Hrant Dink
Journalist und Herausgeber
Geb. 15.9. 1954 in Malatya/ Türkei
Gest. 19.1. 2007 in Istanbul/ Türkei
Der Armenier türkischer Staatsbürgerschaft ist – neben seiner journalistischen Tätigkeit – einer der Herausgeber der in Istanbul erscheinenden zweisprachigen Wochenzeitung Agos. Von nationalistischen Kräften in Gesellschaft und Justiz seit Jahren verfolgt, wird der widerständige Redakteur und Vater von drei Kindern im Alter von 52 Jahren auf offener Straße erschossen.
Erzogen in der Tradition der armenisch -apostolischen Kirche, übersiedelt der junge Dink nach der Trennung seiner Eltern vom Südosten der Türkei nach Istanbul, wo er in mehreren armenischen Waisenhäusern aufwächst.
In Istanbul, dem ehemaligen Konstantinopel, lebten gegen Ende des 19. Jahrhunderts an die 250 Tausend Armenier. Nicht zuletzt armenische Intellektuelle wie der 1935 im Pariser Exil gestorbene Mönch, Sänger und Poet Komitas sind es, die die kulturelle Infrastruktur und damit das Gesicht der Metropole am Bosporus wesentlich mitgeprägt haben.
Dem staatlich initiierten Völkermord an den christlichen Armeniern während des Ersten Weltkrieges fallen im damaligen Osmanischen Reich schätzungsweise an die anderthalb Millionen Menschen zum Opfer. Zeuge jener Ereignisse wird u.a. der deutsche Sanitätsoffizier und Dichter Armin T. Wegner, der den ersten staatlich initiierten Massenmord des 20. Jhdts. später ebenso in seinem schriftstellerischen Werk verarbeitet wie Franz Werfel mit seinem weltberühmt gewordenen Roman über Die vierzig Tage des Musa Dagh.
Hrant Dink studiert Zoologie und Philosophie und gerät aufgrund seines linksgerichteten politischen Engagements auch und vor allem nach dem Militärputsch von 1980 immer wieder mit den regierenden Machthabern aneinander: dreimal wird er verhaftet, für mehrere Monate inhaftiert und erhält über Jahre hinweg von den türkischen Behörden keinen Reisepaß.
Mitte der Mitte der 1980er Jahre beschlagnahmt der türkische Staat neben zahlreichen Besitztümern der armenischen Kirche – darunter Schulen und Krankenhäuser – auch jenes armenische Ferienheim, in dem Hrant Dink die Sommer seiner Kindheit verbracht hat (und das er nun mit seiner Frau Rakel leitet) unter dem Vorwand, die armenische Kirche habe das Grundstück illegal gekauft.
Dink gründet daraufhin mit Agos eine eigene Wochenzeitung, in der politisch heikle Themen offen auf armenisch und türkisch diskutiert werden. Inhalte der in einer Auflage von sechstausend Exemplaren erscheinenden Publikation sind immer wieder Schikanen der türkischen Bürokratie gegen die christliche Minderheit im Lande, Fälle von Enteignungen und Diskriminierungen jeder Art sowie Gesetze, die sich gegen Presse- und Meinungsfreiheit richten.
Wegen Agos wird der widerständige Journalist mehrfach vor Gericht gestellt. Ebenso wie den Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk bezichtigt man auch Dink der „Beleidigung des Türkentums“ und verurteilt ihn 2005 nach einem Artikel über den Völkermord an den Armeniern zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Das Urteil gegen Hrant Dink wird 2006 als erstes unter dem umstrittenen neuen Artikel 301 im türkischen Strafrecht vom obersten Gerichtshof der Türkei bestätigt.
Am 19. Januar 2007 wird der mehrfach international ausgezeichnete Journalist und Herausgeber vor dem Agos-Verlagshaus in Istanbul erschossen. Noch zu diesem Zeitpunkt sind gegen ihn von seiten der türkischen Behörden drei weitere Verfahren anhängig.
Am Sonntag nach dem Attentat werden weltweit in armenischen Kirchen Gedenkgottesdienste für Hrant Dink gehalten.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hrant_Dink
Links (deutsch):
http://www.henri-nannen-preis.de/?id=560610
http://de.wikipedia.org/wiki/Agos
http://www.taz.de/pt/2005/04/14/a0197.1/text.ges,1
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,461099,00.html
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/kurdi-almani-kassel/aktuell/2004/april2004/armen_zeitungen.htm
International:
http://www.armeniapedia.org/index.php?title=Hrant_Dink
http://www.englishpen.org/writersinprison/honorarymembers/turkey/hrantdink/
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