Margarete Buber-Neumann
Publizistin
Geb. 21.10.1901 in Potsdam
Gest. 6.11.1989 in Frankfurt/M.
Sie war Kommunistin. „Stationen eines Irrwegs“ lautete der Titel ihrer lesenswerten Autobiografie. Ihren politischen Irrtum hat sie spätestens dann eingesehen, als ihr Mann Heinz Neumann von den eigenen Genossen verraten und in Moskau 1937 getötet wurde. Neumann war Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Deutschlands und Reichstagsabgeordneter. Mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Margarete erlebte er 1933 in Spanien als Zeitzeuge den Ausbruch des Bürgerkriegs zwischen den „Roten“ und den Franco-Faschisten. Beide flüchteten über die Schweiz 1935 in die scheinbar sichere Sowjetunion…
Margarete lebte als Kind und Teenager in „gutbürgerlichen Verhältnissen“. Ihr Vater war der Potsdamer Brauereidirektor Heinrich Thüring; ihre älteste Schwester Babette war beruflich und privat auf einem ähnlichen Lebensweg.
Durch die Wandervogelbewegung kam Margarete mit sozialistischem Gedankengut in Berührung und trat kurz vor der damals geltenden Volljährigkeitsregelung (man musste 21 Jahre alt sein) dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) und 1926 der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. Sie hatte sich nach dem Abi zur Kindergärtnerin ausbilden lassen und 1922 Rafael Buber geheiratet, Sohn des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber. Die Ehe hielt nur etwa drei Jahre und wurde 1929 geschieden. Aus der Verbindung stammen die Töchter Barbara und Judith Buber.
Sie wurde 1928 bei der Internationalen Pressekonferenz der Kommunistischen Internationalen Inprekorr angestellt. Dort begann ihre Beziehung mit Heinz Neumann.
Nach den eingangs geschilderten „Umwegen“ über Spanien und die Schweiz strandete das Ehepaar 1935 in der sowjetischen Hauptstadt. In Moskau wurde Heinz Neumann 1937 verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Sie wurde in Sippenhaft genommen und als „sozial gefährliches Element“ 1938 zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt. Zwei Jahre davon verbrachte sie in einem Straflager bei Karaganda in Kasachstan. Nach dem so genannten Hitler-Stalin-Pakt wurde die Kommunistin 1940 an die Nazis nach Deutschland ausgeliefert. Erneut erhielt sie eine „Strafe“ von fünf Jahren, die sie im KZ Ravensbrück erdulden mußte.
In diesem Konzentrationslager lernte sie die tschechische Journalistin und Widerstands-kämpferin Milena Jesenská kennen, die Freundin von Franz Kafka. Diese Bekanntschaft war Grundlage eines Buchs über die Leidensgenossin.
Ironie der Geschichte: Margarete Buber-Neumann, Opfer der eigenen Genossen und später der Nationalsozialisten, wurde zwischen Oktober 1942 und Frühjahr 1943 persönliche Sekretärin der SS-Oberaufseherin Johanna Langefeld. Nach der Befreiung am 21. April 1945 wurde sie aus dem KZ entlassen. Danach arbeitete Margarete Buber-Neumann als Publizistin. Ihre Themen kannte sie aus eigenem schlimmen Erleben: Diktaturen und Unmenschlichkeit.
1949 erschien ihr Erlebnisbericht »Als Gefangene bei Stalin und Hitler«. Im selben Jahr noch trat sie vor den Augen der Weltöffentlichkeit im so genannten Krawtschenko-Prozess in Paris auf. Als Zeugin schilderte sie ihre Auslieferung durch den sowjetischen Geheimdienst an die Gestapo. Ihre Zeugenaussage brachten ihr Aufmerksamkeit und Anerkennung, aber einmal mehr auch Kritik unbelehrbarer Linker und Hohn von den Rechten.
Wie Hannah Arendt war auch Margarete Buber-Neumann lange Zeit von ihren ehemaligen Genossinnen und Genossen als Rechte stigmatisiert worden. In Zeiten des Kalten Krieges wollte die deutsche Linke ihren antifaschistischen Kurs mit der Sowjetunion nicht gefährden. Auch in den 60er Jahren hatte die »Neue Linke« nur Häme und Spott für die ehemalige Parteifreundin übrig. Denn die sie hatte sich längst zur Demokratin gewandelt.
Veröffentlichungen:
- Als Gefangene bei Stalin und Hitler: eine Welt im Dunkel. Ullstein, München 2002 [1. Aufl. 1949], ISBN 3-548-36332-6;
- Die erloschene Flamme: Schicksale meiner Zeit. Ullstein, Berlin, Frankfurt am Main 1989 [1. Aufl. 1976], ISBN 3-548-33107-6;
- Milena, Kafkas Freundin. Langen Müller, München 2000 [1. Aufl. 1963], ISBN 3-7844-1680-2;
- Von Potsdam nach Moskau: Stationen eines Irrweges. Ullstein, München 2002 [1. Aufl. ;1957], ISBN 3-548-36355-5;
- Kriegsschauplätze der Weltrevolution. Ein Bericht aus der Praxis der Komintern 1919–1943. Seewald, Stuttgart 1967
Quelle:
Wikipedia
Autor:
Hajo Jahn
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