Udo Rukser
Rechtsanwalt und Schriftsteller
Geb. 19.8. 1892 in Posen (Westpreußen)
Gest. 6.6. 1971 in Quillota/ Chile
Er studierte Rechtswissenschaften und promovierte zum Dr. jur. Sein Interesse galt schon in jungen Jahren der Literatur, Philosophie und Bildenden Kunst. Die Feldpostbriefe, die der Graphiker Richard Janthur in den Jahren 1915 und 1916 an Rukser richtete und die 2004 der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft Wuppertal gestiftet wurden, bezeugen sein frühes Engagement für die Kunst. Um 1920 stand er dem Dadaismus nahe. Beruflich war Rukser in der Zeit der Weimarer Republik als Rechtsanwalt tätig. Die von ihm gegründete Zeitschrift Das Ostrecht gewann rasch Ansehen. Er stellte sie jedoch 1933 ein, weil er sich weigerte, einen jüdischen Mitarbeiter zu entlassen. Gleichzeitig ließ er sich von der Anwaltsliste streichen und zog zum Bodensee, wo er als Obstbauer eine landwirtschaftliche Existenz gründete. Diese Lebensperiode stand im Mittelpunkt einer Ausstellung, die ihm das Hermann-Hesse-Höri-Museum Gaiendorf 1999 widmete.
1939 emigrierte Rukser nach Chile, wo er wieder als Landwirt und schriftstellerisch tätig wurde. In Santiago de Chile gründete er gemeinsam mit Albert Theile die Deutschen Blätter. Die deutschsprachige Kulturzeitschrift, die den Untertitel Für ein europäisches Deutschland – gegen ein deutsches Europa trug, erschien von Juni 1943 bis Dezember 1946 in der chilenischen Hauptstadt. Zu ihren Mitarbeitern und Korrespondenzpartnern zählte Thomas Mann, der in die USA emigriert war. 1944 veröffentlichte er hier den Vortrag Schicksal und Aufgabe, den er zuvor in der Library of Congress Washington gehalten hatte. Der Schriftsteller schätzte die Zeitschrift wegen ihrer „instinktsicheren moralischen Haltung, die gleich weit entfernt war von Renegatentum und Desertion aus dem deutschen Schicksal wie von jener unbekümmerten und gedächtnislosen Empörung über das, was man den Deutschen heute antut, die man selbst unter ganz unverdächtig rechtschaffenen und ehrlich antinazistischen Deutschen jetzt so oft antrifft“. Die Blätter hätten zwischen diesen Extremen „in vorbildlicher Weise die rechte Mitte gehalten“ und seien darum jetzt nötiger denn je. Zu den Mitarbeitern der Blätter gehörten auch Hermann Hesse, Carl Gustav Jung, Friedrich Georg Jünger, Alfred Kantorowicz, Pablo Neruda, Karl Otto Paetel, Albert Schweitzer, Ernst Wiechert, Paul Zech, Carl Zuckmayer und Stefan Zweig.
Rukser und Theile vermochten es nicht, die Blätter auf Dauer zu etablieren und ausreichend viele Bezieher zu gewinnen, zumal es der nationalsozialistischen Propaganda gelungen war, viele sogenannte Volksdeutsche in Chile und andern Ländern in ihrem Sinne zu beeinflussen. Nach Einstellung der Deutschen Blätter, deren Redaktionsarchiv heute das Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund verwahrt, blieb Rukser in Chile, wo er weiter literarisch tätig war. Er veröffentlichte u.a. das Werk Goethe und die hispanische Welt, das bis heute große Beachtung findet. Die im Exil gewonnenen Kontakte nutzte Rukser in der Nachkriegszeit, um angesichts der Not in Deutschland Hilfsaktionen zu organisieren.
Klaus Goebel
Literatur (Auswahl):
– Goethe und die hispanische Welt. Stuttgart 1958
– Nietzsche in der Hispania. Ein Beitrag zur hispanischen Kultur- und Geistesgeschichte. Bern 1962
– Über den Denker Rudolf Pannwitz. Meisenheim am Glan 1970.
Über Udo Ruckser:
Manfred Bosch: Gegen die Verstaatlichung des Menschen, für eine Vermenschlichung des Staates. Eine Erinnerung an Udo Rukser und seine Deutschen Blätter. In: Manfred Bosch, Hier geblieben oder Heimat und andere Erzählungen. Eggingen 1997, S.52-60
Nachlaßsplitter:
Deutsches Literaturarchiv Marbach am Neckar; Else Lasker-Schüler-Gesellschaft Wuppertal; Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund
Prof. Dr. Klaus Goebel (Wuppertal):
Thomas Manns Briefwechsel mit den Deutschen Blättern in Santiago de Chile
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