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Bensemann, Walther

H.A.M. 0

Walther Bensemann
Sportjournalist und Fußballer


Geb. 13. 1. 1873 in Berlin
Gest. 14.11. 1934 in Montreux/ Schweiz


„Der Sport ist eine Religion,
ist vielleicht das einzige wahre
Verbindungsmittel der Völker und Klassen“

(Walther Bensemann)


Der Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie mit anglophilen Neigungen kommt bereits während seines Aufenthalts in einer Privatschule in Montreux mit dem damals noch neuen Sport Fußball in Kontakt und gründet 1887 – mit gerade einmal 14 Jahren – zusammen mit englischen Mitschülern seinen ersten Fußballverein. Zwei Jahre später und kurz vor dem Abitur wechselt Walther Bensemann an ein humanistisches Gymnasium in Karlsruhe und gründet im selben Jahr noch mit Gleichgesinnten den Karlsruher Internationalen Fußballclub, den ersten Fußballverein in Süddeutschland.


Der Kosmopolit Walther Bensemann, für den sich auch und vor allem im Fußball die Gedanken von Fair Play und Toleranz realisieren, organisiert zeitlebens immer wieder Spiele zwischen Vereins- und Auswahlmannschaften aus verschiedenen Ländern. Zum erstenmal 1893 mit einer Begegnung zwischen Auswahlmannschaften aus Lausanne und Süddeutschland. Zum sportlichen Höhepunkt seines Engagements gehören nicht zuletzt die fünf sogenannten Ur-Länderspiele: Fußball-Länderspiele, die in der Zeit vor dem ersten offiziellen Länderspiel am 5. April 1908 bestritten werden und bei der deutsche Auswahlmannschaften gegen englische Vereine antreten. Die ersten Spiele finden übrigens bereits 1899, vor Gründung des DFB, in Berlin und Karlsruhe statt und gehen – wie auch die weiteren Spiele – für die deutschen Mannschaften verloren.


Bensemann ist an der Gründung des Karlsruher FV beteiligt (der Deutsche Meister von 1910 wird übrigens nach über 90 Jahren 2004 wegen nicht erfüllter finanzieller Auflagen endültig von der Fußball-Landkarte Deutschlands verschwinden). Er gehört zu den Gründervätern der Frankfurter Kickers, dem Vorläufer von Eintracht Frankfurt und eines Vorgängervereins des FC Bayern München und ist im Jahr 1900 Mitgründer des Deutschen Fußball-Bundes.

Für den „Sportdiplomaten“ Walter Bensemann ist und bleibt Fußball zeitlebens ein Instrument der Völkerverständigung. Beim deutschnational geprägten DFB stoßen seine Aktivitäten – besonders in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, wo er sich daraum bemüht, den deutschen Fußball aus seiner internationalen Isolierung herauszuführen – allerdings immer wieder auf heftige Widerstände.


Da Sport wird in den damaligen Tageszeitungen kaum thematisiert wird, gründet der studierte Philologe am 14. Juli 1920 in Konstanz den kicker und macht das Blatt mit seinen anspruchsvollen Sportfeuilletons zur wichtigsten Fußballzeitung des Kontinents. Für knapp 13 Jahre ist Bensemann Herausgeber, Chefredakteur, Berichterstatter, Glossenschreiber und Geldbeschaffer in einer Person und wird mit dem bis heute bestehenden kicker zum Wegbereiter der Fußballberichterstattung im Sportjournalismus. Leidenschaftlich kämpft der Sportjournalist Walther Bensemann für die pazifistische Idee des Sports und stiftet einen Friedenspokal.


„Ihren letzten großen Auftritt im deutschen Fußball hatten jüdische Trainer, Funktionäre, Mäzene und Journalisten am 12. Juni 1932 in Nürnberg beim Meisterschaftsfinale zwischen Bayern München und Eintracht Frankfurt. Es war das letzte Endspiel vor der Machtergreifung der Nazis. Der Präsident des FC Bayern hieß Kurt Landauer und war Jude, wie auch Trainer Richard Dombi und Jugendleiter Otto Beer, dessen exzellente Nachwuchsarbeit die Münchner Finalteilnahme erst möglich gemacht hatte. Beim Gegner aus Frankfurt wurden die Spieler »Schlappekicker« gerufen, weil die größte Schuhfabrik Europas, J. & C. A. Schneider, Mäzen des Klubs war. »Schlappe« nannte man in Hessen die Hausschuhe, die das Unternehmen herstellte, und die besten Spieler der Eintracht arbeiteten in dem jüdischen Unternehmen.

Auf der Pressetribüne saßen die Frankfurter Journalistenlegende Max Behrens und Walther Bensemann, Gründer und Chefredakteur des »kicker«, beide Juden. Ebenfalls im Stadion war David Rothschild, ehemals Präsident des FSV Frankfurt, auch er Jude wie sein Nachfolger Alfred J. Meyers, der das Stadion am Bornheimer Hang gebaut hatte.“


hier zitiert aus: Christoph Biermann: Mehr als nur Fußnoten, Süddeutsche Zeitung, 17. April 2003: http://www.loewen-fans-gegen-rechts.com/d1000/sz030417.htm


1933 entheben die Nationalsozialisten den Juden Walther Bensemann seines Postens als Chefredakteur beim kicker. Er flieht in die Schweiz, wohin bereits sein Freund, der spätere FIFA-Generalsekretär Ivo Schricker, emigriert ist. Knapp ein Jahr darauf stirbt der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte, mittellos und unbeachtet in seinem Schweizer Exil.


Literatur:

Bernd-M. Beyer: Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte
Das Leben des Walther Bensemann. Ein biografischer Roman. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2003. ISBN 3-89533-408-1

Dietrich Schulze-Marmeling (Hrsg.): Davidstern und Lederball. Die Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2003. ISBN 3-89533-407-3

Nils Havemann: Fußball unterm Hakenkreuz.
Der DFB zwischen Sport, Politik und Kommerz
Campus-Verlag, Frankfurt/M. 2005. ISBN 3-593-37906-6


Links (deutsch):

http://www.indirekter-freistoss.de/home/nachschuss-davidstern.html

http://www.hausarbeiten.de/faecher/hausarbeit/spm/24306.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Bensemann

http://www.hansdieterbaroth.de/html/als_der_fussball_laufen_lernte.html

http://www.zeit.de/2003/24/Am_Ball

http://www.km.bayern.de/blz/report/05_03/3.html

http://www.freitag.de/2003/33/03331501.php

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/lesezeit/48985

http://www.akweb.de/ak_s/ak435/02.htm

http://www.s-port.de/david/view.html

http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,375871,00.html

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