Georg Stefan Troller
Autor, Journalist und Filmemacher
Geb. 1921 in Wien/ Österreich
„…Nicht komplette Porträts wollte ich entwerfen, nur den Leser des Vergnügens teilhaftig machen, das er beim Betrachten eines guten Fernsehinterviews empfindet: Seht, hier ist ein Mensch!“
(Georg Stefan Troller: Pariser Gespräche Ein Buch von Lebenskunst und Liebesdingen Marion v. Schröder-Verlag, Hamburg1967)
Troller, Sohn eines Pelzhändlers mit tschechischen Wurzeln, wächst in Wiener großbürgerlichen Verhältnissen im sogenannten Fetzenviertel auf, einem hauptsächlich jüdischen Konfektions-, Pelz- und Teppichviertel. Der alltägliche Antisemitismus ist bereits in den zwanziger Jahren spürbar und verstärkt sich mit Hitlers Machtantritt in Deutschland 1933, nicht zuletzt auch in dem antisemitische Hetzblatt Der Stürmer wird nun in sogenannten Stürmerkästen ausgehängt. Der Anschluß Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 ist für die Familie ein Schock.
„Schon waren wieder die Deutschen da. Sie übernahmen das Sudeten-Gebiet. Man zog sich nach Prag zurück. Die Deutschen übernahmen Prag. Man floh, so schnell man konnte. Ich durfte mit den Eltern (durch) die damalige Ostmark in einem versiegelten Zug über Italien nach Frankreich. Paris, Präfektur gemeldet: Ja, was haben Sie für Papiere? Ja, was hatten wir: ein gefälschtes Visum nach Uruguay, das ein Schulfreund meines Vaters, der nachher Konsul von Uruguay in Prag geworden war, uns gegen dickes Geld verschafft hatte…“
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© Ulrike Müller
Das Schiff Richtung New York wird auf der Höhe von Gibraltar von den britischen Verbänden aufgehalten und muß Casablanca anlaufen. Ein Zug bringt die Emigranten in ein Lager der Fremdenlegion, wo sie zwei Monate inmitten der Wüste ausharren müssen. Auf der von einem jüdischen Hilfskommittee gecharterten Wyoming erreichen die Flüchtlinge schließlich den Hafen von New York. Hier schlägt sich Troller mit diversen Hilfsarbeiterjobs durch, arbeitet bei einem Kürschner, schließlich wieder als Buchbinder für 20 US$ die Woche – bis er dann erneut und arbeitslos auf der Straße steht.
New York war natürlich eine Stadt mit Menschen aus aller Herren Länder, darunter auch sehr viele Deutsche. Die Deutschen New Yorks lebten in einem Stadtteil namens Yorkville. Yorkville galt, vielleicht zu Unrecht, als eine Hochburg der Nazis. Obwohl ich nachher erfuhr, daß Brecht oder Oscar Maria Graf immer dort hin gingen, um zu saufen. Aber die Bürger von Yorkville waren Leser der sogenannten Staats-Zeitung. Wir Emigranten waren Leser des Aufbau…“
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© Ulrike Müller
Im Frühjahr 1943 wird Troller zur US-Armee einberufen und kommt ein Jahr später als amerikanischer Soldat wieder nach Europa, wo er beim Regimentsstab in der Vernehmung von deutschen Kriegsgefangenen eingesetzt wird. Er kommt mit seiner Division nach München, erfährt im ehemaligen KZ Dachau zum erstenmal das ganze Ausmaß des Holocaust – und reist nach Wien, in die Stadt seiner Kindheit.
„Und nun hatte die Hausbesorgerin die Biedermeier-Möbel meiner Mutter sich unter den Nagel gerissen, und ich fand ihre Adresse, und da standen die Möbel, unten abgesägt, weil die Tür zu niedrig war…. Und so ging das immer weiter und weiter, und ich fand natürlich alles zusammen, was wir einmal besessen hatten. Ging sogar in unsere alte Wohnung, wo eine Frau schrie: ‚Plündern verboten!…“
(bis: unter der Illusion, daß man das erste Opfer Hitlers gewesen wäre)
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© Ulrike Müller
Georg Stefan Troller, der 20 Familienmitglieder durch die Nazi-Herrschaft verloren hat, geht zurück in den Vereinigten Staaten, studiert in Los Angeles Anglistik und in New York Theaterwissenschaften. Ende der vierziger Jahre übersiedelt er endgültig nach Europa und läßt sich in Paris nieder, wo er zunächst als Rundfunkreporter arbeitet. Berühmt wird der Journalist ab 1962 mit dem für den WDR produzierten Pariser Journal. Ab 1972 ist Georg Stefan Troller Sonderkorrespondent für das ZDF und etabliert erfolgreich die siebzig Folgen umfassende Sendereihe Personenbeschreibung.
Im Mai 2005 wird ihm der Literaturpreis der Theodor-r-Kramer-Gesellschaft in Wien verliehen.
Literatur:
Georg Stefan Troller:
Das fidele Grab an der Donau.
Mein Wien 1918-1938
Artemis & Winkler-Verlag, Düsseldorf 2004
ISBN: 3-538-07188-8
Links (deutsch):
http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Stefan_Troller
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/begegnungen/gvb/48127
http://www.3sat.de/begegnungen/karussell/48770/index.htm
http://www.daserste.de/druckfrisch/thema_dyn~id,61~cm.asp
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=7932&ausgabe=200503
http://www.filmevona-z.de/filmsuche.cfm?sucheNach=personNr&wert=12943
http://www.wdr.de/tv/wdr-dok/archiv/2005/mke_23.phtml
http://www.literaturhaus.at/veranstaltungen/friedtage/buch/troller.html
http://www.antiquario.de/a_autoren/t/Troller_Georg_Stefan.html
http://www.welt.de/data/2004/12/18/376027.html
http://www.univie.ac.at/langenbucherLV/Gespraech_mit_Troller.doc
http://193.170.142.165/werner/down/597_Troller_Auschwitz_standard_21_1_05.pdf
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/165934
http://www.literaturepochen.at/exil/museum_wege/raum1.html
http://www.swr.de/das-erste/doku/20041201index.html
http://www.filmarchiv.at/events/0903/corti/wohin_und_zurueck03.htm
International:
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