Ernst Bloch
Philosoph
Geb. 8.7.1885 in Ludwigshafen
Gest. 4.8.1977 in Tübingen
„Zuviel ist voll vom Etwas, das fehlt.
Etwas treibt in uns, will weiter,
hält es nicht bei sich aus, will aus sich heraus.“
(Ernst Bloch)
Er war eine der Leitfiguren der Studentenbewegung von 1968. Nicht nur, aber auch, weil er den Vietnamkrieg der USA scharf verurteilte. Und das, obwohl er kein Amerika-Hasser war, denn die Vereinigten Staaten hatten ihm Schutz und Asyl gewährt während der Hitler-Diktatur. Den Nazis hatte er die „rote Karte“ bereits gezeigt, bevor sie 1933 an die Macht kamen. Öffentlich griff er die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ebenso an wie später die Staats- und Parteiführung der DDR und 1956 die Niederschlagung des Ungarnaufstands durch die UDSSR. Da war er längst ein weltbekannter Philosoph. Die Quittung sollte er später bekommen. Doch dass ein Mann des Geistes auch ein mutiger Mensch sein kann, hatte er schon früh bewiesen: Als überzeugter Pazifist ging er bereits im Ersten Weltkrieg, nämlich 1917, erstmals ins Exil.
Die Eltern, Berta und Max Bloch, waren Juden, der Vater Eisenbahnbeamter, also „in guten Verhältnissen“. So konnten sie dem begabten Sohn ein Studium der Philosophie, Physik, Germanistik und Musik in München und Würzburg ermöglichen, wo er 1908 in Philosophie promovierte. Zunächst arbeitete er als Privatlehrer und Publizist in Berlin und Heidelberg, wo er dem Kreis um den Soziologen Max Weber angehörte, einem Nationalliberalen. Alles sah nach einer „normalen“ Wissenschaftskarriere aus, als er 1913 Else von Stritzky heiratete und in die Münchner Gegend übersiedelte. Diese vorgezeichnete Bürgerlichkeit wurde jäh von außen gestört: 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, mit Hurrapatriotismus sogar von manchen Linken begrüßt. Bereits ein Jahr später veröffentlichte Ernst Bloch geharnischte Proteste gegen diese Politik des Kaiserreichs. Es folgte von 1917 bis 1919 sein erstes Exil in der benachbarten Schweiz.
„Geist der Utopie“ heißt das erste philosophische Hauptwerk von Ernst Bloch, veröffentlicht 1918. Nach seiner Rückkehr tritt er der Kommunistischen Partei Deutschlands bei, lebt von Honoraren wie für die Publikation „Thomas Münzer als Theologe der Revolution“, reist von seinem Wohnsitz Berlin nach Frankreich, Italien und Nordafrika. 1921 stirbt seine junge Ehefrau. 1933 wird Bloch von den Nazis ausgebürgert. Erneut geht er ins Exil. Wieder in die Schweiz.
1934 heiratet Ernst Bloch die Architektin Karola Piotrkowska (1905-1994), mit der er einen Sohn hat. In Paris nimmt er 1935 am „Kongress der Antifaschisten“ teil und gehört dem Kreis des Dramatikers Hugo Ball (1886-1927) an, einem Mitbegründer der Kunstrichtung des Dadaismus.
Wie so viele Gegner und Opfer des Nationalsozialismus lebt auch Bloch eine zeitlang in der Tschechoslowakei, denn dieses kleine Land bot zahlreichen Exilanten Zuflucht. Bloch publiziert von 1936 bis 1938 in der Prager Exilzeitschrift „Die Neue Weltbühne“, entschließt sich aber dann nach dem „Münchner Abkommen“, dessen Opfer die Tschechoslowakei wurde, 1938 Europa zu verlassen und nach New York zu emigrieren.
„Das Prinzip Hoffnung“ ist nicht nur sein populärstes (dreibändiges) Hauptwerk, an dem er in den USA schreibt. Sondern der optimistische Titel soll Mut machen, formuliert doch hier der Verfasser seine Hoffnung auf eine Welt, in der die Entfremdung des Menschen von Gesellschaft und Natur überwunden sein wird.
Die Schwierigkeiten für Schriftsteller, Journalisten, Schauspieler, die im Exil im fremdsprachigen Land leben, kann nur der wirklich ermessen, der es selbst erlebt hat. Einige von ihnen wie etwa Hans Sahl haben es eindrucksvoll in ihren Büchern beschrieben. Wo aber sollten im Ausland deutsche Bücher verlegt werden? Um diesem Umstand abzuhelfen, gründete Bloch mit so prominenten Autoren wie Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, John Heartfield und Heinrich Mann 1944 in New York den „Aurora Verlag“.
Den Irrtum seines Lebens teilte Ernst Bloch mit so manchem Remigranten und Überlebenden des Holocaust, die alle die DDR für das bessere, das antifaschistische Deutschland hielten. Deshalb auch nahm er 1948 die Berufung auf einen Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Leipzig an; einen Ruf an die Universität Frankfurt/Main in Westdeutschland lehnte er ab. Er wird von 1953 bis 1956 Herausgeber der „Deutschen Zeitschrift für Philosophie“, veröffentlicht „Subjekt-Objekt“ (1951), äußert sich jedoch zugleich kritisch über die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, die SED. Diese Kritik des inzwischen mit dem Nationalpreis der DDR geehrten Wissenschaftlers wird immer heftiger. Er stört sich an der doktrinären Erstarrung des Marxismus und wird wegen seiner Polemiken gegen die Niederschlagung des Volksaufstands in Ungarn zwangsemeritiert.
Der Bau der Mauer in Ostberlin überrascht das Ehepaar Bloch 1961 während einer Vortragsreise in der Bundesrepublik. Die Entscheidung, nicht in die DDR zurückzukehren, ist zwangs- und folgerichtig. Ernst Bloch nimmt die Professur für Philosophie in Tübingen an, 1961, und wird ein Jahr später aus der Ostberliner Akademie der Wissenschaften ausgeschlossen.
In der Bundesrepublik mischt sich Ernst Bloch engagiert und mahnend in die Tagespolitik ein, protestiert gegen den Krieg der amerikanischen Weltmacht im kleinen Vietnam. Gemeinsam mit Theodor W. Adorno (1903-1968) und Max Horkheimer (1895-1973) wird er zu einer „Ikone“ der Studentenbewegung von 1968. Trotzdem oder gerade deshalb folgt jetzt Ehrung auf Ehrung wie der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1967), die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Ludwigshafen (1970), Doktorhüte im In- und Ausland, aber auch Publikationen wie „Atheismus im Christentum“ oder „Vom Hasard zur Katastrophe“, die nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben.
Diese „deutsch-deutsche Karriere“ wirkt noch immer fort: Heute gibt es einen Ernst Bloch-Preis, eine Ernst-Bloch-Professur und eine Ernst-Bloch-Gesellschaft. Sogar die gewendete DDR rehabilitierte ihn noch, bevor sie sich mit Westdeutschland vereinte: 1989.
Autor:
Hajo Jahn
Links (deutsch):
http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Bloch
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/BlochErnst
http://www.bloch-online-forum.telebus.de
http://www.bautz.de/bbkl/b/Bloch.shtml
http://www.uni-tuebingen.de/uni/sef/bloch.htm
http://www.kuenstlerkolonie-berlin.de/bewohner/bloch.htm
http://www.titel-forum.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=3558
http://www.thur.de/philo/bloch.htm
http://www.zvab.com/angebote/ernst-bloch.html
http://www.perlentaucher.de/autoren/4824.html
International:
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