Raymond Georges Yves Tanguy
Maler
Geb. 5.1.1900 in Paris/ Frankreich
Gest. 15.1.1955 in Woodbury/ USA
„Während Salvador Dali ein Verfremder von Äußerlichkeiten ist, interessiert sich Tanguy wirklich für Innenwelten, für die Halluzinationen, die vor seinem inneren Auge auftauchen. Angstbilder sind das alles, technisch perfekt und seltsam lakonisch hingemalt, metallische Reste des Industriezeitalters, Zahlenrätsel, Knochenberge, Schatten, Figuren aus einer mit psychoanalytischer Schärfe wahrgenommenen modernen Sagenwelt.“
(aus: Freitag, 16.3.2001)
Yves Tanguy, Sohn einer bretonischen Kapitänsfamilie, verbringt seine Schulzeit in Paris, fährt 1918/19 eineinhalb Jahre mit der Handelsmarine zur See und bereist Südamerika, Afrika, Portugal und England. Der Offiziersanwärter ohne bürgerliche Berufsausbildung schlägt sich ab 1922 mit diversen Gelegenheitsjobs durch, arbeitet als Zeitungsverkäufer, Packer und Straßenbahnführer – sieht eines Tages in einer Kunsthandlung zwei Werke von Giorgio De Chirico und faßt den Entschluss, Maler zu werden.
1923 lernt Yves Tanguy Marcel Duhamel kennen und bezieht mit ihm und dem Schriftsteller und Regisseur Jacques Prévert einen kleinen Pavillon in der Rue du Château, 54. Den Sommer verbringt Yves in diesem sowie in den folgenden Jahren meist gemeinsam mit Freunden in der Bretagne. Durch Vermittlung des Kunstkritikers Florent Fels wird es Yves Tanguy 1925 ermoglicht, sich mit drei Zeichnungen am Salon de l‘Araignée zu beteiligen. Er kommt in Kontakt zum Surrealistenkreis um Louis Aragon, André Masson und Robert Desnos. Es entstehen seine ersten Ölgemälde. Im Sommer desselben Jahres heiratet er Jeannette Ducrocq, die er bereits zwei Jahre zuvor in Paris kennengelernt hat, und macht die Bekanntschaft von André Breton.
Im Mai 1926 nimmt Tanguy erstmals an einer Veranstaltung der Surrealisten teil und im Juni erscheinen in La Révolution surréaliste Reproduktionen seiner Werke. Ab 1927 setzt die Phase des intensiven Malens ein. Im Frühsommer findet Tanguys erste, von den Surrealisten positiv bewertete, Einzelausstellung der Galerie Surréaliste, Rue Jacques-Callot, statt. Tanguy illustriert Benjamin Pérets Gedicht Dormir, dormir dans les pierres, das in der Reihe der Editions surréalistes erscheint. Bis 1954 folgen noch zahlreiche Illustrationen zu Büchern von befreundeten surrealistischen Schriftstellern.
Im Jahre 1928 geben Tanguy, Prévert und Duhamel die gemeinsame Wohnung in der Rue du Château auf und Yves Tanguy zieht mit seiner Frau in ein kleines Pariser Hotel, beteiligt sich im April an der Exposition surréaliste in der Galerie Sacre du Printemps und nimmt an dem von mehreren surrealistischen Schriftstellern durchgeführten Projekt Recherches sur la sexualité teil. André Breton nimmt sechs Bilder Tanguys in seine Abhandlung Le Surréalisme et la peinture auf.
Tanguys Freund Jacques Prévert wird Ende der zwanziger Jahre
aus der surrealistischen Bewegung ausgeschlossen. Tanguy selber bindet sich in der folgenden Zeit an den engen Kreis der Surrealisten um André Breton, zu dem damals auch noch Max Ernst und Paul Eluard gehören.
Anlässlich der Uraufführung des Films L‘Age d‘Or beteiligt er sich im November 1930 – zusammen mit Miró, Magritte und Dalí – an einer Ausstellung im Foyer des Studio 28 mit drei Werken. Zwei Zeichnungen von Tanguy zieren das Programmheft zum Film. 1932/33 – in Zeiten großer Armut – versucht sich Tanguy an ersten Radierungen in der Druckwerkstatt des Briten Stanley William Hayter und nimmt im Februar 1933 mit zahlreichen Pariser Surrealisten, darunter auch Giacometti und Dalí, an den Recherches expérimentales sur la connaissance irrationelle de l‘objet teil. In Le Surréalisme au service de la révolution ist Tanguy mit seinem Bildtext Vie de l‘objet vertreten.
Im Frühjahr 1934 nimmt er an der Surrealistenausstellung Exposition Minotaure in Brüssel teil. Die Zeitschrift Minotaure veröffentlicht mehrere seiner neuen Bilder. In L‘Amour de l‘art erscheint erstmals ein kunsthistorisch ausgerichteter Artikel über ihn.
In den 30er Jahren steht Tanguy in engem Kontakt zu Marcel Duchamp und Max Ernst und beteiligt sich weiterhin an den Aktivitäten der Surrealisten. Im Juni 1935 folgt eine zweite eigene Ausstellung in der Galerie Les Cahiers d‘Art in Paris sowie eine erste Einzelausstellung Tanguys in der „Stanley Rose Gallery“, Hollywood/ USA), gefolgt von weiteren Einzelausstellungen in den Vereinigten Staaten. Durch Vermittlung von Paul Eluard erwirbt Alfred Barr für das Museum of Modern Art in New York zwei frühe Werke Tanguys aus dem Besitz von Breton und lädt Tanguy zur Teilnahme an der Ausstellung Fantastic Art, Dada and Surrealism ein.
Auf der Exposition internationale du surréalisme werden im Januar und Februar 1938 elf Gemälde sowie drei Objekte von Yves Tanguy präsentiert. Er entwirft die Umschlagzeichnung des Dictionnaire abrégé du surréalisme, das anlässlich einer Surrealisten-Ausstellung bei José Corti in Paris erscheint. Die Galerie Guggenheim Jeune in London stellt zahlreiche Tanguy-Gemälde und Papierarbeiten. Einen Teil des Frühsommers 1939 verbringt der Künstler mit Breton und seiner Familie sowie mit Roberto Matta und Esteban Francés auf einem Landsitz in Chemillieu/Ain.
Bereits kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Herbst 1939 entschließt sich Tanguy, Europa zu verlassen, schifft sich nach New York ein und kann dort in der Galerie seines Schulfreundes Pierre Matisse die Ausstellung Yves Tanguy, Paintings, Gouaches, Drawings präsentieren.
1940 beziehen Tanguy und die amerikanische Malerin Kay Sage – die er bereits zwei Jahre zuvor in London kennengelernt hat – ein Zimmer im Manhattaner Stadtteil Greenwich Village und heiraten 1940, nach Tanguys Scheidung von Jeannette Ducrocq. Das Wadsworth Atheneum, Hartford/ Connecticut, veranstaltet im Januar eine Einzelausstellung von Tanguy, die anschließend auch San Francisco und Chicago geht. In dem Film Violin d‘Ingres von Jacques Borel ist Tanguy als Pariser Maler zu sehen.
1941 zieht das Ehepaar Sage-Tanguy nach Woodbury, Connecticut und pflegt in diesen Jahren regelmäßige Kontakte zu den Künstlern Alexander Calder, André Masson, Max Ernst und Marcel Duchamp
In der zweiten Einzelausstellung in der Pierre Matisse Galerie, New York, werden 1942 Werke Tanguys gezeigt, die er nach seiner Ankunft in den USA gemalt hat. Im selben Jahr nimmt er an der Ausstellung First Papers of Surrealism teil sowie an der Ausstellung Artists in Exile. 1944 ist Ives Tanguy – unter anderem mit Pollock und Rothko – in der Ausstellung First Exhibition in America of Twenty Paintings in Peggy Guggenheims Galerie Art of this Century vertreten.
Kay Sage und Yves Tanguy kaufen 1946 in Woodbury die Town Farm, ein Farmhaus aus dem 19. Jh., dessen zwei Nebenge- bäude das Künstlerpaar als Ateliers nutzt. Im Juli 1947 ist der Künstler auf der „Exposition internationale du surréalisme“ in Paris vertreten.
Im Sommer 1948 wird Yves Tanguy amerikanischer Staatsbürger. im Winter folgt eine Tanguy-Ausstellung in der Galerie von William Copley in Beverly Hills/Kalifornien. Am 3. April 1950 wird die letzte Tanguy-Ausstellung in der Pierre Matisse Gallery, New York, eröffnet und ab Mai präsentiert die Tate Gallery, London, eine Ausstellung mit Gemälden aus der Zeit vor Tanguys Emigration.
1951 folgen Tanguy und seine Frau einer Einladung von Max Ernst und dessen Frau Dorothea Tanning nach Sedona/Arizona. Nach zahlreichen Spannungen in den letzten Jahren beendet Tanguy die Freundschaft mit Breton, seinem einstigen Mentor und Wortführer der Surrealisten.
Das Ehepaar Sage-Tanguy reist im Januar 1953 nach Europa. In Neapel zeigt die Galleria dell‘Obelisco im Februar fünfundzwanzig seiner Werke, anschließend folgen Ausstellungen in Mailand und Paris.
Das Wadsworth Atheneum organisiert im August und September 1954 die einzige gemeinsame Ausstellung des Künstlerpaares Yves Tanguy–Kay Sage.
Wenige Monate später stirbt Yves Tanguy im Hospital von Woodbury an den Folgen eines Gehirnschlages. Noch in seinem Todesjahr veranstaltet das Museum of Modern Art in New York eine Retrospektive.
Quelle:
http://www.staatsgalerie.de/de/ausstellungen/tanguy/bio.php
Werkauswahl:
1927, „Schattenland“, Detroit Institute of Art, Detroit
1927, „Er machte, was er wollte“, Sammlung Richard S.Zeisler,
New York
1928, „Der dunkle Garten“, Kunstsammlung Nordrhein-
Westfalen, Düsseldorf
1937, „Die Sonne in ihrem Schmuckkästchen“, Guggenheim-
Museum, New York
Links (deutsch):
http://www.andreas-kunst.de/tangu.html
http://www.freitag.de/2001/12/01121502.htm
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/ard/sendung/45949/
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Yves_Tanguy.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Yves_Tanguy
http://www.kunstaspekte.de/index.php?action=webpages&k=332
http://www.g26.ch/kunst_glossar_19.html
International:
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