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Augspurg, Anita

H.A.M. 0
Anita Augspurg
Juristin, Frauenrechtlerin und Pazifistin
Geb. 22.09. 1857 in Verden (Aller)
Gest. 20.12. 1943 in Zürich/ Schweiz

Die Tochter eines Obergerichtsanwalts aus der Provinz Hannover studiert ebenfalls Jura. Allerdings nicht in Deutschland, wo Frauen bis ins beginnende 20. Jahrhundert keinen  gleichberechtigten Zugang zu einer Universität haben, sondern erst viel später, während ihres Aufenthaltes in der Schweiz. Bis zur Volljährigkeit arbeitet  sie  in der Kanzlei ihres Vaters mit, absolviert in Berlin dann eine Ausbildung für das Lehramt an höheren Mädchenschulen und nimmt parallel Schauspielunterricht. Von 1881 bis 1882 gehört die Elevin dem Meininger Hoftheater an und geht mit dem Ensemble auf Gastspielreisen.

Nach einer fünfjährigen Tätigkeit als Schauspielerin übersiedelt Anita Augspurg mit ihrer Freundin Sophia Goudstikker nach München und eröffnet dort 1887 mit dem gemeinsamen Fotostudio das ‚Hofatelier Elvira‘, zu dessen Kundenstamm schließlich sogar die bayerische Königsfamilie gehört

Augsburgs Engagement in der Frauenbewegung beginnt um 1891 mit ersten Auftritten als öffentliche Rednerin. Nicht zuletzt dieser Einsatz ist es, der sie dann schließlich motiviert, ein Jurastudium aufzunehmen. Da dies im Deutschen Reich jener Zeit für Frauen noch nicht möglich ist, übersiedelt sie ins schweizerische Zürich, wo Anita Augsburg neben Rosa Luxemburg zu den Mitbegründerinnen des ‚Internationalen Studentinnenvereins‘ zählt. Sie promoviert und  engagiert sich für die Rechte der Frau im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemeinsam mit ihren politischen Freundinnen Minna Cauer und Marie Raschke bringt sie Petitionen zum neuen Ehe- und Familienrecht ein und verfasst 1905 einen “Offenen Brief“, in dem sie wegen des damals geltenden patriarchalen Eherechts zur Eingehung ‚freier Ehen‘ unter Verweigerung der staatlichen Eheschließung aufruft – was als Aufruf zum ‚Eheboykott‘ gedeutet wird und einen Sturm der Entrüstung auslöst.

Gemeinsam mit Lida Gustava Heymann engagiert sich Augspurg im Vorstand des ‚Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine‘, gründet mit ihrer Lebensgefährtin 1902 in Hamburg den ‚Deutschen Verein für Frauenstimmrecht‘, 1907 den ‚Bayerischen Landesverein für Frauenstimmrecht‘, gibt die ‚Zeitschrift für Frauenstimmrecht heraus‘ und ab 1919 ‚Die Frau im Staat‘, in der sowohl feministische wie radikaldemokratische und pazifistische Positionen zu Wort kommen.

Während des Ersten Weltkrieges nehmen Augspurg und Heymann an internationalen Frauen-Friedenskonferenzen teil und laden zu illegalen Versammlungen in ihre  Münchner Wohnung ein. Beide gehören zu den Gründerinnen der ‚Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit‘ (IFFF), deren Vizepräsidentin Anita Augspurg später auch wird. Aufgrund der gemeinsamen pazifistischen Überzeugung bietet sich die Zusammenarbeit mit den inzwischen von der SPD getrennten ‚Unabhängigen Sozialdemokraten‘ (USPD) an, wobei die früheren Differenzen mit den sozialistischen Frauen um Clara Zetkin an Bedeutung verlieren. Anita Augspurg kooperiert mit Kurt Eisner und wird nach der Proklamation der Bayerischen Republik 1918 in München Mitglied des provisorischen bayerischen Parlaments. Bei den bald folgenden Wahlen erlangt die Kandidatin der USPD allerdings kein Mandat.

Mit der Machtübernahme der NSDAP 1933 und den damit zu befürchtenden Repressalien kehrt Anita Augspurg von einer Winterreise nicht mehr nach Deutschland zurück. Ihre Befürchtungen sind nicht unbegründet, da sie bereits 1923 gemeinsam mit Heymann persönlich beim bayerischen Innenminister die Ausweisung des Österreichers Adolf Hitler wegen Volksverhetzung beantragt hat. Nun wird ihr Besitz von den Nazis beschlagnahmt, alle Aufzeichnungen und Besitztümer gehen verloren. Fortan lebt sie gemeinsam mit Heymann, finanziell unterstützt durch Freunde, im Schweizer Exil und stirbt dort wenige Monate nach ihrer Lebensgefährtin, neben deren Grabstätte sie dann auch auf dem Friedhof Fluntern in Zürich beigesetzt wird.

Seit 1994 verleiht die Stadt München jährlich den ‚Anita-Augspurg-Preis zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen‘.

Quelle:

Links (deutsch):

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