George Enescu (auf seinen in Frankreich veröffentlichen Werken zeichnet er mit Georges Enesco)
Komponist, Geiger und Dirigent
Geb. 19.8. 1881 in Liveni-Virnav (Moldawien)/ Rumänien (nach dem damals im Bereich der orthodoxen Kirche gültigen julianischen Kalender am 7. August)
Gest. 4. 5. 1955 in Paris/ Frankreich
„Wenn ich alles zu Papier bringen könnte,
was sich in meinem Kopf bewegt,
würde ich Hunderte von Jahren benötigen.“
(George Enescu, kurz vor seinem Tod)
Der Junge ist das achte Kind seiner Eltern – und wird ihr einziges bleiben, das zum Erwachsenen heranwächst. Sieben Brüder und Schwestern sterben bereits in jungen Jahren. Der kleine George wächst in einer musikalischen Familie auf: der Vater singt, dirigiert einen Chor und spielt Geige, die Mutter Gitarre und Klavier. Sein Onkel, der Pater Ioan Enescu, ist ein berühmter Kantor und vor allem mit der Kirchenmusik -, in Rumänien mehr den byzantinischen und griechischen als den russischen Traditionen verbunden -, kommt George Enescu früh in Berührung und wird ihr sein Leben lang verbunden bleiben.
Schon der Vierjährige beginnt mit dem Geigenspiel, lernt ein Jahr später dann Notenlesen und Klavier – und beginnt sofort zu komponieren. Von nun an steht sein Lebensziel fest: George Enescu wollte Komponist werden.
Mit Sieben reist er nach Wien, um dort Violine bei Bachrich zu studieren. Daneben nimmt Enescu auch Unterricht in Kontrapunkt und Fuge bei Robert Fuchs, Klavier bei Ludwig und Kammermusik bei Joseph Hellmesberger. Mit der Zeugnisnote ausgezeichnet schließt das junge Talent seine Studien ab.
In den Jahren 1890-1894 nimmt Enescu als Zuhörer an den Proben und Aufführungen des Hellmesberger-Ouartetts teil und macht 1894 die Bekanntschaft mit Johannes Brahms, der häufig den Werk-Proben der Kompositions-Schüler beiwohnt. Enescu ist bei der privaten Uraufführung des Brahms’schen Klarinettenquintetts dabei und spielt unter dem Dirigat des Meisters in der Ersten Symphonie und dem Ersten Klavierkonzert mit. Nicht zuletzt seiner Begegnung mit Brahms sind sowohl die hervorragende Brahmsinterpretation des Geigers und Dirigenten Enescu als auch sein lebenslanger Hang zu großangelegten Formen zuzuschreiben.
1895 übersiedelt George Enescu auf Wunsch seines Vaters nach Paris. Ausschlagebend ist hierbei auch und vor allem Jules Massenet, der sich eines großen Rufes in Wien erfreut, u.a. mit seiner Inszenierung des Werther 1892 an der Hofoper. Da es am Pariser Conservatorium zur damaligen Zeit jedoch noch keinen Lehrstuhl für Komposition gibt, studiert Enescu vier Jahre Kontrapunkt und Fuge bei Ambroise Thomas, Komposition bei Massenet und Gabriel Fauré sowie Harmonie beim Fugenpapst André Gédalge.
Obwohl eine seiner Fugen aus jener Zeit als Musterbeispiel in den letzteren Traité de la fugue aufgenommen ist, erhält Enescu keinen Preis, führt dessen ungeachtet seine Violin-Studien bei Marsick weiter, erhält jedoch den Ersten Preis erst 1899, als sein Poème roumain schon seit zwei Jahren aufgeführt ist. Direkt danach beginnt Enescus weltumspannende Laufbahn als Virtuose.
1902 gründet er mit Louis Fournier und Alfredo Casella ein Klaviertrio, 1904 das Enescu-Quartett. Parallel zu seinen Aktivitäten in Paris wirkt er jedoch auch in seinem Heimatland, wo er 1912 in Bukarest den Enescu-Preis für Komposition ins Leben ruft. 1917 gründete er das George Enescu-Sinfonieorchester in seinem rumänischen Wohnort Iasi sowie schließlich die Gesellschaft rumänischer Komponisten. 1921 eröffnet George Enescu mit seinem Lohengrin-Dirigat die rumänische Staatsoper in Bukarest und findet 1932 durch seine musikwissenschaftlichen Studien Aufnahme in die rumänische Akademie. Als Pädagoge ist George Enescu nicht nur in Frankreich und Rumänien, sondern auch im italienischen Siena sowie an amerikanischen Universitäten tätig. Seine vielfältigen Verpflichtungen als Geiger, Dirigent, Lehrer, Musikwissenschaftler und Organisator laßen ihm allerdings nur wenig Zeit zu seiner ursprünglichen Leidenschaft, dem Komponieren. Enescus Werkkatalog ist daher recht überschaubar, und die einzelnen Werke haben teilweise lange Entstehungszeiten. Seine bedeutendste Komposition, die Oper Oedipe, entsteht z.B. über den Zeitraum eines Jahrzehnts, in den Jahren 1921-31.
In Paris, wo Enescu viele Jahre lebt und arbeitet, hat er auch seine große Liebe kennengelernt: Marie Cantacuzino, von allen Maruca genannt, die Tochter eines rumänischen Großgrundbesitzers, die schon länger getrennt von ihrem Mann, dem Prinzen Cantacuzino lebt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs gehen beide zusammen nach Rumänien, wo Maruca Verwundete pflegt und Enescu in Lazaretten spielt.
Besonders als Geiger hat George Enescu, der bis in die dreißiger Jahre im Zenit seines Könnens steht, überall einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Yehudi Menuhin gehört zu seinen engsten und erfolgreichsten Schüler. Als Achtjähriger hört er Enescu erstmals in San Francisco mit dem Brahms-Violinkonzert:
„Ich verfiel ihm, ehe ich die erste Note von ihm gehört hatte. Sein Auftreten, seine Haltung, seine wundervolle schwarze Mähne, alles kennzeichnete ihn als freien Menschen, ungebunden wie ein Zigeuner, ungezwungen, natürlich, schöpferisch begabt und voller Feuer. Als er dann zu spielen begann, hatte seine Musik eine Leuchtkraft, wie sie mir noch nirgends begegnet war.“
Quelle: Christoph Schlüren (1/98) Portrait George Enescu –
Dor und der ordnende Geist (http://www.musikmph.de/rare _music/composers/a_e/enescu_george/1.html)
Ende der dreißiger Jahre stellen sich die ersten Anzeichen jener Rückgratverkrümmung ein, die ihn am Ende verkrüppeln wird. Als alter Mann muß George Enescu feststellen, daß seine Ohren, die bis dahin so untrüglich funktioniert haben, eine verfälschte Tonhöhenwahrnehmung auslösen.
Neben den persönlichen, gesundheitlichen Einschränkungen und Rückschlägen sind es auch und vor allem die politischen, die seine letzten Lebensjahre bestimmen werden. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges sind es in Rumänien zwei prominente Persönlichkeiten, die die Gesellschaft der rumänischen Komponisten leiten: George Enescu als Präsident und Constantin Brãiloiu als Sekretär.
Infolge der kommunistischen Machtübernahme in Rumänien kehrt George Enescu von einer USA-Tournee 1946 nicht mehr in sein Geburtsland zurück, sondern geht nach Frankreich ins Exil. Wie er haben auch andere bedeutende Intellektuelle bereits das Land verlassen. Da Enescu und – die ihrerseits an schweren psychischen Störungen leidende – Maruca mit den politischen Veränderungen in Rumänien nach dem Zweiten Weltkrieg ihren gesamten Besitz verlieren, muß er – ungeachtet seiner zunehmenden körperlichen Beeinträchtigung – weiterhin als Virtuose auftreten. In den letzten Jahren vollendet der mittlerweile in ärmlichen Verhältnissen lebende Musiker einige seiner eindrücklichsten Werke, darunter das Zweite Klavierquartett, das Zweite Streichquartett, das vokalsymphonische Werk Vox maris sowie die Kammersymphonie, bei deren abschließender Überarbeitung George Enescu im Juli 1954 einen schweren Schlaganfall erleidet, der ihn halbseitig lähmt. In der Nacht vom 3. auf den 4. Mai 1955 stirbt der „Weltbürger vom Rande Europas“ (NDR) und bedeutendste Komponist Rumäniens in Paris.
Links (deutsch):
http://www.neumarkter-konzertfreunde.de/programm_20030912_bio_enescu.html
http://de.wikipedia.org/wiki/George_Enescu
http://www.omm.de/cds/klassik/NAXOS-enescu-quartette.html
http://www.enescu.de/de/links.html
http://www.klassika.info/Komponisten/Enescu
http://www.wiener-staatsoper.at/Content.Node2/home/prolog/ausgaben/6931.php
http://www.arte-tv.com/de/kunst-musik/metropolis/navigation/857994.html
http://morgenpost.berlin1.de/content/2004/03/31/beilage/669448.html
http://www.musikmph.de/rare_music/composers/a_e/enescu_george/1.html
http://www.musikmph.de/rare_music/work_introduction/a_e/enescu/1.html
http://www.notenbuch.de/(gex1b555h1a0rw550zcbyhbi)/productlist.aspx?Redirected=true&lookup=Enescu
http://lett.ubbcluj.ro/~echinox/caiete4/22.htm
International:
http://en.wikipedia.org/wiki/George_Enescu
http://www.epdlp.com/compclasico.php?id=999
http://www.mosuc.com/Recordings/recordings.htm
http://perso.wanadoo.fr/alain.cf/enescu
http://www.musicologie.org/Biographies/e/enescu_george.html
http://romania.ibelgique.com/fest-enescu.htm
http://www.crisismagazine.com/julaug2003/music.htm
http://www.americansymphony.org/dialogues_extensions/99_2000season/2000_02_04/leon.cfm
http://www.musicweb-international.com/classrev/2005/May05/Enescu_part1.htm
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