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Edschmid, Kasimir

H.A.M. 0

Kasimir Edschmid (eigtl. Eduard Schmid)
Schriftsteller


Geb. 5.10. 1890 in Darmstadt
Gest. 31.8. 1966 in Vulpera (Engadin)/ Schweiz


Es ist eine Liebesgeschichte, die diesen Autor so interessant macht, eine Liebesgeschichte und die damit verbundene Tragik. Die Liaison zwischen dem Schriftsteller und der Zeichnerin Erna Pinner zerbrach, als die Jüdin ins Exil flüchten musste und er immer inneren Exil – überwiegend im faschistischen Italien, dem „Achsenpartner Deutschlands – blieb, obwohl er seit 1933 Rede- und Rundfunkverbot, ab 1941 auch Schreibverbot hatte und seine Bücher verbrannt wurden.


Kasimir Edschmid war nach dem Romanistik-Studium in München, Genf, Gießen, Paris und Straßburg ein vielgelesener Autor, vor allem durch seine Essays über seine Reisen durch die Länder des Mittelmeerraums, Afrika, Südamerika und Asien, hatte Erzählungen und Romane veröffentlicht. Nach dem Ende der NS-Diktatur wurde er 1949 Generalsekretär des westdeutschen PEN-Zentrums und 1960 dessen Ehrenpräsident.


Sie sind eine Art Romeo und Julia der Weimarer Republik; meint die Journalistin Viola Hardam in einer Besprechung der Geschichte in Briefen, geschrieben, nicht herausgegeben, von Ulrike Edschmid, der Schwiegertochter des Protagonisten, 1999 bei Luchterhand erschienen unter dem Titel Wir wollen nicht mehr darüber reden:


„Sie ist Malerin, Zeichnerin und Illustratorin, er ist ein schon berühmter Schriftsteller, einer der wichtigsten Vertreter des literarischen Expressionismus: Erna Pinner und Kasimir Edschmid. 1916 lernen sie sich kennen. ‚Heinrich Simon hat mir erzählt, Sie seien schön, Künstlerin und Jüdin, – wann kann ich Sie treffen?’, heißt es in Edschmids erstem Brief an Erna Pinner. Was folgt, sind zwanzig Jahre gemeinsamer Reisen durch die halbe Welt – Afrika, Südamerika, Italien. Er schreibt, sie illustriert seine Bücher und entwirft Kostüme zu seiner Bühnenarbeit. Nach zwanzig Jahren ist Schluß: Erna Pinner, aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verfolgt, emigriert nach England, während Kasimir Edschmid trotz Publikationsverbots bleibt.


Liebste, Liebling, Boy und tausend andere geliebte Namen,’, schreibt Edschmid am 12. November 1935, ich möchte nicht, daß Du in England ankommst, ohne daß Du einen Gruß von mir am selben Tag erhältst. Denn da, wo Du bist, bin auch ich, und wo ich bin, bist auch Du. […] Zwanzig Jahre, in denen wir so ineinander aufgegangen sind und in denen wir so gewachsen sind, daß schon die Idee einer kleinen Trennung mich erschüttert. Denn wir sind so aufeinander eingespielt – nicht in der Form des dichten Beisammenseins, wohl aber in der Bedeutung freier, seelischer und gedanklicher Berührung – daß allein die Vorstellung, von Dir durch irgendeine Macht getrennt zu werden, mich leiden läßt.
Mit Ausbruch des Krieges 1939 ist jeder Kontakt abgeschnitten. Erst als ein knappes Jahr nach Kriegsende, im Frühjahr 1946, wieder Auslandspost befördert wird, erfahren Edschmid und Pinner voneinander, dass sie überlebt haben: sie in London, er in Ruhpolding (Hessen). Ihre Beziehung lebt in Briefen wieder auf. ‚Liebe, liebste Erna‘, schreibt Kasimir am 1. April 1946, ‚heute gehen die Grenzen für Briefe auf und ich schreibe Dir, nachdem ich zum letzten Mal am Rande des Krieges aus Italien schrieb. […] Es war schwer am Leben zu bleiben, da die Partei mich sterben lassen wollte.‘ ‚Ich habe mit der Tatsache, daß ich lebe, zu beginnen, antwortet Erna Pinner, da dies wohl das erstaunlichste Ereignis ist. Obwohl Hitler den Himmel mit diversen V-Waffen zu Hölle umgestaltete, gelang es seinen mechanisierten Todesengeln nicht, mich zu verbrennen.‘


Es ist, als sammelten zwei Menschen die Scherben auf, die nach der Vernichtung ihrer damaligen Welt übriggeblieben sind. Man tastet sich vorsichtig an den anderen heran, orientiert sich, schaut, was noch geblieben ist, und wie man überhaupt noch zueinander steht. Doch es herrscht ein anderer Ton als in den Briefen vor Kriegsausbruch.
Kasimir Edschmid hat inzwischen geheiratet und sich im Familienleben mit zwei Kindern eingerichtet, was Erna Pinner, wie sie später gesteht, nicht unberührt läßt. Mit leidlich unverdächtigen Veröffentlichungen hat sich Edschmid im Dritten Reich über Wasser gehalten, während Erna Pinner ganz neu angefangen hat. Nach einem absolvierten Biologiestudium hat sie sich über die Jahre hinweg zu einer erfolgreichen Illustratorin populärwissenschaftlich biologischer und paläontologischer Bücher etabliert. Was aber das Verhältnis der beiden, die einst so eng verbunden waren, überschattet, ist die Folge der Entscheidung, dazubleiben oder fortzugehen, die innere Emigration zu wählen oder das tatsächliche Exil.“

Quelle: Literaturkritik, Februar 2000, Autorin: Viola Hardam


Veröffenbtlichungen von Kasimir Edschmid u.a.: Verse, Hymnen, Gesänge (1911) Bilder, Lyrische Projektionen (1913), Die sechs Mündungen, Novellen (1915). Timur, Novellen (1916). Die Engel mit dem Spleen, Roman (1923). Lord Byron, Roman (1928). Bolivar, Roman (1954). Lebendiger Expressionismus, Essays (1961). Die achatnen Kugeln, Roman (1920/2000, Kranichsteiner Literaturverlag).


Literatur:

Ulrike Edschmid:
Wir wollen nicht mehr darüber reden. Erna Pinner
und Kasimir Edschmid – Eine Geschichte in Briefen.
Luchterhand Literaturverlag, München 1999, ISBN: 3630870279


Links (deutsch):

http://www.cwru.edu/artsci/modlang/german380/edschmid-ex.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Kasimir_Edschmid

http://www.geocities.com/films4/edschmid.htm

http://www.dla-marbach.de/shop/shop_einzelansicht/?backPID=51863&tt_products=185

http://www.antiquario.de/a_autoren/e/Edschmid_Kasimir.html

http://www.antiquariat-ffm.de/cgi-bin/detail.cgi?words=1734

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=832

 

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