Harald Gerlach
Schriftsteller
Geb. 7.3.1940 in Bunzlau/ Niederschl. (heute: Polen)
Gest. 19.6.2001 in Leimen
Labyrinth
„Ein Irrtum zu glauben, wir
in den Irrgängen Behausten
eilten verzweifelt von Grenze
zu Grenze. Man weiß doch:
der Minotaurus! Das reicht.
Wir haben uns abgefunden.
Und für Zweifler gibt es
die Rauchwölkchen, abends,
wenn der Himmel klar und
die Sicht erfolgversprechend ist,
aus seinen Nüstern.
Nur tief in der Nacht, in den
finstersten Träumen bewegt
uns die Frage, täglich verdrängt,
wer es denn jemals gesehn hat,
das Ungeheuer, von dem es heißt,
es würde Feuer schnauben und
uns bewachen.
Aber der Rauch“
(Harald Gerlach)
1945 Aussiedlung: Wohnsitz in Südthüringen; 1958 Abitur in Meiningen; Wehrdienstverweigerung. Steinbrucharbeiter;
1960 illegale Ausreise aus der DDR; Wanderung durch Italien, Frankreich, Schweiz; 1961 Rückkehr nach Thüringen; Kiesgru-
benarbeiter, Totengräber, Bühnentechniker, Theatermeister; 1970-83 Hausautor am Erfurter Theater; seither freiberuflich;
seit 1992 wohnhaft in Leimen (Baden), wo er im Juni 2001 an den Folgen eines Hirntumors stirbt.
Harald Gerlach war Teilnehmer des VI.Else-Lasker-Schüler-Forums „Zu Hause im Exil – Dichter, die eigenmächtig blieben in der DDR”, 1998 in Wuppertal. Jürgen Serke schrieb in seinem gleichnamigen Buch, das dem Forum den Titel gegeben hatte: „Seine Worte kommen von her und träumen sich an den verborgenenen Daseinsgrund heran.
‚Die Toten haben den längsten Atmen’, wußte er schon früh, und er setzte auf sie, gab ihnen sein Wort. Der Atem seiner Toten , den Dichtern Johann Christian Günther und Jakob Böhme, den Mystikern Quirinius Kuhlmann, Hans Hut und Jakob Böhme, trug Harald Gerlach durch die DDR. Mit ihrem Pneuma widerstand er ideologischer Verführ- und Verfügbarkeit.“ In einem Nachruf des Magazins „Der Spiegel” heißt es: „Er war einer der Stillen im Lande. Doch ein unbeirrbarer Eigensinn zeichnete ihn aus. Schon der Titel seiner Lyriksammlungen (Wüstungen, Mauerstücke) und seiner Prosabände (Vermutungen um einen Landstreicher) lassen erkennen, daß seine literarische Welt die der Käuze und Gestrandeten war.” Seinen letzten Roman konnte der kranke Gerlach noch vollenden – postum erscheint „Blues Terrano” im Aufbau Verlag, der auch die meisten seiner Bücher verlegt hat.
Bibliographie:
‘Poesiealbum 56’. Berlin: Verlag Neues Leben, 1972;
‘Sprung ins Hafermeer’. Gedichte. Nachbemerkung von Wulf Kirsten, Berlin: Aufbau, 1973;
‘Das Graupenhaus’. Nachbemerk. v. W. Kirsten, Graphiken v. Alfred T. Mörstedt. Berlin. Aufbau, 1979;
‘Vermutungen um einen Landstreicher’. Geschichten. Graphiken v. A. T. Mörstedt. Berlin, Aufbau, 1978;
‘Mauerstücke’. Gedichte. Berlin: Aufbau, 1979; ‘Spiele’. Berlin: Aufbau, 1983;
‘Nachricht aus Grimmelshausen’. Gedichte. Berlin: Aufbau, 1984; ‘Gehversuche’. Roman. Berlin: Aufbau, 1985;
‘Jungfernhaut’. Novelle. Berlin: Aufbau, 1987;
‘Abschied von Arkadien’. Novelle. Berlin: Aufbau, 1988; ‘Wüstungen’. Gedichte. Berlin: Aufbau, 1989;
‘Neue Spiele. Folgen der Lust’. Berlin: Aufbau, 1990;
‘Einschüsse. Aufbrüche. Blätter zu sechs Monaten deutscher Geschichte’. Illustrationen von A. T. Mörstedt. Einm. Aufl. v. 230 Exemplaren. Rudolfstadt: Burgart Presse, 1992;
‘Ecce Homo’. Gedichte. Illustrationen v. Michael Morgner. Einm. Aufl. v. 100 Exemplaren. Rudolfstadt: Burgart Presse, 1994;
‘Windstimmen’. Roman. Berlin: Aufbau, 1998; ‘nirgends und zu keiner stunde’. Gedichte. Berlin: Aufbau, 1998.
Links (deutsch):
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