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Fraenkel, Ernst

H.A.M. 0
Ernst Fraenkel
Politikwissenschaftler

Geb. am 26.12.1898 in Köln
Gest. am 28.03.1975 in Berlin

Ernst Fraenkel (1898-1975) ist einer der bedeutendsten Politikwissenschaftler der Nachkriegszeit und zugleich einer der Begründer dieser Disziplin in der Bundesrepublik Deutschland. Mit den seit kurzem vorliegenden „Gesammelten Schriften“ (bislang Bd. 1-4) wird Fraenkels wissenschaftliches Werk in seiner gesamten juristischen, staatsrechtlichen und politikwissenschaftlichen Bandbreite zugänglich. Zugleich wird dadurch der Wandel des Autors vom Sozialisten zum Verfechter und führenden Theoretiker der neopluralistischen Demokratie in Deutschland detailliert nachvollziehbar.

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Als junger Mann hatte Ernst Fraenkel am Ersten Weltkrieg teilgenommen und war schwer verwundet worden. Nach Abschluss seines Studiums ließ sich Fraenkel als Rechtsanwalt in Berlin nieder. In der Weimarer Republik analysierte er – eingebunden in die Arbeiterbewegung – die Strukturmerkmale und -defizite der Republik. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten vertrat er juristisch; trotz des Risikos für die eigene Person, politisch und rassisch Verfolgte. Zugleich untersuchte er theoretisch den Wesenscharakter der nationalsozialistischen Herrschaft. Diese Analyse – eine der scharfsichtigsten zum Maitonalsozialismus überhaupt – konnte erst im amerikanischen Exil unter dem Titel „Dual State“ veröffentlicht werden. Fraenkel hatte als Jude und politischer Gegner der Nationalsozialisten Deutschland schließlich im Jahre 1938 verlassen müssen. Nachdem er in den USA noch einmal eine juristische Qualifikation erworben hatte, betätigte er sich für die Regierung und entwickelte Vorschläge zur Demokratisierung Deutschlands. Als Berater der US-amerikanischen Regierung ging Fraenkel mit seiner Frau Hanna Anfang 1946 nach Korea, um hier beim Aufbau der Demokratie mitzuwirken. Diese Bemühungen wurden durch den Korea-Krieg hinfällig. Anfang der 50er Jahre unternahm Fraenkel den Schritt, vor dem er lange gezögert hatte: er ging wieder nach Deutschland zurück. Hier lehrte er als Professor an der wiederbegründeten Deutschen Hochschule für Politik, später am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, und er wurde der erste Direktor des von ihm begründeten John-F.-Kennedy-Instituts für Amerikastudien. Auf diesem Weg wurde er sowohl Zeitzeuge als auch kritischer Beobachter der Entwicklung der Bundesrepublik von der Ära Adenauer bis hin zur Studentenrevolte und zur sozialliberalen Koalition.

Die Verzahnung von Leben und Werk, beruhend auf der Emigrationserfahrung und der zuvor erlittenen Traumatisierung durch die Verfolgung, ist in seiner 2009 bei Campus erschienen Biographie „Ernst Fraenkel – ein politisches Leben“ in ihren Verästelungen systematisch herausgearbeitet worden. Die Persönlichkeit Fraenkels war mit ihren Werten und Einstellungen geprägt von der deutschen Kultur. Inwieweit hier auch die jüdische Religion und Kultur eine spezifische Wirkung ausübte, wird in den Recherchen für die Biographie noch zu klären sein. Insgesamt soll herausgearbeitet werden, welche Einstellungen und Haltungen sich in den verschiedenen Lebens- und Schaffensphasen widerspiegeln, wo es Kontinuitäten und wo es Brüche gegeben hat.

Fraenkels Leben bietet viele Facetten: mit der Wirkung seiner Arbeiten wurde er selbst eine Person der Zeitgeschichte, wobei diese wiederum tiefe Einschnitte in seinem Leben hinterlassen hat. Die Analyse dieser Zusammenhänge stellt einen um das Politische erweiterten Ansatz einer Biographie dar, denn unmittelbare Lebenserfahrungen schlugen sich in den theoretischen Arbeiten nieder. Beruhend auf genauer Kenntnis des Werkes sollte es gelingen, die Einmaligkeit von Leben und Werk im Zusammenhang zu erfassen und zu veranschaulichen.

Das zweijährige Projekt wurde 2002 durch die Fritz Thyssen Stiftung finanziert. Die Projektleitung lag bei Prof. Dr. Gerhard Göhler, Berlin, und Prof. Dr. Hubertus Buchstein, Greifswald. Bearbeiterin ist Dr. Simone Ladwig-Winters am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin.

Literatur:
Dr. Simone Ladwig-Winters: „Ernst Fraenkel – ein politisches Leben“. Verlag Campus, 2009.

Autorin:
Dr. Simone Ladwig-Winters

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