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Lapide, Pinchas

H.A.M. 0

Pinchas Lapide
Theologe, Religionsphilosoph und Neutestamentler


Geb. 28.11. 1922 in Wien/ Österreich
Gest. 23.10. 1997 in Frankfurt/ M.


„Wer einen Asylanten aufnimmt, wer Flüchtlingen hilft, sich wieder heimisch zu machen, der hilft sich selbst. Denn alle Hilfe, die dem anderen, in Not Befindlichen geleistet wird, ist unter Gott. Ein Stück erleuchteter Egoismus. Denn er, der Flüchtling, steckt in Dir – und Du in ihm. Und wenn die Bibel, die uns beide beseelt, eine Grundlage für die Ethik der Asylanten-Politik sein sollte, dann wäre Hilfe für Asylanten im Namen, und im Rahmen der Möglichkeiten natürlich, echte Nächstenliebe, im Grenzfall, ja: im Ernstfall! würde ich sagen!“

(Pinchas Lapide in einem Interview, 1991)


Der einzige Sohn einer Wiener Kaufmannsfamilie wird nach dem Anschluß Österreichs an Hitlerdeutschland 1938 in ein Konzentrationslager nahe der tschechischen Grenze deportiert, aus dem ihm jedoch kurz darauf die Flucht gelingt. Lapide kommt über die Tschechoslowakei und Polen nach Großbritannien und wird dort von einem Bauern aufgenommen.


1940 wandert Pinchas Lapide ins damalige Palästina aus und gehört zu den Mitbegründern des ersten amerikanischen Kibbuzims und arbeitet als Bauer in Bet Sharim bei Haifa. 1941 tritt er der jüdisch-englischen Brigade bei und landet mit der 8. Army unter Montgomery in Italien. Als Verbindungsoffizier zwischen Russen und Amerikanern kehrt der gebürtige Wiener 1945 in seine Heimatstadt zurück. Hier legt er 1946 , nach einem Studium der Sprachkunde an der Universität Wien, seine Dolmetscherprüfungen in Italienisch, Russisch, Französisch , Deutsch und Englisch ab, kehrt 1947 nach Palästina zurück und studiert hier u.a. bei Martin Buber, Judaistik und die Geschichte des Urchristentums. Nach Ableistung seines Kriegsdienstes in der Armee des 1948 neu gegründeten Staates Israel setzt Lapide im darauffolgenden Jahr seine Studien an der Hebräischen Universität in Jerusalem fort.


Von 1951 bis 1962 ist er als Diplomat für das israelische Außenamt tätig. Er trifft mit Papst Pius XII und seinem Nachfolger Johannes XXIII zusammen, studiert in den frühen 50er Jahren an der School for Political Science und vertritt die israelische Regierung als Konsul und Presseattaché in Mailand. Als Dozent an der Hebräischen Universität begegnet er u.a. auch Erzbischof Montini, dem späteren Papst Paul VI.

In den späten 50er Jahren studiert Lapide Literatur an der Universität Bocconi in Mailand und ist ab 1958 erster Botschaftssekretär und Kulturattaché Israel im brasilianischen Rio de Janeiro.


Als verantwortlicher Koordinator zeichnet er in den Jahren 1962 bis 1964 für die Israelischen Interministeriellen Pilgerkomitees verantwortlich und arbeitet als Direktor für Publikationen im Pressebüro des Ministerpräsidenten in Jerusalem. 1964 folgt die nächste Position, als stellvertretender Leiter des Staatlichen Presseamtes in Israel. In dieser Zeit setzt Pinchas Lapide seine Studien an der Hebräischen Universität fort und widmet sich hier auch und vor allem dem Christentum und dem Neuen Testament

1965 arbeitet er am American Institute for Bible Studies und dem American College in Jerusalem, studiert Romanistik, Politologie und Mediävistik an der Hebräischen Universität. In den späten 60er Jahren reist er zu Vorträgen in Universitäten und Kirchen in die Vereinigten Staaten und besucht 1968 erstmals Deutschland. Im selben Jahr noch übersiedelt er nach Tel Aviv und beendet seine Studien in Romanistik, Frühchristentum und Mediavistik in Jerusalem.


1969 nimmt Pinchas Lapide seine Forschungen am Martin-Buber-Institut für Judaistik in Köln auf, promoviert bei Buber 1971 zum Dr. phil. .und läßt sich als freier Schriftsteller in Frankfurt/ Main nieder. Als Lehrer und Referent kehrt der Religionswissenschaftler von 1972 bis 1975 an die Bar-Illan-Universität in Jerusalem zurück.


Gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Historikerin und Religionswissenschaftlerin Ruth Lapide, setzt sich der jüdische Theologe in Wort und Schrift für die Versöhnung von Juden und Christen, die Verständigung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel sowie für die Annäherung zwischen den monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam ein. Nachhaltigen Niederschlag findet die Arbeit des Ehepaars Lapide in rund 60 Büchern, Radio- und Fernsehbeiträgen, Seminaren und Vorträgen.


„Pinchas Lapide’s Hauptanliegen war es, Feindbilder zwischen Juden und Christen abzubauchen und Vorurteile durch ein fruchtbares Miteinander zu ersetzen. Er wollte von der oft hochstilisierten christlichen Drohbotschaft zur biblischen Frohbotschaft zurückführen. So sind seine zahlreichen Veröffentlichungen zum Neuen Testament und zum christlich – jüdichen Dialog Wegweiser, heutige Probleme gemeinsam – aber ohne Synkretismus – zu lösen.“ *)

1993 wird Pinchas Lapide für seine Versöhnungsbemühungen das Große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen sowie der Ehrenpreis der Stiftung Kulturförderung und, im darauffolgenden Jahr, die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt. Pinchas Lapide stirbt im Alter von fast 75 Jahren nach langer Krankheit. Seine Frau Ruth setzt die gemeinsame Arbeit nach dem Tod fort.


„Was gehen uns die Fremden an?“ Ulrike Müller (1991) im Gespräch mit Pinchas und Ruth Lapide über die Themen Fremdheit, Exil und Asyl.

volume_up.gifKlicken Sie bitte hier, um diesen O-Ton (als MP3-Datei) in ganzer Länge anzuhören
© Ulrike Müller


Quelle:

*) Pinchas Lapide. Kiefel-Verlag 1996, hier zitiert aus: http://people.freenet.de/lapide


Links (deutsch):

http://people.freenet.de/lapide

http://de.wikipedia.org/wiki/Pinchas_Lapide

http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118800795

http://www.jcrelations.net/de/?id=2060

http://www.karfreitagsgottesdienste.de/heb9.html#lapide

http://www.qumran.org/homes/literatur/lapide.html

http://www.antiquario.de/a_autoren/l/Lapide_Pinchas.html

http://www.jcrelations.net/de/?id=842

http://www.religionslehrer.lu/spiritualitaet/Lapide_Ruth.htm

http://www.br-online.de/alpha/forum/vor9812/
19981222_i.shtml


International:

http://desde-sefarad.blogspot.com/2005/09/de-los-archivos-vaticanos.html


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