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Garcia Lorca, Federico

H.A.M. 0

Federico Garcia Lorca
Schriftsteller


Geb. 5.6.1898 Fuente Vaqueros/ Spanien
Gest. 19.8.1936 b. Granada/ Spanien


„Von allen Lebewesen, denen ich begegnet bin, steht Federico für mich am höchsten. Ich spreche nicht von seinen Stücken und seinen Gedichten, ich spreche von ihm. Er selbst war das Meisterwerk. Es fällt mir schwer, mir jemanden vorzustellen, der ihm vergleichbar wäre. Ob er sich ans Klavier setzte, um Chopin zu imitieren, ob er eine Pantomime improvisierte oder eine kurze Theater-szene, er war immer unwiderstehlich. Was er auch vorlas, immer kam Schönheit über seine Lippen. Er besaß Leidenschaft, Lebenslust, Jugend. Er war wie eine Flamme.“

(Luis Buñuel: „Mein letzter Seufzer“)


Der älteste Sohn eines Gutsbesitzers und einer hochgebildeten Lehrerin wächst in einer politischliberal denkenden Familie in Fuente Vaqueros bei Granada, auf. Landschaft und Menschen Andalusiens sollen sein späteres Schaffen entscheidend prägen.

Lorcas frühes Interesse für Musik – speziell das Klavier -, aber
auch seine Liebe zum Theater, werden vor allem von seiner
Mutter frühzeitig erkannt und gefördert, doch auf ausdrück-lichen Wunsch seines Vaters studiert er ab 1919 Jura an der Universität in Madrid. Im 1910 eröffneten Madrider Studenten-wohnheim Residencia de Estudiantes trifft die spätere sogenannte »Generation von 1927« zusammen (u.a. Jorge Guillén, Pedro Salinas, Rafael Alberti, Vicente Alexandre, Luis Cernuda). Neben Luis Buñuel lernt Garcia Lorca hier den erst 18 Jahre alten Maler Salvador Dalí kennen, mit dem ihn eine enge Freundschaft verbinden wird. Die Beziehung zwischen den beiden Künstlern bleibt bis zu Dalis Umzug nach Paris bestehen. Mit mehreren seiner Bilder hat Salvador Dali dem Freund ein Denkmal gesetzt.


Die Uraufführung von Garcia Lorcas erstem Bühnenwerk „El maleficio de la mariposa“ („Der Fluch des Schmetterlings“) wird 1920 ein Mißerfolg bei Publikum und Kritik. 1921 veröffentlicht er mit „Libro de poemas („Gedichtbuch“)“ eine Sammlung von 70 Gedichten aus der Zeit von 1918-1920. In diese Zeit fällt auch sein Zusammentreffen mit dem seit 1920 in Granada lebenden Komponisten Manuel de Falla. Beide – der zu dieser Zeit schon berühmte 48jährige de Falla, und der junge Garcia Lorca -, organisieren im Juni 1922 gemeinsam das ‚Cante Jondo‘, ein Fest des „echten“ Flamenco, mit dem sie dieser im Volke fest verwurzelten traditionellen, unter „ernsthaften“ Musikern jedoch verpönten, Musik huldigen. Lorca schreibt eine Reihe von Gedichten, die vom ‚Cante Jondo‘ inspiriert sind, zum Festival erscheinen sollen (aber erst 1931 in Buchform veröffentlicht werden) und arbeitet an seiner „Farce für das Kasperletheater“, dem Puppenspiel Tragicomedia de Don Cristóbal (Tragikomödie von Don Cristóbal und Doña Rosita). Die Orchesterfassung wird zum ersten Mal am 21. März 1923 in Sevilla gespielt, die Premiere folgt am 25. Juni 1923 in Winnarettas Salon in Paris.


1927 wird Mariana Pineda erfolgreich uraufgeführt, 1928 veröf-
fentlicht Garcia Lorca seine „Zigeunerromanzen“- in die er auch und vor allem Eindrücke und Begegnungen aus seiner Jugendzeit in Andalusien hat einfliessen lassen -, mit durchschlagendem Erfolg und setzt seine Arbeiten an der „Oda al Santísimo Sacramento del Altar“ („Ode auf das allerheiligste Altarsakrament“) fort.

1929 reist Federico Garcia Lorca nach New York, wo er für neun Monate lebt und schreibt. Offiziell eingeschrieben als Englisch-Student an der Columbia-University. In dieser Zeit entsteht sein Gedichtzyklus „Poeta en Nueva York“ („Dichter in New York“), der 1940 veröffentlicht wird. Im März des darauffolgenden Jahres reist Lorca nach Kuba, ein Land, das ihn seit seiner Kindheit fasziniert hat. In dieser Zeit hält er mehrere Vorträge, die in den Zeitungen Havannas veröffentlicht werden und den Besuch des Dichters zu einem bedeutenden kulturellen Ereignis machen. Sein Stück „Das Publikum“ entsteht während dieses Kuba-Aufenthaltes.

Im Juli 1930 kehrt Lorca nach Spanien zurück und erlebt im Dezember die Uraufführung seines Stückes „Die wundersame Schustersfrau“ im Teatro Español in Madrid.


Die Proklamation der Spanischen Republik 1931 bringt Lorca, der – obgleich parteilos und einer sexuellen Minderheit zugehörig -, Freunde bis in die Führungsspitzen der Republikanischen und linker Parteien hat, neue Aufgaben. Da die spanische Bevölkerung jener Zeit zu einem Drittel aus Analphabeten besteht, sieht die Regierung in der Bildung eine ihrer vorrangigsten Aufgaben und findet bei Intellektuellen wie Garcia Lorca dafür ein reges Interesse. Gemeinsam mit Studenten der Madrider Universität gründet der Schriftsteller mit „La Barraca“ ein Wandertheater, das Bildung und Unterhaltung verbinden soll und eröffnet im August 1931 in seiner Heimatstadt eine Bibliothek.

In dieser Zeit entstehen mehrere vielbeachtete Stücke, darunter die lyrische Tragödie „Bluthochzeit“, deren Premiere 1933 mit Margarita Xirgú in der Hauptrolle, Lorcas erster Kassenerfolg wird.
Im selben Jahr wird „Amor de Don Perlimplín con Belisa en su jardín“ („In seinem Garten liebt Don Perlimplin Belisa“) in Madrid uraufgeführt, 1934 folgt die Uraufführung von „Yerma“ in Madrid. 1935
entstehen „Llanto por Ignacio Sánchez Mejías“ („Klage um Ignacio Sánchez Mejías“) sowie die „Sonetos del amor oscuro“ „Sonette der dunklen Liebe“) und „Seis poemas galegos“ („Sechs galicische Gedichte“). „Doña Rosita la soltera“ („Doña Rosita oder die Sprache der Blumen“) wird im selben Jahr im Principal Palace in Barcelona erfolgreich uraufgeführt. 1936 beendet Federico Garcia Lorca die Arbeiten an „La casa de Bernarda Alba“ („Bernarda Albas Haus“).


Im Februar 1936 erringt die Volksfront einen knappen Wahlsieg Die Niederlage der Rechten führt zu immer härteren Ausschrei-tungen und Gewalttaten gegen die Anhänger der Republik und mündet schließlich im Bürgerkrieg.

Einen Monat später besucht Lorca trotz der Warnung zahl-reicher Freunde, sich nicht in das Einflußgebiet der faschist-ischen Falange zu begeben, seine Eltern in ihrem Landhaus in Granada. Als er in dem Haus seines Dichter-freundes Luis Rosales Camancho in Granada Schutz vor den Aufständischen sucht, wird er verhaftet und von Gefolgsleuten des faschis-tischen Generals Franco am 19. August erschossen. Seine Bücher werden öffentlich verbrannt und bald darauf verboten.

Federico Garcia Lorca wird, weit über die Grenzen Spaniens hinaus, zur Symbolfigur des vom Faschismus niedergetretenen freies Geistes.


Casida der dunklen Tauben
(Casida de las palomas oscuras)

Durch die Äste des Lorbeers hindurch
sah ich zwei dunkle Tauben.
Die eine war die Sonne,
die andere der Mond.
Kleine Nachbarn, sagte ich zu ihnen,
wo ist mein Grab?
In meinem Schwanz, sagte die Sonne.
In meiner Kehle, sagte der Mond.
Und ich, der ich bis zum Gürtel
in der Erde ging,
sah zwei Adler aus Marmor
und ein nacktes Mädchen.
Der eine war der andere,
und das Mädchen war keines.
Kleine Adler, sagte ich zu ihnen:
wo ist mein Grab?
In meinem Schwanz, sagte die Sonne.
In meiner Kehle, sagte der Mond.
Durch die Äste des Lorbeers hindurch
sah ich zwei nackte Tauben.
Die eine war die andere,
und beide waren keine.


Gacela des toten Kindes
(Gacela del niño muerto)

In Granada stirbt jeden Nachmittag,
stirbt jeden Nachmittag ein Kind.
Jeden Nachmittag setzt sich das Wasser
und redet mit seinen Freunden.

Die Toten haben moosige Flügel.
Der bewölkte Wind und der reine Wind
sind zwei Fasane, die an den Türmen vorbeifliegen,
der Tag ist ein Junge mit einer Wunde.

In der Luft war nicht einmal mehr die Spur einer Lerche,
als ich dich im Weingewölbe traf.
Auf der Erde verblieb nicht einmal eine Krume Wolke,
als du im Flusse ertrankst.

Ein Riese aus Wasser fiel auf die Berge,
und das Tal umgab sich mit Hunden und Lilien.
Im violetten Schatten meiner Hände war dein Körper,
tot am Ufer, ein Erzengel der Kälte.

(Federico Garcia Lorca)

Diese Gedichte stammen aus der Sammlung Diván del Tamarit von 1936. Copyright © der Übersetzung Johan-nes Beilharz 2000 weitere Gedichte bei:
http://www.litlinks.it/gx/garcialorca.htm


Bildnachweis:

1. Geburtshaus in Fuente Vaqueros/ Spanien
2. Federico Garcia Lorca im Alter von zwölf Jahren
3. Federico Garcia Lorca mit Salvador Dalí
4. Federico Garcia Lorca mit Luis Buñuel
5. Federico Garcia Lorca vor der Columbia University/ NY
6. Autograph von Federico Garcia Lorca
7. Federico Garcia Lorca mit Margarita Xirgú
8. Federico Garcia Lorca am Klavier (1935)
9. bis 12. Sierra Nevada

Entnommen aus:
José Luis Cano: Garcia Lorca, Biografia ilustrada
Editiones Destino, Barcelona/ Spanien, mayo 1962


Literatur/ Bibliografía:

Federico Garcia Lorca in neuen Übersetzungen:

Das Publikum. Komödie ohne Titel.
Zwei Stücke aus dem Nachlaß.
Deutsch von Rudolf Wittkopf.
Mit einem Nachwort von Martin von Koppenfels.
(El público. Comedia sin título).
Suhrkamp Verlag 1998.
ISBN 3-518-37707-8

Diwan des Tamarit / Diván del Tamarit. Sonette der
dunklen Liebe / Sonetos del amor oscuro. Gedichte.
Spanisch und deutsch. Übertragungen von Rudolf Wittkopf
und Lothar Klünner.
Suhrkamp Verlag 1990.
ISBN 3-518-22047-0

Impressionen und Landschaften
Aus dem Spanischen von Martin von Koppenfels,
Peter Kultzen und Susanne Lange.
(Impresiones y Paisajes)
Mit einem Nachwort von Martin von Koppenfels.
Mit einem Frontispiz.
Insel Verlag 1998.
ISBN 3-458-16923-7

Bernarda Albas Haus.
Tragödie von den Frauen in den Dörfern Spaniens.
Aus dem Spanischen von Hans Magnus Enzensberger.
(La casa de Bernarda Alba)
Suhrkamp Verlag 1999.
ISBN 3-518-41019-9

Bluthochzeit.
Tragödie in drei Akten und sieben Bildern.
Aus dem Spanischen von Rudolf Wittkopf.
(Bodas de sangre)
Suhrkamp Verlag 1999.
ISBN 3-518-41020-2

Dichter in New York / Poeta en Nueva York.
Gedichte. Spanisch und deutsch.
Übertragung und Nachwort von Martin von Koppenfels.
Suhrkamp Verlag 2000.
ISBN 3.518-41167-5

Doña Rosita oder Die Sprache der Blumen.
(Doña Rosita la soltera o El lenguaje de las flores)
Aus dem Spanischen von Thomas Brovot.
Suhrkamp Verlag 2001.
ISBN 3-518-41211-6

Yerma. (Yerma).
Suhrkamp Verlag 2001.
ISBN 3-518-41210-8

Zigeunerromanzen / Primer romancero gitano.
Gedichte. Spanisch und deutsch.
Übertragung und Nachwort von Martin von Koppenfels.
Suhrkamp Verlag 2002.
ISBN 3-518-22356-9

Mariana Pineda / Sobald fünf Jahre vergehen.
(Mariana Pineda / Así que pasen cinco años)
Zwei Theaterstücke.
Aus dem Spanischen von Susanne Lange und Thomas Brovot.
Suhrkamp Verlag 2002.
ISBN 3-518-41344-9

Über Federico García Lorca:
Gibson, Ian: Federico García Lorca. Eine Biographie.
Aus dem Englischen von Bernhard Straub.
Mit zahlreichen Abbildungen.
Suhrkamp Verlag 1994.
ISBN 3-518-38786-3
(als st 3089, 1999: ISBN 3-518-39589-0)


Links (deutsch):

http://www.litlinks.it/gx/garcialorca.htm

http://www.theater-schauspiel-oper.de/lorca.html


International:

http://home.tiscali.be/ericlaermans/cultural/
fglorca.html

 

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