Pablo (Pau Carlos Salvador Defilló) Casals
Cellist und Dirigent
Geb. 29.12.1876 in Vendrell/ Spanien
Gest. 22.10.1973 in San Juan/ Puerto Rico
Bereits der Vierjährige erhält Unterricht in Klavier, Flöte und Geige von seinem Vater, einem Organisten und Musiklehrer. Im Alter von neun Jahren beginnt Casals mit dem Orgelspiel und ist mit Elf vom Klang des Cellos sofort fasziniert. 1887 beginnt er sein Musikstudium am Konservatorium in Barcelona, belegt Klavier und Komposition bei José Rodoreda und Cello bei José Garcia, experimentiert mit Finger- und Bogentechnik und entwickelt bereits sehr bald einen sehr eigenen Stil.
Sein Debut als Musiker hat er am 23. Februar 1891 im Teatro Novedaes in Barcelona, muß in der Folgezeit aber aus finanziellen Gründen vor allem in Caféhäusern spielen. Im selben Jahr noch kauft er sich auch ein Notenexemplar der sechs Suiten für Solocello von Johann Sebastian Bach, die in seiner Interpretation später berühmt und quasi zum Markenzeichen seiner virtuosen Cellotechnik werden.
Pablo Casals verläßt Brüssel und geht nach Paris, wo er am kleinen Théâtre des Folies-Marigny eine bescheidene Anstellung als zweiter Celllist annimmt. 1897, wieder zurück in Barcelona, wird er zum Nachfolger seines Lehrers am Konservatorium und zum Professor des Liceo ernannt. Zusammen mit den belgischen Violinisten Mathieu Crickboom, Galves und Enrique Granados gründet er ein Streichquartett.
Am 20. Mai 1899 führt Casals das Konzert von Edward Lalo im Crystal Palace in London vor Queen Victoria und kurze Zeit später auch in Paris auf. Der Dirigent Charles Lamoureux fördert fortan den dreiundzwanzigjährigen Cellisten aus Spanien, der in der Folgezeit seinen internationalen Ruf festigen kann, auch und vor allem auf zahlreichen Auslandstourneen, die ihn u.a. 1901 und 1904 in die Vereinigten Staaten führen. Pablo Casals spielt das Solocello bei der amerikanischen Erstaufführung von Richard Strauss’ Don Quichotte unter der Leitung des Komponisten.
Bereits 1903 macht der Cellist die ersten (Zylinder)-Ton-Aufnahmen.
1905 gründet Casals zusammen mit Alfred Cortot und Jacques Thibaud ein Streichtrio, das schon bald weltweit für überragende Interpretationen steht und über dreißig Jahre bestehen wird. Auf seiner ersten Tournee nach Russland lernt er Nikolaj Rimskij-Korsakow und Alexander Skrjabin kennen und spielt unter der Leitung von Sergej Rachmaninoff. Die meiste Zeit des Ersten Weltkrieges verbringt Pablo Casals in New York. 1919 gehört er zu den Mitbegründern der Ecole Normale in Parist.
Aus Sehnsucht nach seiner katalanischen Heimat kehrt er ins spanische Barcelona zurück und gründet mit eigenen Mitteln das Orquestra Pau Casals, für das er in der Folgezeit so berühmte Dirigenten wie Otto Klemperer, Richard Strauss und Igor Strawinsky verpflichten kann. Darüberhinaus ruft der mittlerweile schon weltberühmte Cellist eine Organisation ins Leben, die auch unvermögenden Menschen – unabhängig von Geld und Status – einen Zugang zur Musik verschaffen soll.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 weigert sich Pablo Casals, in Deutschland aufzutreten. Als begeisterter Anhänger der Spanischen Republik trifft ihn der Sturz in den Bürgerkrieg besonders hart. 1937 entsteht seine berühmte und Maßstäbe setzende Einspielung der Cellokonzerte von Antonín Dvorák und Edward Elgar – Pablo Casals steht auf dem Höhepunkt seiner Kunst und seiner Karriere.
1939 geht der Weltmusiker und Franco-Gegner Casals ins Exil, gibt im Pyrenäendorf Prades, nahe der spanischen Grenze, Benefizkonzerte für Flüchtlinge und beginnt 1943 mit der Komposition seines Oratoriums El pessebre (Die Krippe). 1945 zieht er sich – verbittert über die Nachsicht der Westmächte gegenüber dem Franco-Regime – aus dem Konzertleben zurück und veröffentlicht 1946 im News Chronicle einen offenen Brief mit dem Titel „Warum Franco gehen muss“.
Die heute noch im südfranzösischen Prades lebende Tochter der Reformpädagogen und Nazi-Gegner Yvès und Karl Pitt Krüger, Jamine Noack, erinnert sich an jene Zeit:
„Pablo Casals, der große Cellist, war natürlich gegen dieses Franco-Regime und kam als Flüchtling hier (nach) Prades. Er hat hier am Ende dieser Straße gelebt (…). Und er war nicht so gut empfangen in Prades…Hinterher macht man Casals überall! Und wie das Bach-Centennaire kam, da wollten die amerikanisch-jüdische große Künstler wie Yehudi Menuhin, Isaak Stern usw., wollten eigentlich, daß Casals nach Paris kommt und ein Konzert macht, mit Bach. Mit denen allen zusammen, mit Bachwerken. Und er hat gesagt: Nein! Er bleib hier und das macht er nicht. So lange Franco da ist, kann er (den) anderen Flüchtlingen gegenüber (das) nicht machen.
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© Ulrike Müller
Anlässlich des 200. Todestages von Johann Sebastian Bach 1950 greift Casals dann aber doch noch einmal zum Cello – und viele bedeutende Künstlerkollegen kommen auf seine Einladung hin zu ihm nach Prades, darunter Clara Haskil, Rudolf Serkin, David Oistrach und Wilhelm Kempff.
1956 übersiedelt Casals nach Puerto Rico, woher seine Familie mütterlicherseits stammt. Zusammen mit Alexander Schneider ruft Casals das Musikfestival und das Symphonieorchester Puerto Ricos ins Leben. 1960 wird das in den frühen vierziger Jahren begonnene Werk El pessebre uraufgeführt. Ab 1962 geht der mitlerweile Sechsundachtzigjährige damit auf Welttournee, bietet er in dieser Zeit Meisterklassen in Siena, Zermatt und Vermont/ USA an.
Zu seinem neunzigsten Geburtstag nimmt Pablo Casals noch einmal am Festival von Prades teil. Im Alter von siebenundneunzig Jahren stirbt er in seiner Wahlheimat Puerto Rico.
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