Ferdinand Bruckner (eigtl. Theodor Tagger)
Schriftsteller, Dramatiker, Übersetzer, Journalist und Theaterintendant
Geb. 26.8. 1891 in Sofia/ Fürstentum Bulgarien
Gest. 5.12. 1958 in West-Berlin
Auf den Spielplänen deutschsprachiger Bühnen war Ferdinand Bruckner (eigentlich Theodor Tagger, 1891-1958) in den letzten Jahren nur vereinzelt präsent. In überschaubarer Anzahl wurden, an meist kleineren Theatern oder auf Studiobühnen, vor allem »Krankheit der Jugend« und »Die Rassen« inszeniert. Das sind jene Stücke, die Anfang und Ende einer Schaffensperiode markieren, in der Bruckner seine sensationellen Erfolge als Theaterautor in der Zeit der späten Weimarer Republik erzielte, aber auch den heftigsten Widerspruch erfuhr.
Der Sohn eines Wiener Bankkaufmanns und einer Französin verbringt Kindheit und Schulzeit in Wien, besucht nach der Scheidung der Eltern zeitweise ein Jesuiteninternat in Graz und lebt dann zuerst in Berlin beim Vater, später – während seines Musikstudiums von 1909 bis 1912 – abwechselnd bei seiner Mutter, die in Paris lebt, und in Berlin, wo er Klavier und Komposition, u.a. bei Franz Schreker studiert. An der Universität Wien immatrikuliert er sich für ein studium generale. Da Bruckner nach seiner Studienzeit (ohne Abschluß) nicht in das väterliche Geschäft eintreten will, wird ihm jegliche weitere finanzielle Unterstützung versagt.
Ab 1911 veröffentlicht er in expressionistischen Zeitschriften und arbeitet 1913/ 14 als Journalist und Verlagslektor in Breslau und Berlin. Nach einem Kuraufenthalt in der Schweiz (wegen eines Lungenleidens) verläßt er noch im selben Jahr (1915) die Israelitische Kultusgemeinde Wien. Es folgen 1917 mit der Novelle Die Vollendung eines Herzens und der Gedichtsammlung Der Herr in den Nebeln erste Buchveröffentlichungen, und – zusammen mit Manfred George – gibt Bruckner u.a. 1917/18 die Zweimonatsschrift Marsyas heraus.
1919 kehrt er wieder nach Wien zurück und übernimmt eine dramaturgische Tätigkeit an den Kammerspielen des Deutschen Volkstheaters. Im darauffolgenden Jahr heiratet Bruckner Bettina Neuer und erhält die österreichische Staatsbürgerschaft. Seine Komödie Harry wird am Stadttheater Halle uraufgeführt.
Ab 1921 lebt Ferdinand Bruckner mit seiner Familie in Berlin, wo er als Dramatiker und Dramaturg für das Neue Theater am Zoo tätig ist. 1922 eröffnet er (der mittlerweile Vater eines Sohnes geworden ist) zusammen mit seiner Frau das aus einem Kino umgebaute Renaissance-Theater in Berlin. Ab Mitte der Zwanziger Jahre benutzt er erstmals das Pseudonym Ferdinand Bruckner- entlehnt aus den Namen seiner bewunderten Landsleute Ferdinand Raimund und Anton Bruckner – für das Schauspiel Krankheit der Jugend, das 1926 uraufgeführt wird und seinen Durchbruch als Dramatiker zur Folge hat.
1933 kehrt Ferdinand Bruckner von der österreichischen Erstaufführung der Marquise von O im Wiener Theater in der Josefstadt nicht mehr nach Deutschland zurück und holt seine Familie nach. Noch im selben Jahr emigriert er mit Frau und Kindern über Zürich und Prag nach Paris. Am 30.11. 1933 wird im Schauspielhaus Zürich Bruckners antifaschistisches Drama Die Rassen uraufgeführt. 1934 zieht er die Rechte für seine Stücke aus Deutschland zurück. Im Anschluß an eine USA-Reise kommt es 1935 in London zu Verhandlungen mit dem Filmproduzenten Alexander Korda. Im März 1936 reist er in die Vereinigten Staaten und läßt sich zunächst als Drehbuchautor im kalifornischen Hollywood nieder, geht jedoch – nachdem sich diese Berufsperspektive nicht hat realisieren lassen – 1937 nach New York. Hier wird im darauffolgenden Jahr (allerdings ohne durchschlagenden Erfolg) seine Elisabeth von England auf die Bühne kommt.
Bruckner erhält einen Lehraufträge am Brooklyn College und am Queens College, wird Anfang Oktober 1938 zusammen mit Oskar Maria Graf Vorsitzender der German American Writers Association (GAWA) und nimmt im Mai 1939 am außerordentlichen PEN Kongreß in New York teil. 1940 unterrichtet er als Lehrer für Dramaturgie an Erwin Piscators Dramatic Workshop an der New School for Social Research in New York. 1941 ist er Gründungsmitglied des European PEN in America.
Sein Stück Die Verbrecher wird im Dezember 1941 an Piscators Studio Theater aufgeführt. Im Rahmen seiner Mitarbeit an der Tribüne für freie deutsche Literatur und Kunst in Amerika wird Anfang Februar 1942 sein Stück Die Rassen in einer Bearbeitung von Berthold Viertel in einer Leseaufführung vorgetragen. Im März 1942 kommt Lessings Nathan der Weise in der Übersetzung und Bearbeitung von Ferdinand Bruckner am Studio-Theater zum erstenmal überhaupt auf eine us–amerikanische Bühne.
Neben seiner Arbeit für das Theater schreibt Ferdinand Bruckner in diesen Jahren auch für diverse Zeitungen und Zeitschriften, darunter Austro American Tribune, Aufbau, Freies Deutschland und The German American, dem Organ der German American Writers Association. Ende 1944 ist er Gründungsmitglied des Aurora-Verlages, zusammen mit Wieland Herzfelde, Bertolt Brecht, Ernst Waldinger, Berthold Viertel und anderen Emigraten.
Ab 1946 gehört der mittlerweile eingebürgerte Ferdinand Bruckner dem künstlerischen Beirat der 1942 gegründeten Players from Abroad (mit Hans Jaray, Albert und Else Bassermann, Paul Henreid u. a.) an.
Während seines Exils in den Vereinigten Staaten entstehen elf Dramen, drei Filmentwürfe sowie der Entwurf zu einem Bühnenstück. Vier seiner eigenen Stücke übersetzt Bruckner ins Englische und Arthur Millers Tod eines Handlungsreisen (The Death of a Salesman) in Deutsche. Im März 1951 kehrt der Emigrant nach Europa zurück und übernimmt ab 1953 die dramaturgische Leitung am Schiller- sowie am Schloßpark-Theater in Berlin. Von einer für 1956 angekündigten Gesamtausgabe seiner Bühnenwerke erscheint beim Verlag Kiepenheuer & Witsch lediglich der erste Band.
1957 wird Ferdinand Bruckner mit dem Preis der Stadt Wien ausgezeichnet. Der Mitbegründer der Dramatischen Werkstatt in Salzburg erliegt im Alter von nur 67 Jahren einem Lungenleiden.
http://www.literaturepochen.at/exil/a5280.html
Literatur:
Siglinde Bolbecher/ Konstantin Kaiser:: Lexikon der österreichischen Exilliteratur, Wien 2000
Links (deutsch):
http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Bruckner
http://www.onb.ac.at/sichtungen/print/roloff-hg-1a-print.html
http://www.germanistik.fu-berlin.de/projekte/projekt_bruckner.html
http://www.literaturepochen.at/exil/multimedia/pdf/brucknerexil.pdf
http://www.renaissance-theater.de/rtberlin/ren_gdt9.htm
http://www.weidler-verlag.de/Reihen/Bruckner/bruckner.html
http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118515802
http://www.schoah.org/zeitzeugen/rassen.htm
http://www.antiquario.de/a_autoren/b/Bruckner_Ferdinand.html
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