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Bejarano, Esther

H.A.M. 0

Esther Bejarano
Musikerin


Geb. 15.12. 1924 in Saarlouis


„Mein Lebensretter war die Musik…“

(Esther Bejarano)


Die junge Esther Loewy, viertes Kind einer jüdischen Familie, kommt 1936 nach Ulm, wo ihr Vater Oberkantor und Vorsitzender des jüdischen Kulturbundes wird. Ein Jahr später reisen ihre beiden ältesten Geschwister aus. Die Schwester wird später von den Nazis auf der Flucht vor der Deportation in Holland erschossen. Esther Bejarano besucht das Landschulheim Herrlingen bis zu dessen Schließung und erlebt, wie die Menschen hinter Vorhängen stehen, als auch in Ulm in der Reichspogromnacht Juden am Weinhof zusammengeschlagen werden.


Die 18jährige wird im Jahr 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie dank ihrer musikalischen Fähigkeiten als Akkordeonspielerin im legendären Mädchenorchester das KZ überlebt. Die junge Frau mit der Häftlings-Nummer 41948 erlebt tagtäglich die Schrecken des Todeslagers. “Ich weiß noch, dass ich gedacht habe, nachdem ich die Nummer eintätowiert bekam: ’41947 Menschen waren also schon vor mir hier…’“ erinnert sie sich später. Von Auschwitz wird sie ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt, wo sie Zwangsarbeit für den Siemens-Konzern verrichten muss. Nach 18 Monaten wird sie im April 1945 auf den Todesmarsch geschickt, kann jedoch nach fünf Tagen fliehen und wird später von alliierten Soldaten gefunden. Wenige Monate nach der Befreiung geht Esther Bejarano im Spätsommer 1945 ins damalige Palästina, reist als Mitglied im jüdischen Ron-Chor um die halbe Welt und wirkt bei mehr als 360 Konzerten mit. Da dieser Chor jedoch als kommunistisch gilt, verweigert man ihr die Aufnahme in die israelische Künstleragentur.


1950 heiratet Esther Bejarano ihren Freund Nissim. Der Ehe entstammen die beiden Kinder Kinder Edna und Joram. Nissim Bejarano, der sich 1942 als 16jähriger freiwillig als Soldat für den Kampf gegen den Faschismus gemeldet hatte, wird 1956 im Sinai-Krieg an die Front geschickt. Die Erfahrung dieses Krieges – für Nissim Bejarano ein Krieg gegen die arabische Bevölkerung – ist für ihn Anlaß, Israel aus politischen Gründen zu verlassen. Hinzu kommt, dass Esther Bejarano das Klima in Israel gesundheitlich nicht bekommt.


Esther Bejarano kehrt nach West-Deutschland zurück – in die Heimat der Mörder ihrer Familie. Ein Entschluß, der ihr nicht leicht fällt. Dennoch siedelt die Familie 1960 nach Hamburg über, wo Esther Bejarano zuerst in einer Wäscherei arbeitet, um für die Familie den Lebensunterhalt zu verdienen. Bejaranos Ehemann eröffnet in der Nähe von Hamburg eine Discothek. Das Blackbird wird in der Folgezeit allerdings immer wieder Angrifssziel von Alt- und Neonazis. Zusammen mit ihren beiden Kindern gründet Esther Bejarano Anfang der 80er Jahre die Gruppe Coincidence mit einem Repertoire, das Lieder aus dem Ghetto, jüdische und antifaschistische Lieder umfasst. Die ausgebildete Koloratursopranistin singt dabei unter anderem auch Lieder von Emigranten wie Brecht, Eisler und Tucholsky.


Esther Bejarano tritt 1978 der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) bei und engagiert sich seit vielen Jahrzehnten als Künstlerin und Zeitzeugin, engagiert sich noch im hohen gegen Rassismus und Neonazismus und demonstriert mit Zivilcourage gegen Rechtsradikale und ihre martialischen Aufmärsche. 1986 gehört die Auschwitz-Überlebende Bejarano zu den MitbegründerInnen des bundesdeutschen Auschwitz-Komitees. Im Dezember 2004 wird Esther Bejarano – mittlerweile die letzte Überlebende des Mädchen-Orchesters – in Berlin die Carl-von-Ossietzky-Medaille von der Internationalen Liga für Menschenrechte verliehen.


Literatur:

Esther Bejarano/Birgit Gärtner: Wir leben trotzdem“, Esther Bejarano – vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Künstlerin für den Frieden, Pahl-Rugenstein Verlag, ISBN 3-89144-353-6


Links (deutsch):

http://www.vvn-bda-saar.de/geschichte/portraits/portrait-01.html

http://www.radiobremen.de/nordwestradio/hoerspiel/wooden_shoes/bejarano.html

volume_up.gifhttp://www.radiobremen.de/nordwestradio/hoerspiel/wooden_shoes/bejarano_ossietzkymedaille.html

http://demand.radiobremen.de/bb/redirect.lsc?stream=radiobremen/nordwestradio/hoerspiel/woodenshoes_bejarano_behl.rm&content=content&media=rm

volume_up.gifhttp://stream.radiobremen.de/ramgen/media/rbton/nordwestradio/hoerspiel/bejarano_gespraech.rm

http://www.radiobremen.de/nordwestradio/hoerspiel/wooden_shoes

http://www.abendblatt.de/daten/2004/12/15/376492.html

http://dokmz.akdh.ch/blog/2004/12/esther-bejarano-musik-rettete-ihr-das.html

http://www.kominform.at/article.php?story=200407041745102

http://www.friedenskooperative.de/themen/akt01-54.htm

http://www.kulturausbesserungswerk.de/archiv/coincidence.html

http://www.jungewelt.de/2004/05-08/027.php

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