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Eggebrecht, Axel

H.A.M. 0

Axel Eggebrecht (eigtl. Axel Constantin August Eggebrecht)
Journalist, Schriftsteller und Drehbuchautor


Geb: 10. 1. 1899 in Leipzig
Gest. 14.7. 1991 in Hamburg


Lange vor anderen berühmten kommunistischen Genossen hatte Axel Eggebrecht hellsichtig mit der KPD gebrochen. Mit 21 Jahren war er Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands geworden. Nach fünf Jahren und zunehmender Kritik an dieser Ideologie trat er, angewidert auch von Intrigen, aus der Partei aus. Das bewahrte ihn dennoch nicht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, die ihn 1933 mit Berufsverbot belegten, zeitweise ins Gefängnis steckten und im KZ Hainwalde einsperrten. Mühsam überlebte er das NS-Regime. Nach dem Zweiten Weltkriegs war Axel Eggebrecht am Aufbau des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) beteiligt. Ganze Generationen von Rundfunkjournalisten hat dieser ehemalige Anarchist und spätere Radikaldemokrat geprägt. Für viele wurde er zum Vorbild.


Gearbeitet hat Axel Eggebrecht in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts als freiberuflichter Publizist, Regieassistent und als Filmdramaturg bei der UFA. Als Insider konnte er besonders profunde Filmkritiken im Berliner Tageblatt verfassen, bald auch für die Weltbühne von Ossietzky und Tucholsky, hier allerdings nicht aufs Filmgenre begrenzt. Sein Interesse für dieses Medium hatte ihn jedoch zuvor beruflich zur Meshrabpom-Filmgesellschaft geführt, für die er Verleih und Vertrieb sowjetischer Filme besorgte. Da war er noch in der KPD, wo er es auf der Funktionärsleiter bis zum Organisationsleiter in Wilmersdorf gebracht hatte. Doch schon damals galt, dass die Steigerung von Feind Parteifreund heißt: Eggebrecht wurde gemobbt, erlebte Intrigen, die er besonders hautnah bei seinen zwei Aufenthalten in Moskau zu spüren bekam: „Idealist, der ich war, hatte ich so etwas nicht für möglich gehalten“.


Wegen des von den Nazis verhängten Schreibverbots schrieb er wie Erich Kästner unter Pseudonym, arbeitete an Filmmanuskripten mit oder schrieb für unverdächtige Autoren. Von 1945 bis 1949 war er in Hamburg Abteilungsleiter beim NWDR. Bundesweit bekannt wurde er durch seine Radioberichte über den Auschwitz-Prozess (von 1963 bis 1965 in Frankfurt) und als Vorsitzender des westdeutschen P.E.N.-Clubs von 1947 bis 1965. Auch nach dem Krieg und bis Ende der 50er Jahre verfasste Eggebrecht einige Filmdrehbücher, u.a., zusammen mit Peter Lorre für Der Verlorene (1951).


Axel Eggebrecht lebte zeitweise im Roten Block, der Künstlerkolonie in Berlin. Er gilt als ihr wichtigster Chronist. In seiner Zwischenbilanz einer Epoche, veröffentlicht unter dem Titel Der halbe Weg im Rowohlt Taschenbuchverlag 1981, heißt es u.a.:


„Schon während des Wahlkampfs (1930) wurde klar, daß wir eine kleine Insel inmitten der Flut von Hakenkreuz und Schwarz-Weiß-Rot bildeten, die Steglitz und Friedenau überschwemmte. Rings um unseren Laubenheimer Platz sah man nur die Farben der Republik und das revolutionäre Rot. Und es blieb nicht beim Flaggenstreit. SA zog provozierend durch unser Viertel. Spät abends wurden einzelne Heimkehrer am U-Bahnhof Breitenbachplatz angerempelt, man verabredete sich zum gemeinsamen Weg, das half nur vorübergehend. Als die Bedrohung nicht aufhörte, gründeten wir einen Selbstschutz. Binnen weniger Wochen schloß sich die Mehrzahl der Bewohner an, ohne Rücksicht auf politische Unterschiede. Wer bei uns lebte, war gefährdet, Demokraten und Kommunisten, katholische Zentrumswähler und Parteilose. Die wenigen, die mit den Nazis liebäugelten, waren geächtet, verkrochen sich oder zogen fort. Spontan bildete sich ein fünfköpfiger Ausschuß, der die Organisation in die Hand nahm. Etwas Erstaunliches geschah. Egozentrische Schauspieler und Literaten handelten klüger und mutiger als die berufenen Verteidiger der Demokratie. Während Parteien und Verbände einander noch im Schatten der Lawine befehdeten, die sie alle miteinander begraben sollte, machten wir Ernst mit der Einheit. Flugblätter wurden hektografiert und verbreitet, Wachtposten lösten einander ab. Je mehr die Gefahr wuchs, desto besser wurde die Verteidigung organisiert. …“


Und an anderer Stelle heißt es über den „Schutzbund“, den die Künstlerkolonie gebildet hatte:

„1932 gab es ein Dutzend Revolver, die registriert und sorgfältig gepflegt wurden. Unter Fensterbänken standen wassergefüllte Weinflaschen, in besseren Tagen fröhlich geleert, nun verwandelt in gefährliche Wurfgeschosse gegen mögliche Angreifer. Gelegentlich bekamen wir Verstärkung aus anderen Stadtteilen. Ernst von Salomon fand sich kampflustig ein. Arthur Koestler transportierte Waffen mit seinem roten Fiat, fuhr als Kundschafter umher, meldete anrückende Gegner. Ich glaube, daß er das Kriegsspiel mit dem Enthusiasmus des kommunistischen Novizen genoß… Viele von uns rechneten mit einem Putsch. Der Ernstfall schien gekommen, als im Juli die SA rings um Berlin aufmarschierte. Unbekannte kurvten auf Motorrädern und in großen Wagen durch unsere Straßen und inspizierten Haus für Haus, Späher des Gegners, der dann nicht putschte. Bei uns wäre er energisch abgewehrt worden. Wir nahmen Fühlung zur nahe gelegenen Polizeiwache in der Deidesheimer Straße auf. Die Schupos waren bereit, mit uns zusammenzugehen. In der Schrebergärten entlang der Kreuznacher Straße wurden Stellungen für Maschinengewehre ausgesucht. Doch Hitler blies seine Aktion ab, erst ein halbes Jahr später kam er an die Macht. Durch die Hintertür. Legal.
(…) Nachträgliche Überlegungen sind recht sinnlos, und doch wage ich die Vermutung, daß unser ‘Roter Block’ ein Beispiel dafür gab, wie das braune Unheil möglicherweise hätte abgewendet werden können. Mich erfüllt noch immer ein, wie ich meine berechtigter, Stolz darauf, daß wir in der Kolonie, wenige hundert Verschworene, standhielten bis zuletzt.
Die Millionen Arbeitslosen waren indessen zu keinem Widerstand mehr fähig. Apathie breitete sich aus, sie war die wichtigste Voraussetzung für Hitlers Sieg“


Hätte es noch mehr widerständige Menschen gegeben wie Axel Eggebrecht, wäre die Geschichte wahrscheinlich anders verlaufen.


Autor:

Hajo Jahn


Links (deutsch):

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http://www.antiquario.de/a_autoren/e/Eggebrebht_Axel.html

http://www.hans-bredow-institut.de/nwdr/nwdhzr

http://www.radio-feature.de/literatur/lit_eggebrecht.html

http://wwv.cyranos.ch/smegga-d.htm

http://www.filmrezension.de/filme/der_verlorene.html

http://www.film-zeit.de/home.php?action=result⊂=person&info=long&person_id=10821

 

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