Geb. 2.10.1921 in Prag/ Tschechoslowakei
„Jirí Kosta hat wie nur wenig andere Intellektuelle das zwanzigste Jahrhundert, jenes „Zeitalter der Extreme“ (Eric Hobsbawm), unter verschiedensten Formen totalitärer Herrschaft durchlebt und bezeugt, bei aller Wahrung der Singularität des Holocaust, die Verwüstungen, die eindimensionales ideologisches Denken anrichten“.
(Micha Brumlik, Direktor des Frankfurter Fritz Bauer-Instituts)
Geboren als Kind einer assimilierten jüdischen, überwiegend deutschsprechenden Familie und aufgewachsen in einem humanistisch-sozialistischen Elternhaus, überlebt und durch-leidet der vier Jahre ältere Bruder von Tomas Kosta das Ghetto Theresienstadt und das „Außenkommando“ im Bergwerk, das Konzentrationslager Auschwitz sowie das „Außenkommando Gleiwitz“ ebenso wie den Todesmarsch, Flucht und Befreiung im Mai 1945. Nach dem Krieg absolviert Jiri Kosta ein Studium der Volkswirtschaft, das er mit dem Diplom abschliesst. Von 1956 bis 1962 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Tschechischen Akademie der Wissenschaften tätig.
Die Nachkriegs-Träume vom Aufbau einer neuen Tschecho-slowakischen Republik werden durch den Terror des Stalinismus jäh zerstört und Kosta, der zur linken, jüdischen Intelligenz zählt, wird zum Staatsfeind. Dem Holocaust-Überlebenden, der im Team des Wirtschaftsreformers Ota Sik 1968 den „Prager Frühling“ mitgestaltet, droht nach dessen Niederschlagung die dritte Verfolgung – diesmal als „Revisionist“. Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes emigriert Jiri Kosta über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland, wo er zunächst am Münchner Institut für Sozialforschung arbeitet und anschliessend von 1971 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1987 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität/ Frankfurt am Main eine Professur für sozialistische Wirtschaftssysteme innehat.
Jiri Kosta veröffentlicht mehr als 400 Titel zu vorwiegend wirt-schafts- und sozialwissenschaftlichen Themen, daneben Arbeiten zu geistes- und kulturpolitischen Sujets sowie autobiographische Skizzen.
In seinem Buch „Nie aufgegeben – Ein Leben zwischen Bangen und Hoffen“ ( Philo-Verlag, Berlin 2001, 184 S., kt., EUR 16,90 ISBN 3-8257-0242-1) berichtet Kosta von dem Prozeß der Desillusionierung angesichts stalinistischer Repression, vom schwierigen Leben und Überleben eines nonkonformistischen Intellektuellen in den Nischen des realen Sozialismus; vom letzten Aufflammen der sozialistischen Hoffnung im Prager Frühling und schließlich von der Emigration in die Bundesre-publik. „Geprägt von einer bewusst gelebten multikulturellen Identität, bleibt er doch Grenzgänger zwischen zwei Kulturen. Die Faszination dieser Erinnerungen liegt in der Ambivalenz zwischen Inhalt und Form: Gefangen und emotionalisiert von den ungeheuerlichen Fakten spürt der Leser den Kontrast zwischen diesen bewegenden Tatsachen und dem von Präzision und Prägnanz beherrschten Schreibstil ohne sentimentale Schnörkel“. (aus einer Pressemitteilung der Goethe-Universität zur Frankfurter Buchmesse vom 4.10.2001)
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