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Magnani, Franca

H.A.M. 0

Franca (Schiavetti) Magnani
Journalistin und Schriftstellerin


Geb.1. 7. 1925 in Rom/ Italien
Gest. 28.20. 1996 in Rom/ Italien


„Liebe zum eigenen Land ist völlig unabhängig von den politischen Ereignissen, die uns von der Heimat trennen; die Heimat schenkt dem einzelnen das, was die Geschichte ihm oft versagt: Wurzeln und Identität.“

(Franca Magnani)


ARD-Korrespondentin in Rom seit 1964, freie Autorin für alle wichtigen Fernseh- und Printmedien in Deutschland und in der Schweiz. Die Präzision ihrer Beiträge ist eigentlich bis heute unerreicht! Ein Zitat: „Je mehr Bürger mit Zivilcourage ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen“. Als Kind war sie mit ihren Eltern erst in Frankreich, später in der Schweiz im Exil. Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung zu leisten, zeichnete sie aus. Die Süddeutsche Zeitung hat sie in ihrer Reihe großer Journalisten porträtiert (Auszug):

Journalismus, das war ihr Leben gewesen. Den Beruf habe sie sich nicht ausgesucht, sagte Franca Magnani: „Ich wurde hinein geboren“. Auch das Interesse an der Politik, ihren klaren analytischen Blick für Italiens Gesellschaft und ihren Instinkt für die Bewertung von Politpersönlichkeiten hatte sie nicht erlernen müssen, derlei Fähigkeiten entwickelten sich aus ihrer Biografie. Ihr Vater Fernando Schiavetti, Mitglied der Republikanischen Partei und Chefredakteur der Parteizeitung Voce Repubblicana, hatte 1926 Italien verlassen, nachdem er von faschistischen Banden überfallen worden war. Er ging nach Marseille, wo er sich als Drucker und Lastwagenfahrer durchschlug; seine Frau folgte ihm heimlich mit der älteren Tochter. Franca, die jüngere, 1925 geboren, aber war zu klein für die Flucht: So lebte sie zunächst beim Großvater in Todi. Auf dessen Gesuch hin erlaubte Diktator Benito Mussolini 1928, dass Franca zu den Eltern gebracht wurde. Als der Großvater mit ihr in Marseille auftauchte, sagte Francas Vater vorwurfsvoll: „Das verzeihe ich Ihnen nie, dass Sie dem Duce Gelegenheit gegeben haben, sich großzügig zu zeigen“.


Im Exil lernte Franca bereits als Kind Politiker kennen, die im demokratischen Nachkriegsitalien bedeutend sein sollten. Als Frankreich von den Nazis besetzt wurde, zog die Familie nach Zürich. Nun lernte Franca Schwyzerdütsch – und so wichtige Tugenden wie Präzision und Pünktlichkeit, Ordnung und „das Tragen von Filzpantoffeln in der guten Stube“.


Das Schweizer Exil war ein Kulturschock, wie Franca fand: „Eine derart geordnete Welt kannte niemand von uns.“ Trotzdem heiratete sie 19-jährig einen Schweizer Zeitungsredakteur und ging nach dem Krieg mit ihm nach Bonn. Von 1951 an arbeitete sie als Journalistin, zunächst für die Schweizer Illustrierte Annabelle sowie für die Weltwoche. Doch die Ehe war nicht von Dauer, Franca fühlte sich stets „unter Kuratel“ – sie war ja, wie sie später in ihrer Autobiografie (Eine italienische Familie, 1990) erklärte, „aus der Obhut meines Vaters direkt in die meines Mannes übergegangen.


Mittlerweile hatte Franca einen italienischen Kommunisten kennen gelernt, der während des Krieges im Untergrund gekämpft hatte: Valdo Magnani, ihre große Liebe. Freilich war auch mit ihm das Leben nicht nur Sonnenschein. Magnani, ein widerborstiger Denker, legte sich zur offiziellen Parteillinie quer. Lange bevor der Eurokommunismus aufkam, jener italienische, etwas undogmatischere Weg, prangerte Magnani den Stalinismus an und wurde prompt ausgeschlossen aus der Partei. So begann für Franca „die Emigration im eigenen Land“, denn nicht nur die KPI stellte sich gegen ihren Mann, auch ihre Familie. Der unerbittliche Vater, inzwischen bei den Sozialisten engagiert und Leitartikler in der Zeitung Progresso d’Italia, schrieb Brandkommentare gegen den Schwiegersohn.


Unterdessen brachte Franca Magnani zwei Kinder zur Welt. Ihr Mann, der später Parlamentsabgeordneter wurde, las ihr seine politischen Texte vor; bald begann Franca selbst zu schreiben, zunächst für die SPD-Zeitung Vorwärts sowie das Schweizer Wochenblatt Die Tat. Ab 1964 war sie dann im ARD-Studio Rom engagiert. Sie war die erste Auslandskorrespondentin im deutschen Fernsehen und gleichzeitig „die einzige Ausländerin, die über ihr eigenes Land berichtete“, wie sie selbst sagte.


Im Nu entwickelte sich die schlanke Italienerin mit dem schwarzen Haarschopf und der Perlenkette, der kehligen, manchmal singenden Stimme und dem charmant rollenden R, zum Publikumsliebling in Deutschland. Sie verkörperte dieses quirlige, sympathische Land – egal, ob sie das Rollenspiel der italienischen Frauen zwischen Madonna, Mutter und Geliebter erklärte oder vom latin lover erzählte, der seine Gattin „mit ebenso viel Phantasie betrügt wie er sie liebt“. Oder ob sie über den jüdischen Schriftsteller Primo Levi berichtete, der als Spätfolge von Auschwitz Selbstmord beging, einen Kamera-Flirt mit Marcello Mastroianni führte oder den Kommunistenführer Enrico Berlinguer interviewte.
„Es macht mir Spaß, den Leuten Dinge verständlich zu machen“, hat sie ihr journalistisches Credo stets ganz schlicht erklärt. Freilich spielte auch ihr politischer Veränderungswille eine Rolle. Nach einer Reportage über eine neapolitanische Mutter, die ihre Kinder verkauft hatte, erklärte sie ihre Rolle etwa so: „Fragen, was dahinter steht, und dann mit den Leuten reden, dass sie es nicht mehr tun.“ Sie war nie eine Kommunistin, aber ihr Herz schlug links.


Quelle:

Süddeutsche Zeitung, 10.11.2003
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/232/21211


Literatur: 

Franca Magnani: Mein Italien
Kiepenheuer & Witsch (KiWi), Köln 2004
ISBN: 3462034472

dies.: Ciao Bella! Als Frau in Italien
Kiepenheuer & Witsch (KiWi), Köln 2002
ISBN 3462031775

dies.: Eine italienische Familie
Aus dem Italienischen von Peter Chotjewitz
Kiepenheuer & Witsch (KiWi), Köln
ISBN 3-462-02066-8

dies.: Rom. Zwischen Chaos und Wunder
Herausgegeben von Sabina Magnani-von Petersdorff
und Marco Magnani in Zusammenarbeit mit Reinhold Joppich
Kiepenheuer & Witsch (KiWi), Köln
ISBN 3-462-02690-9

dies.: Wer sich erinnert, lebt zweimal
Das Italien-Lesebuch
Kiepenheuer & Witsch (KiWi), Köln
ISBN 3-462-02887-1


Links (deutsch):

http://www.perlentaucher.de/buch/12603.html

http://www.sncweb.ch/dossiers/magnani_de.htm


International:

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