Richard Liebermann
Maler
Geb. . 21.10.1900 in Neu-Ulm
Gest. 10. 12. 1966 in St. Just-St. Rambert/ Frankreich
Richard Liebermanns Leben ist bezeichnend für das Schicksal jüdischer gehörloser Künstler während der Nazizeit – ähnlich wie Rudolf Franz Hartogh und David Ludwig Bloch gehörte auch er alle in doppelter Hinsicht einer kulturellen Minderheit an, zu der bis heute kaum Forschungsarbeiten vorliegen: Hartogh war Christ, aber jüdischer Herkunft; David Ludwig Bloch war Jude, – und beide waren gehörlos – wie Richard Liebermann.
Der Sohn des Hofenhändlers Heinrich Liebermann und dessen Ehefrau Hedwig Wieler, ist eines von drei Geschwistern. Die um zwei Jahre jüngere Schwester Gertrud muß die Familie und vor allem die kranke Mutter versorgen und wird bis zu Richards Tod zu seiner engsten Begleiterin. Bis 1935 wohnt die Familie Liebermann in Neu-Ulm und zieht dann in die Geburtsstadt der Mutter, nach Konstanz, um.
Richard Liebermann besucht von 1907 bis 1916 die Volksschule im Königlichen Zentral- Taubstummen- Institut in München und nimmt danach an der Maßnahme für Begabtenförderung teil, die an derselben Schule stattfindet. 1921 geht er an die Akademie der Bildenden Künste in München, wo er bis 1930 Malerei studiert, unter anderem bei Prof. Franz von Stuck. 1923 konvertiert Liebermann zum Katholizismus. Auch seine Geschwister Gertrud und Paul werden 1943 in Frankreich katholisch getauft.
1925 beauftragt Dr. Friedrich Wanner, damals HNO-Arzt im Königlichen Zentral-Taubstummen-Institut München, Richard, ein Gemälde von ihm anzufertigen. In den Folgejahren porträtiert er u.a. Persönlichkeiten wie den – übrigens nicht mit ihm verwandten! – Maler Max Liebermann und Albert Einstein. Richard Liebermann lernt den Direktor des jüdischen Landschulheims Herrlingen, Hugo Rosenthal, kennen, der ihn als Kunsterzieher einstellt. Der gehörlose Lehrer liest von den Lippen seiner Schülerinnen ab, in Ausnahmefällen erfolgt die Kommunikation schriftlich.
Nach wiederholter Verhaftung durch die Gestapo wird Richard Liebermann 1940 mit seinem Vater und den Geschwistern Paul und Gertrud in das französische Lager Gurs am Fuße der Pyrenäen deportiert. Seine Mutter und der Bruder Hans fallen zwei Jahre später dem Euthanasie-Programm der Nazis zum Opfer.
Die meisten Inhaftierten überleben das Lager Gurs nicht. Liebermanns Schweizer Verwandte mütterlicherseits helfen mit Geld, damit die Familie ins französische Spitallager Noé gebracht werden kann, wo Richard Liebermanns Vater stirbt. Liebermanns Zeichnungen und Malereien aus den beiden Lagern dokumentieren in eindrücklicher Weise die Leiden des Lageralltages. Unter einem Decknamen schicken Verwandte regelmässig Pakete mit Malutensilien an Richard, dessen körperliche wie seelische Situation sich zunehmend verschlimmert.
Angeblich kaufen Schweizer Verwandte Richard, Paul und Gertrud vom Lager Noé 1943 frei und unterstützen die drei Geschwister bis 1946 mit Paketen und Geld an eine Deckadresse von Richard Liebermann. Zuerst leben die Geschwister anfangs unerkannt im französischen St. Just-St. Rambert, 50 km von Lyon entfernt. Sie leben in einem von Nonnen geführten Heim. Richard zeichnet nicht mehr in Grau- und Brauntönen, vielmehr entstehen farbintensive Gemälde, und trotz seiner späteren Parkinson-Erkrankung versucht sich Liebermann auch an neuen Techniken wie der Collage.
Während seines 23jährigen Aufenthalts hat Richard Liebermann allerdings keine öffentliche Ausstellung in Frankreich. Der gehörlose Maler beherrscht die französische Sprache nicht und kann sich mit seinem Umfeld kaum verständigen. Die einzige Brücke zur hörenden Welt ist und bleibt seine Schwester Gertrud, die zeitlebens für den behinderten Bruder dolmetscht.
Richard Liebermann stirbt im Alter von 66 Jahren in seiner französischen Wahlheimat, wo er auch seine letzte Ruhestätte findet.
Links (deutsch):
http://www.kugg.de/history/in_liebermann.htm
http://www.uni-ulm.de/LiLL/lerncafe/lerncafe10/lernprojekte/liebermann/der_maler_rliebermann.htm
http://nt1.alp.dillingen.de/gsonline/minds/bsp/neu_ulm/liebermann.htm
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