Werner Dambitsch (Warner W. Danby),
Musiker, Kaufmann
Geboren am 23. Juni 1913 in Breslau/Wrocław, Deutschland/heute Polen
Gestorben am 13. Dez. 1983 in New York (NY), USA
Werner Dambitsch wurde in eine assimilierte, jüdische Familie in Breslau geboren. Sein Vater war der Kaufmann Felix Dambitsch, seine Mutter Leontine Dambitsch, geb. Meyer. Die Wohnung der Eltern befand sich in Breslau 13, Moritzstraße 35, inmitten des alten jüdischen Viertels der Stadt. Alten Stadtplänen ist zu entnehmen, dass die elterliche Wohnung von vielen Synagogen umgeben war, darunter auch, wenige Straßen entfernt, die berühmte, von Carl Ferdinand Langhans entworfene Synagoge Zum Weißen Storch . Sie war vermutlich die Synagoge der Familie von Werner Dambitsch (und die einzig erhalten gebliebene Synagoge Breslaus, weil sie mitten in einem „arischen Wohnviertel lag. Hier fand 2003 das XI. Else Lasker-Schüler-Forum unter der Schirmherrschaft von Wladyslaw Bartoszewski statt – Anmerkung der Redaktion).
Über die Schulzeit von Werner Dambitsch liegen keine näheren Informationen vor. Bekannt ist nur, dass im Haushalt der Familie Dambitsch über viele Jahre der Medizinstudent Bela Klein lebte, der ihm Geschwister ersetzen sollte und dem er zeitlebens verbunden blieb. 1929-1930 absolvierte Werner Dambitsch im Leinenhaus Bielschowski in Breslau eine Lehre, 1932 war er eine Zeitlang Aushilfsverkäufer im Kaufhaus des Westens in Berlin. Danach arbeitete er im Seidenhandel seines Vaters.
Schon als Kind erhielt Werner Dambitsch Musikunterricht. Seine Eltern bestanden allerdings darauf, dass sich der 19-Jährige 1932 das erste Saxophon durch Arbeit selbst verdiente. Das „Excentric Jazz Orchester“, das er bald darauf mit den befreundeten Musikern Heinz Heilborn, Rudi Moses, Günther Lewinsohn und Arthur Goldmann gründete, durfte im Hause der Eltern üben.
Wahrscheinlich 1933 trat Werner Dambitsch in die Arbeitsgemeinschaft jüdischer Künstler ein. Noch bis 1938 spielte er im „Excentric Jazz Orchester“, das sich auf Geheiß der Nazis dem Reichsverband der Jüdischen Kulturbünde in Deutschland anschließen und in „Erstes Jüdisches Jazz Orchester“ umbenennen musste. Allerdings durfte die Combo nur noch zu bestimmten jüdischen Ereignissen wie Hochzeiten und Bar Mizwas bzw. Bat Mizwas spielen. Das Publikum für die eigenen Konzerte musste die Combo selbst werben, z. B. im Jüdischen Schwimmverein, da öffentliche Werbung dafür bereits von den Nazis untersagt war. Am 17. Aug. 1935 folgte durch den Ausschluss aus der Reichsmusikkammer das endgültige Berufsverbot für Werner Dambitsch.
Im April 1938 löste sich das „Excentric Jazz Orchester“ auf. Während die anderen Mitglieder des Ensembles nach Saigon, Shanghai, Bogota und Buenos Aires flohen, ging Werner Dambitsch über Hamburg, wo seine Eltern ihn am Hafen verabschiedeten, nach Kuba. Zu jener Zeit war ein kubanisches Visum leichter zu erhalten als ein US-amerikanisches. Mit einem in Kuba ausgestellten Visum reiste er dann in die USA ein. Den Kontakt zu seinen Musikerkollegen verlor er leider relativ bald.
Der damals 24-Jährige kam am 28. Apr. 1938 mit dem Passagierschiff SS Washington in New York an (http://www.ancestry.de ). Da er keine Arbeitserlaubnis und somit kein eigenes Einkommen hatte, musste er zunächst von einer wöchentlichen Unterstützung von 8,– Dollar des Joint Distribution Committee leben. Ohne Kenntnisse der englischen Sprache und ohne jegliche finanzielle Mittel ging Werner Dambitsch 1939 nach Cincinnatti (Ohio). Dort traf er seinen „großen Bruder“ Bela Klein wieder, dem bereits vier Jahre zuvor die Emigration in die USA geglückt war. Wie es dem Klischee vom amerikanischen Traum entspricht, begann Dambitsch dort als Tellerwäscher in einem Restaurant – zu der Arbeit hatte ihm wiederum Bela Klein, der sich dort als Arzt niedergelassen hatte, verholfen.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs und dem deutschen Überfall auf Polen am 1. Sept. 1939 veränderte sich die Situation für die in Deutschland verbliebenen jüdischen Bürger erneut schlagartig. Um seine Mutter zu retten (der Vater war im September 1938 in Breslau verstorben), versuchte Werner Dambitsch von den USA aus, Kontakt zu seiner Jugendfreundin Lizzi Barnitski aufzunehmen, der es gelungen war, nach England zu fliehen. Das einzige, was sie tun konnte, um Leontine Dambitsch zu einem britischen Visum zu verhelfen, war, für sie eine Stelle als Dienstmädchen in einem englischen Haushalt zu finden. Doch in den Kriegswirren brach der Kontakt ab. So lebte Leontine Dambitsch bis zu ihrer Deportation 1943 in Breslau und wurde am 23. Jan. 1945, nur vier Tage vor der Befreiung durch die Rote Armee, im KZ Auschwitz ermordet. Zeitlebens hatte Werner Dambitsch starke Schuldgefühle, weil er seiner Mutter nicht mehr hatte helfen können.
1940 meldete sich Werner Dambitsch freiwillig zur Armee, um die US-amerikanische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Er wurde schließlich unter dem Namen Warner W. Danby naturalisiert. Kaum hatte er seine Ausbildung beendet, als Japan am 7. Dez. 1941 die US-amerikanische Kriegsflotte in Pearl Harbor angriff. Sofort wurde er eingezogen. Insgesamt war er fünf Jahre in der US-Army. Zunächst stellte er Musiker für die 32nd Infantry Band, 1st. Division unter der Leitung von Bandmaster Warraat zusammen und spielte auch selbst Saxophon, anschließend wurde er Koch. Als kurze Zeit später unter strengster Geheimhaltung in Baltimore (MD) ein Militärcamp eingerichtet wurde, suchte die Armee Deutsch sprechende Soldaten, um sie für Verhöre feindlicher Gefangener auszubilden. Werner Dambitsch ließ sich sofort dorthin abkommandieren. Auch später berühmte Amerikaner deutsch-jüdischer Herkunft wie der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger und der Literaturwissenschaftler Guy Stern gehörten zu dieser Spezialeinheit der militärischen Spionageabwehr, dem Counter Intelligence Corps. Es hatte die Aufgabe, im besetzten Deutschland nach ehemaligen Nazi-Größen zu suchen. In Baltimore lernte Dambitsch auch seine spätere Ehefrau kennen. Das Paar heiratete 1944.
1945 kam Werner Dambitsch mit der US-Armee nach Deutschland, um bis zum Herbst des Jahres Nazis zu verhören. Als er im Zuge des so genannten Wiedergutmachungsverfahrens Mitte der 50er Jahre Deutschland noch einmal besuchte, um nach dem Schicksal seiner Mutter zu forschen, erfuhr er, was ihr widerfahren war. Seine Witwe Karin R. Danby erinnert sich: „Da kam es zu einem Zusammentreffen mit irgendwie sehr unfreundlichen deutschen Beamten. Da hat Warner gesagt: Sie sollen sich nicht so benehmen, denn Sie haben meine Mutter getötet. Und da ist der Mann aufgestanden, hat mit der Faust auf den Tisch geschlagen und gesagt: Wir haben Ihre Mutter nicht getötet, die Nationalsozialisten haben das getan. Und das war das Ende von dem Treffen.“ (SDD DambitschW) Schreckliche Gewissheit über das wirkliche Schicksal seiner Mutter brachte jedoch erst ein späterer Besuch bei Lizzi Barnitzki in England.
Ende 1945 war der Dienst in der US-Army beendet. Dambitsch nahm seinen Musikberuf nicht wieder auf. Er wurde Unternehmer und gründete eine Firma, The Warner Danby Corporation, die sich auf den Export von Traktoren spezialisierte. Sein Saxophon stiftete Karin R. Danby nach dem Tod ihres Mannes einer jüdischen Organisation in New York, die junge Musiker ausbildet.
Autor:
David Dambitsch (Neffe von Werner Dambitsch)
Hauptquellen:
SDD DambitschW (Universität Hamburg, LexM)
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