folgezeit zum Klassiker für Kino-Kenner.


1933, im Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten, stellt „Die Weltbühne“ ihr Erscheinen ein, Carl von Ossietzky wird verhaftet und Rudolf Arnheim erhält als Jude und Linker Berufsverbot.

Der im Deutschen Reich nunmehr Unerwünschte geht nach Rom, wo er für das dort ansässige Internationale Lehrfilminstitut arbeitet. Mit dem Austritt Italiens aus dem Völkerbund 1938 verliert jedoch das Institut sämtliche Geldquellen und auch Rudolf Arnheim muß seine Arbeit für die von ihm mit vorbereitete Enzyklopädie des Films einstellen.

Im selben Jahr untersagen die italienischen Faschisten unter Mussolini allen ausländischen Juden den Aufenthalt im Lande. Rudolf Arnheim verläßt Italien und kann – mit Hilfe einer Bürgschaft des englischen Schriftstellers Herbert Read – nach Großbritannien emigrieren, wo er zeitweilig als Übersetzer für den deutschen Nachrichtendienst der BBC tätig ist.


Anfang Oktober 1940 erhält Rudolf Arnheim ein Einwanderungsvisum für die Vereinigten Staaten. In New York begegnet er seinen ehemaligen Berliner Lehrern Wolfgang Köhler und Max Wertheimer; Professor an der University in Exile an der New York School for Social Research, wo auch Arnheim zu unterrichten beginnt und nach Wertheimers Tod im Jahre 1943 dessen dortigen Vorlesungen über Kunstpsychologie übernimmt.

Über ein Stipendium der Rockefeller Foundation erhält Arnheim
einen Forschungsauftrag am Office of Radio Research der Columbia University. Hier macht er u.a. die Bekanntschaft mit dem ebenfalls vor den Nazis emigrierten Komponisten und Rockefeller-Stipendiaten Hanns Eisler. Ein Jahr später widmet sich Rudolf Arnheim – diesmal gefördert von der Guggenheim-Foundation – Untersuchungen der Anwendung der Gestalt-psychologie auf die Kunst und schafft mit dieser eine Grundlage für sein 1954 erscheinenden Buches über Kunst und Sehen.


1943 erhält er eine Anstellung am Sarah Lawrence College in der Nähe von New York City, wo er bis 1966 Theoretische Psychologie und Kunstpsychologie lehrt.

Er schreibt sein Buch über Anschauliches Denken, und ist von 1968 bis zum Erreichen der Altersgrenze Professor für Kunstpsychologie an der Harvard-Universität in Cambridge. Danach zieht Rudolf Arnheim mit seiner zweiten Frau Mary (die er 1953 geheiratet hat) nach Michigan, wo er an der Universität in Ann Arbor weiterhin und bis ins hohe Alter Vorlesungen anbietet.


Literatur:

Rudolf Arnheim:
„Die Seele in der Silberschicht“
Medientheoretische Schriften
Hg. Helmut H. Diederichs.
Originalausgabe
Suhrkamp TB Wissenschaft
Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 2004
ISBN 3-518-29254-4

ders.:
„Film als Kunst“
Mit einem Nachwort von Karl Prümm
und zeitgenössischen Rezensionen.
Suhrkamp TB Wissenschaft
Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 2002
ISBN 3-518-29153-X

ders.:
„Rundfunk als Hörkunst“
Mit einem Nachwort von Helmut H. Diederichs
und zeitgenössischen Rezensionen.
2001 Suhrkamp TB Wissenschaft
Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 2001
ISBN 3-518-29154-8

ders.:
„Kunst und Sehen“
Eine Psychologie des schöpferischen Auges
Mit einem Vorwort v. Diers, Michael
Übers. v. Hermann, Hans
Walter de Gruyter-Verlag, Berlin 2000
ISBN 3-11-016892-8


Links (deutsch):

http://www.sozpaed.fh-dortmund.de/diederichs/arnheim.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Arnheim

http://www.dla-marbach.de/kallias/hyperkuss/a-22.html#Arnheim, Rudolf

http://www.endederwelt.de/arnheim

http://www.thealit.de/lab/LIFE/LIFEfiles/r_05_1-2.htm

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=6205&ausgabe=200307

http://www.uni-mainz.de/~hilst005/ArnheimTee.htm

http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/Medienzentrum/zmm-news/Sose0102/0102Art1.htm


International:

http://pages.slc.edu/~psychology/biographies/arnheim

http://astro.temple.edu/~iversteg/Gestalt.html

http://acnet.pratt.edu/~arch543p/readings/Arnheim.html

http://www.memoriediadriano.it/sguardi/arnheim.htm

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