Cläre Tisch
Wirtschaftswissenschaftlerin
Geb.14.1.1907 in Elberfeld (heute: Wuppertal)
Gest. Nov. 1941 in Minsk/ UdSSR (verschollen)
„Ich gehe übermorgen aus Wuppertal fortund weiß noch nicht, wie meine neue Adresse sein wird, weiß auch nicht, ob ich sie Ihnen sobald mitzuteilen Gelegenheit haben werde.“
(Cläre Tisch in einem Brief an Schumpeter vom 8.11.1941, kurz vor ihrer Deportation)
Im Anschluß an ihr Abitur an der realgymnasialen Studienanstalt in Unterbarmen studiert die aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammende Cläre Tisch ab Sommersemester 1926 an den Universitäten in Bonn, Genf und Berlin Volkswirtschaftslehre und schließt das Studium im Juli 1929 mit der Diplomprüfung an der Bonner Universität ab.
Der österreichische Ökonom Joseph Alois Schumpeter regt sie zu ihrer Dissertation über Wirtschaftsrechnung und Verteilung im zentralistisch organisierten sozialistischen Gemeinwesen an, mit der Cläre Tisch am 31. Juli 1931 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität die Doktorwürde erlangt. Sie ist danach zwar weiterhin bis 1933 wissenschaftlich tätig, arbeitet daneben aber auch als Sekretärin bei ihrem Zweitgutachter, dem Volkswirtschaftler Arthur Spiethoff.
„Tischs wichtigste wissenschaftliche Publikationen zweifellos ihre Arbeit zur Wirtschaftsrechnungsdebatte (1932). Die wachsende Stärke der sozialistischen Bewegung in Europa hatte zu einer Auseinandersetzung über die Problematik der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus geführt, die sich nach der russischen Oktoberrevolution intensivierte. Dabei setzten sich auch Kritiker des Sozialismus mit den Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Durchführung der sozialistischen Wirtschaftsordnung auseinander.“
Die Nationalsozialisten zwingen die jüdische Wirtschafts-wissenschaftlerin zum Verlassen der Bonner Universität. Nach einer vorübergehenden Tätigkeit als Repetitorin hält sich die junge Wissenschaftlerin zunächst als Stenotypistin in Köln und Kontoristin in einem Solinger Schuhgeschäft über Wasser, bevor sie 1936 Leiterin der Adoptionszentrale des Jüdischen Frauenbundes in Wuppertal-Elberfeld wird. Eine Aufgabe, die sie voll und ganz erfüllt – und ihr wahrscheinlich letztlich das Leben kostet.
Mehrere Möglichkeiten zur Emigration läßt Cläre Tisch wegen der ihr anvertrauten Waisenkinder ungenutzt. Ihre Spuren verlieren sich Ende 1941 bei der Ankunft im weißrussischen Minsk.
Quelle:
Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933, hrsgg. von Harald Hagemann und Klaus-Dieter Krohn,Saur-Verlag München 1999, ISBN 3-598-11284-X, Band 2, S. 714ff.
Links (deutsch):
http://www.schumpeter.info/script~1.htm
http://www.kfunigraz.ac.at/sozwww/agsoe/nletter/nlfiles/nl15.pdf
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