Kurt Friedrich Gödel
Mathematiker und Logiker
Geb. 28.4. 1906 in Brünn/ Österreich-Ungarn
Gest. 14.1. 1978 in Princeton (New Jersey)/ USA
„Das Time Magazine reihte ihn unter die hundert wichtigsten Personen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Harvard University verlieh ihm das Ehrendoktorat für die Entdeckung ‚der bedeutsamsten mathematischen Wahrheit des Jahrhunderts‘. Er gilt allgemein als der größte Logiker seit Aristoteles. Sein Freund Einstein ging, nach eigener Aussage, nur deshalb ans Institut, um Gödel auf dem Heimweg begleiten zu dürfen. Und John von Neumann, einer der Väter des Computers, schrieb: ‚Gödel ist tatsächlich absolut unersetzlich. Er ist der einzige Mathematiker, von dem ich das zu behaupten wage.'“ (1)
Gödel stammt aus dem wohlhabenden mährischen Großbürgertum. Sein Vater, ein Textilunternehmer, ist katholisch, die Mutter evangelisch. Obwohl Gödel bereits als Kind unter erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen leidet, gehört er mit zu den besten Schülern, besucht ab 1912 zuerst die Privat-Volks- und Bürgerschule und wechselt vier Jahre später auf das deutschsprachige Kaiserliche und Königliche Staatsrealgymnasium.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges wird das vormalige Brünn Teil der neu-gegründeten Tschechoslowakei und heißt nun Brno. Kurt Gödel, der kaum tschechisch spricht, fühlt sich zunehmend fremd, nimmt 1923 die österreichische Staatsbürgerschaft an und schreibt sich nach seiner Übersiedlung in die österreichische Hauptstadt 1924 an der dortigen Universität zunächst für das Studium der Theoretischen Physik ein.
Neben der Auseinandersetzung mit physikalischen Themen besucht Kurt Gödel philosophische Vorlesungen und beschäftigt sich mit Fragen der Zahlentheorie. Auch und vor allem seine beiden Professoren Heinrich Gomperz und Philipp Furtwängler sind es, die ihn darin bestärken, sich intensiv mit den Grundlagen der Mathematik – insbesondere der formalen Logik und der Mengenlehre – auseinanderzusetzen.
Bestimmend für jene Zeit ist nicht zuletzt Gödels Begegnung mit den Mathematikern Hans Hahn, Karl Menger und Olga Taussky (-Todd), die wie er Mitglied im berühmten Wiener Kreis sind. 1927 trifft zum erstenmal seine spätere Frau, die fast sieben Jahre ältere und geschiedene Adele Porkert, die er allerdings erst nach dem Tod seiner Eltern im September 1938 heiraten kann.
Im Mathematischen Kolloquium von Karl Menger setzt sich Gödel mit aktuellen Grundlagenproblemen der Mathematik und Logik auseinander, insbesondere mit dem Hilbertprogramm zur vollständigen Beweisbarkeit der Mathematik. Die erste Auflage der Abhandlung von Hilbert und Ackermann über die Grundzüge der theoretischen Logik wird dann auch zur Basis seiner Dissertation (Die Vollständigkeit der Axiome des logischen Funktionenkalküls), die er 1929 beendet und 1930 publiziert (Monatshefte für Mathematik, 37, S. 349-360).
Im Wien der Zwischenkriegszeit verbringt Kurt Gödel zweifellos seine besten und wissenschaftlich fruchtbarsten Jahre und gehört neben Sigmund Freud, Karl Popper, Robert Musil und Arnold Schönberg zur intellektuellen Avantgarde der Donaumetropole.
1931 habilitiert sich Gödel mit seiner wohl bedeutendsten Abhandlung unter dem Titel Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme:
„Gödel bewies, dass es in jeder mathematischen Theorie, die reichhaltig genug ist, um das Zählen, Addieren und Multiplizieren zu erlauben, wahre Sätze gibt, die nicht bewiesen werden können – es sei denn, die Theorie enthält einen Widerspruch. Schlimmer noch: man könnte sicher sein, dass sie einen Widerspruch enthält, wenn es innerhalb der Theorie gelänge, ihre eigene Widerspruchsfreiheit zu beweisen. Wie Hans Magnus Enzensberger in seiner ‚Hommage à Gödel‘ schreibt: ‚Du kannst deine eigene Sprache in deiner eigenen Sprache beschreiben: aber nicht ganz.‘ Das klingt recht plausibel, aber Gödel hat daraus einen Satz der Mathematik gemacht. Es gelang ihm, eine philosophische Aussage in ein mathematisches Theorem zu verwandeln. In diesem Sinn hat Gödel für die Philosophie etwas ähnliches geleistet, wie Newton für die Physik.
Auch die beiden anderen großen Entdeckungen Gödels sind von atemberaubender Kühnheit. Er hat einen grundlegenden Beitrag zur Mengenlehre geliefert, also dem Studium des Unendlichen, ein Fach, das nicht zu Unrecht als ‚Theologie für Mathematiker‘ bezeichnet wird. Gödel gelang damit die Hälfte der Lösung des so genannten Kontinuumproblems, der Nummer Eins in der Liste der mathematischen Probleme seines Jahrhunderts. Und er hat bewiesen, dass Einsteins Relativitätstheorie Reisen in die eigene Vergangenheit grundsätzlich erlaubt. Richtig verdaut haben das die Kosmologen noch heute nicht. In einer Randbemerkung hält Gödel fest, dass die Zeitrichtung bei der Landung des Reisenden wieder dieselbe ist, also nicht verkehrt abläuft wie in einem falsch eingelegten Film.“
Quelle: Karl Sigmund: Kurt Gödel 1906 – 2006,
http://www.goedelexhibition.at/goedel/
1933/ 34 reist der Mathematiker, der zunehmend unter Depressionen und Zwangsvorstellungen leidet, zum erstenmal in die Vereinigten Staaten und arbeitet als Gastforscher am neu gegründeten Institute for Advanced Study in Princeton. Zurückgekehrt nach Wien muß er sich mehrmals zur Behandlung in ein Sanatorium begeben.
Nach dem Anschluß Österreichs an Hitlerdeutschland im März 1938 und damit verbundenen beruflichen Problemen, entschließt sich Kurt Gödel – obgleich er als Nichtjude keiner direkten Bedrohung ausgesetzt ist – der möglichen Einberufung zum Kriegsdienst durch Emigration zu entgehen und gelangt im Frühjahr 1940 auf dem Schienenweg über die damalige Sowjetunion und Japan schließlich in die Vereinigten Staaten. An der Universität von Princeton lernt Kurt Gödel später den ebenfalls vor den Nazis emigrierten Nobelpreisträger Albert Einstein kennen, mit dem ihn fortan nicht nur der wissenschaftliche Dialog, sondern auch eine jahrelange Freundschaft verbinden wird.
„Gödels Einbürgerung wäre beinahe an seinem scharfen mathematischen Verstand gescheitert. Denn beim Studium der US-Verfassung fiel ihm auf, dass sie infolge eines logischen Widerspruchs im Text durchaus eine Diktatur ermöglichen könnte. Als bei der Einbürgerungszeremonie der Richter dem korrekten Herrn aus »Austria« jovial mitteilte, nun wäre er in einem freien Land, in dem niemals ein Diktator herrschen könne, sprang Gödel erregt auf: Das sei keineswegs so. Freund Einstein, der sicherheitshalber daneben saß, zupfte ihn am Ärmel und mahnte ihn zum Schweigen…“
Quelle: Peter Ripota Zeitreisen sind doch möglich, in:
PM Magazin Physik, 9/ 2005, http://www.pm-magazin.de/de/heftartikel/ ganzer_artikel.asp?artikelid=1058#
Der seit 1953 als Professor in Princeton Tätige leidet zunehmend unter seiner psychischen Erkrankung, vereinsamt immer mehr und stellt schließlich seine Vorlesungen in den sechziger Jahren vollkommen ein.
Die letzten Lebensjahre verbringt Kurt Gödel abwechselnd in seinem Haus in Princeton und in diversen Sanatorien. Einzig seine Frau Adele ist es, die ihn versorgt und noch am Leben hält. Als sie 1978 in ein Krankenhaus eingeliefert wird, stirbt der geniale Mathematiker und Logiker wenig später an Unterernährung.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_G%C3%B6del
Literatur:
Karl Sigmund/ John Dawson/ Kurt Mühlberger:
Kurt Gödel. Das Album – The Album
Mit einem Geleitwort von Hans Magnus Enzensberger
Viehweg-Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN: 3-8348-0173-9
Rebecca Goldstein:Kurt Gödel. Jahrhundertmathematiker
und großer Entdecker, Piper Verlag, München 2006
ISBN 3492048846
Douglas R. Hofstadter: Gödel, Escher, Bach. Ein
Endloses Geflochtenes Band, dtv München (TB1999),
ISBN 3423300175
Palle Yourgrau: Gödel, Einstein und die Folgen.
Vermächtnis einer ungewöhnlichen Freundschaft,
C.H. Beck-Verlag, München 2005, ISBN 3406529143
(1) entnommen aus: Hundert Jahre Kurt Gödel – die Ausstellung, http://www.wieninternational.at/de/node/773
Links (deutsch):
http://www.goedelexhibition.at/start/
http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=sp&ressort=S104&id=552137
http://www.zeit.de/2006/18/Kurt_G_del_xml
http://www.informatik.uni-hamburg.de/Fachschaft/bits/1_ss97/node16.html
http://www.heise.de/ix/artikel/2006/04/098/
http://www.schulfach-ethik.de/ethik/Personen/goedelkurt.htm
http://dispatch.opac.d-nb.de/DB=4.1/REL?PPN=11869569X
International:
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