Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Musil, Robert

H.A.M. 0

Robert (Edler von) Musil
Ingenieur, Philosoph, Essayist, Schriftsteller und Theaterkritiker


Geb. 6. 11. in Klagenfurt/ Österreich-Ungarn
Gest. 15.4. 1942 in Genf/ Schweiz


„Wenn die Dummheit nicht dem Fortschritt, dem Talent, der Hoffnung oder der Verbesserung zum Verwechseln ähnlich sähe, würde niemand dumm sein wollen. Das habe ich 1931 gesagt; und niemand wird zu bezweifeln wagen, daß die Welt auch seither noch Fortschritte und Verbesserungen gesehen hat!“

(Robert Musil)*


Nach der Verfilmung des Romans Die Verwirrungen des Zöglings Törleß und dessen Ausstrahlung im Fernsehen, wurde Robert Musil auch einen breiten Publikum ein Begriff. Dabei war sein Roman Der Mann ohne Eigenschaften längst weltberühmt. Aber der Bekanntheitsgrad stand in keinem Verhältnis zur Zahl seiner Leser. Da erging es ihm ähnlich wie James Joyce mit seinem Ulysses: (Fast) alle reden über das Buch, ohne es wirklich gelesen zu haben. Beide Werke dürften in vielen Bücherregalen ziemlich unberührt stehen. Mit den Verwirrungen des jungen Törleß aber konnten Normalleser bzw. Fernsehzuschauer mehr anfangen. Dabei geht es zwar um die Erfahrungen eines Internatsschülers in einer Militärerziehungsanstalt, aber seine Suche nach Selbsterkenntnis spricht auch junge Menschen heute noch an.


Die Törleß-Geschichte beruht auf Selbsterfahrung. Denn Robert Musil wollte Offizier werden, vielleicht gedrängt von seinem Vater, einem Ingenieur und späteren Hochschulprofessor. Er besuchte ab seinem 12. Lebensjahr verschiedene militärische Bildungseinrichtungen, um dann als 17jähriger eine Ausbildung zum Artillerieoffizier an der technischen Militärakademie Wien zu beginnen. Doch schon nach kurzer Zeit bricht er ab und wechselt an die Technische Hochschule Brünn, um Maschinenbau zu studieren. Doch auch das war nicht seine wahre Berufung, obwohl er das Studium beendet und sogar eine Assistentenstelle an der TH Stuttgart bekommt (1902/1903).


Robert Musil beginnt 1903 ein drittes Studium. Und zwar im quirligen Berlin, wo er sich für die Fächer Philosophie, Psychologie, Mathematik und Physik immatrikuliert – welch eine Kombination. In dieser Zeit beginnt er zu schreiben. 1906 erscheint der „Törleß“-Roman, zwei Jahre später promoviert er im Fach Philosophie mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit. Damit wäre der Weg frei für eine akademischen Karriere wie die seines Vaters.

Doch Robert Musil hat beschlossen, Schriftsteller zu werden, also freiberuflich zu arbeiten. So wird er bis 1910, also zwei Jahre lang, Herausgeber der Berliner Zeitschrift PAN. 1911 veröffentlicht er den Erzählband Vereinigungen und heiratet im selben Jahr die Wiener Malerin Martha Marcovaldi-Heimann. In Wien nimmt er notgedrungen eine bürgerliche Stellung an als Bibliothekar an der Technischen Hochschule, wobei ihm sein Maschinenbaustudium zugute kommt. Nebenbei aber schreibt er. Essays und die Komödie Die Schwärmer. Er weiß, daß die Schriftstellerei seine wahre Berufung ist und übersiedelt wieder nach Berlin. Dort erhält er einen Vertrag vom S. Fischer-Verlag als Redakteur der Neuen Rundschau.


Der ehemalige Zögling militärischer Internatsschulen gehört zu den vielen begeisterten jungen Männern, die 1914 in den Ersten Weltkrieg ziehen. Als österreichisch-ungarischer Reserveoffizier ist er zunächst in Südtirol, später an der italienisch-serbischen Front eingesetzt, arbeitet für die Militärpresse, gibt die Südtiroler Soldaten-Zeitung und Die Heimat heraus. Unter Pseudonym schreibt er auch zahlreiche Artikel für diese Blätter.


Solche Männer, die „dem Vaterland gedient“ haben, werden auch nach dem verlorenen Krieg nicht fallengelassen, denn an den Schalthebeln der Macht sitzen dieselben einflussreichen Leute wie vorher. Der Edle von Musil bekommt eine Anstellung beim Auswärtigen Amt in Wien, wo er bequem die Beamtenlaufbahn bis zu seiner Pensionierung hätte absitzen können.

Nur handelt er anders als erwartet: Musil folgt seiner wahren Berufung, kündigt und geht 1920 wieder nach Berlin. Dort stellt er sich dem legendären Verleger Ernst Rowohlt (1987-1960) vor, der später auch seine Bücher herausgeben wird. Den Lebensunterhalt aber verdient er mit seinen soldatischen Erfahrungen, nämlich als Berater für Militärangelegenheiten in Österreich. Er geht wieder ganz zurück nach Wien, betätigt sich als Theaterkritiker, Essayist, Theater- und Romanschriftsteller. 1921 wird seine Komödie Die Schwärmer veröffentlicht, er erhält die damals renommierteste deutsche Literaturauszeichnung, den Kleist-Preis (1923) und veröffentlicht ein Jahr später die Posse Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer sowie den Novellenzyklus Drei Frauen.


Obwohl er jetzt immer öfter geehrt wird, etwa mit dem Kunstpreis der Stadt Wien oder dem Gerhart-Hauptmann-Preis, sind seine Honorare klein, sein Einkommen gering. Er lebt mit seiner Frau am Rande des Existenzminimums. Längst hat er mit der Arbeit an seinem Hauptwerk begonnen: Von 1924 bis 1942, also bis zu seinem Tode im Schweizer Exil, schreibt er an dem Roman Der Mann ohne Eigenschaften: Ein Sinnbild für die Krise der modernen Gesellschaft in der sich die österreichisch-ungarische Monarchie vor Beginn des Ersten Weltkriegs befindet. Die ersten beiden Teile des Romans erscheinen 1930, nur helfen auch die begeistertsten Rezensionen nicht aus seiner misslichen Finanzsituation. Rastlos zieht er 1931 wieder nach Berlin, wo sich ein Jahr später Freunde sogar zusammenfinden, um eine Musil-Gesellschaft zu gründen – eine Art Auffanggesellschaft für einen bettelarmen Schriftsteller. Das hilft, um den dritten Teil des Mannes ohne Eigenschaften zu veröffentlichen. Doch bereits ein Jahr später, im Mai 1933, flieht er wieder nach Wien -. Er flieht, weil er das Leben seiner jüdischen Frau unter der Nazidiktatur bedroht sieht.


Es ist nicht die letzte Flucht: Am 2. September 1938, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, flüchtet das Ehepaar Musil über Italien nach Zürich, wo 1936 seine Essaysammlung Nachlass zu Lebzeiten erschienen war. Musils Bücher werden in Deutschland verbrannt und verboten. Als er 1942 in Genf stirbt, ist sein großer Roman noch immer unvollendet. Seiner Frau ist es zu verdanken, dass der letzte Teil des Romans Der Mann ohne Eigenschaften veröffentlicht wird: 1952, zehn Jahre nach dem Tod des Exilanten Robert Musil.


Autor:

Hajo Jahn


Quelle:

*) Vortrag auf Einladung des österreichischen Werkbundes Gehalten in Wien am 11. und wiederholt am 17. März 1937. Hier zitiert nach: http://www.alexander-verlag.com/Neuer/autoren1/zeichen6.htm


Literatur:

Karl Corino: Robert Musil. Eine Biographie.
Rowohlt-Verlag, Reinbek 2003, ISBN 3-498-00891-9

Herbert Kraft: Musil.
Zsolnay-Verlag, Wien 2003, ISBN 3-552-05280-1.


Links (deutsch):

http://www.musilmuseum.at

http://www.i-r-m-g.de

http://www.ub.fu-berlin.de/internetquellen/fachinformation/germanistik/autoren/multi_lmno/musil.html

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MusilRobert/

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.m/m979617.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Musil

http://www.humboldtgesellschaft.de/inhalt.php?name=musil

http://www.roehrig-verlag.de/shop/107.html

http://www.rowohlt.de/magazin/Robert_Musil_Ein_Gesamtkunstwerk.23238.html

http://www.perlentaucher.de/buch/15371.html

http://www.zvab.com/angebote/musil-robert.html

http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/poetik/musileigenschaften.htm

http://web.skku.edu/german/essay/mla_bibl/musil981.htm

http://www.literaturhaus.at/buch/fachbuch/rez/CorinoKraft/


International:

http://www.xs4all.nl/~jikje/

http://www.epdlp.com/escritor.php?id=2078

Die Kommentare sind deaktiviert.