Edmund Wolf
Theaterautor, Journalist und Filmemacher
Geb. 23.04. 1910 in Rzeszów (b. Krakau)/ Österreich-Ungarn
Gest. 1997 in London/ GB
Der Sohn aus einem zionistischen, nicht orthodoxen Elternhaus wird sich erst durch die Grauen des Holocaust, bei dem fast alle Angehörigen ums Leben kommen, seiner jüdischen Wurzeln wieder bewußt und versucht bis an sein Lebensende, die eigene “jüdische Identität mit seiner Bindung an die europäische, besonders die deutsche Kultur und seine Zweifel über den Judaismus als Religion miteinander zu versöhnen.“ (http://www.zeit.de/1997/46/Sprache_und_Exil ).
Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges kommt Edmund Wolf mit seiner Familie aus dem damaligen Galizien nach Wien, wo er die große Liebe seines Lebens findet: Das Theater. Dennoch studiert Wolf erst einmal Rechtswissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte – und besucht daneben das Schauspiel- und Regieseminar bei Max Reinhardt. Er ist erst 22 Jahre alt und noch Student, als sein erstes Stück auf die Bühne kommt. Bereits mit Fünfundzwanzig ist er Dramaturg am Deutschen Volkstheater in Wien und steht am Beginn einer vielversprechenden Karriere als Lustspielautor. Zwei Jahre später, 1937, hat er mit der “Räubergeschichte“ seinen ersten großen Bühnenerfolg.
Die Gefahren des sich anbahnenden Nationalsozialisten sind Wolf zwar bewußt, doch noch kein Anlaß, ins Exil zu gehen. Am 12. Oktober 1937 verläßt der promovierte Jurist Österreich und gelangt über Paris nach London, wo er sich für ein Visum in die Vereinigten Staaten registrieren läßt. Sein erklärtes Ziel heißt: Hollywood. Im März 1938 folgt der “Anschluß“ Österreichs an Hitler-Deutschland. Edmund Wolf ist die Rückehr nun endgültig verwehrt, er bleibt in London und finanziert seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf eines Filmstoffes an die amerikanische 20th Century-Fox.
Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wird der fliessend Englisch sprechende Exilant 1940 als “feindlicher Ausländer“(“enemy alien“) interniert – fast zeitgleich gibt die Gestapo den Haushalt der Familie Wolf in Wien zum Verkauf frei. Seine Eltern, ein Bruder und eine Schwester haben noch 1939 über Triest ins damalige Palästina fliehen können. Die meisten Familienmitglieder fallen dem Holocaust zum Opfer. Edmund Wolf kommt in ein kanadisches Lager, von wo aus er weiter vergeblich um eine Einreisemöglichkeit in die USA kämpft. Erst auf Intervention des PEN-Clubs setzt man ihn nach zwei Jahren wieder auf freien Fuß. Er heiratet 1943 Rebecca Wijnschenk, eine jüdische Emigrantin aus den Niederlanden und nimmt ein Arbeitsangebot des Deutschen Dienstes der BBC an, Propagandabeiträge zu schreiben.
In den Nachkriegsjahren beginnt die nächste berufliche Karriere des Edmund Wolf, der es zuletzt bei der BBC bis zum Programmdirektor gebracht hat. Er wendet sich dem Zeitungsjournalismus zu, schreibt, von nun an unter dem Pseudonym “Martin Wieland“, ab Mitte der 50er bis Ende der 70er Jahre als Londoner Korrespondent für die “ZEIT“, bis 1986 für die “Süddeutsche Zeitung“ und arbeitet seit Mitte der 1960er Jahre für den Bayerischen Rundfunk als Drehbuchautor und Dokumentarfilmer. Von den 80 Filmen, die er in den Folgejahren dreht, werden u.a. die Doku-Dramen “LH 615“ und “Geheime Reichssache“ mit renommierten Fernsehpreisen ausgezeichnet.
Hochbetagt stirbt der vielseitig begabte Journalist (dessen 1946 geborener Sohn Martin Chefkommentator der ‚Financial Times‘ ist) und Theaterautor, ohne daß allerdings sein großer Wunsch, auch die englischen Bühnen zu erobern, sich erfüllt hat. Die letzte Ruhe findet er auf dem Jewish Cemetery in Golders Green. Edmund Wolfs gesamter Nachlaß, darunter das umfangreiche Archiv und die Arbeitsbibliothek zu seinem Lebensprojekt “Hitler und die Generäle“, befindet sich in den Räumen der Österreichischen Exilbibliothek im Literaturhaus Wien.
Quellen:
http://www.zeit.de/1997/46/Sprache_und_Exil
http://www.literaturhaus.at/zirkular/ausstellungen/wolfedmund/?COLOR=NO
http://weidle-verlag.de/MartinWolf_DiePresse.pdf
Literatur:
“Edmund Wolf – Ich spreche hier nicht von mir.“ Für die Österreichische Exilbibliothek hgg. von Ursula Seeber und Barbara Weidle, Bonn: Weidle Verlag 2010. Mit Beiträgen von Gernot Friedel, Susanne Gföller, Stefan Maurer, Brigitte Mayr, Isabel Mühlfenzl,Michael Omasta, Oliver Rathkolb, Daniel Wolf, Martin Wolf und anderen. ISBN-10: 3938803274/ISBN-13: 978-3938803271
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