H. Henry Gowa (eigtl. Hermann Gowa)
Maler, Bühnenbildner
Geb. 25.5. 1902 in Hamburg
Gest. 23. 5.1990 in München
„Aller Ursprung dieses malerischen Werkes liegt in der Persönlichkeit Gowas. Eine Persönlichkeit, die offenen Herzens allem Menschlichen aufgeschlossen ist. Ein Künstler, der ein unermüdlicher Arbeiter ist: gewissenhaft, rein, voller schöpferischer Ideale.“
(Frans Masereel)
Nach dem Studium in München profiliert er sich bald als Bühnenbildner in München, Leipzig und Frankfurt. Hier präsentiert auch 1931 der progressive Galerist Ludwig Schames Gowas Bilder und Bühnenbildentwürfe erstmals in einer Einzelausstellung.
Nach der Machtergreifung der Nazis emigriert Gowa nach Frankreich, wo er nach Kriegsausbruch interniert wird. Gowa, der enge Kontakte zur Résistance unterhält, entgeht der Deportation versteckt in einem südfranzösischen Bergdorf. In der Nachkriegszeit zu einem wichtigen Vermittler im deutsch-französischen Kulturaustausch. Bereits 1946 kehrt er nach Deutschland zurück und engagiert er sich als Pädagoge für die kulturelle Selbsterneuerung: „Wir wollen nicht nur Künstler ausbilden, sondern Weltbürger erziehen“ lautet das Credo des Kunstpädagogen, der die Saarbrücker Kunsthochschule und später die Offenbacher Werkkunstschule (heute Hochschule für Gestaltung) leitet.
Der Künstler Gowa, der zunächst glühender Bewunderer Cézannes ist, wird im französischen Exil durch die Protagonisten der Avantgarde in Frankreich nachhaltig geprägt. Die Begegnungen mit Bonnard, Chagall, Matisse und Picasso beeinflussen sichtlich seine Malerei. Nach dem Krieg sucht er verstärkt nach universelleren Ausdrucksformen, es entstehen abstrakte Kompositionen im Spannungsfeld zwischen explosiver Dynamik und ausgeglichener Harmonie.
Nach seinem Tod 1990 wurde der größte Teil des Nachlasses auf dem Dachboden des Rathauses in Oberschleißheim eingelagert, wo Gowa seine letzten Lebensjahre verbrachte. Nachdem dieses Provisorium auf Dauer untragbar wurde, ist der über 1.200 Werke umfassende künstlerische Nachlass Gowas gemeinsam mit zahlreichen Dokumenten und weiterem biografischen Material jetzt als Dauerleihgabe an das Jüdische Museum Frankfurt.
Das dortige Ludwig Meidner-Archiv betreut mittlerweile die Nachlässe mehrerer jüdischer Exilkünstler, darunter das Künstlerehepaar Else und Ludwig Meidner.
Tabellarischer Lebenslauf
Sein Vater ist Kompagnon einer Papiergroßhandlung; noch als Gymnasiast Gründung einer Theatergruppe, bei der er Regie führt und Bühnenbilder entwirft.
1922: Studium der Philosophie, Literatur, Theatergeschichte und Kunstgeschichte (bei Wölfflin) in München, Kunststudium bei Hans Hofmann und an der Knirr-Schule; starke künstlerische Einflüsse durch das Vorbild Cézanne.
1924 Deutschlands jüngster Bühnenbildner mit seinem Entwurf für König Lear am Stadttheater von Halberstadt
1925-28: Technischer Direktor und Bühnenbildner an der Bayerischen Landesbühne und Ausstatter des Bayerischen Landestheaters in München.
1928-30: Bühnenbildner, Technischer Direktor und Ausstatter des Frankfurter Künstlertheaters (u.a. Die Ratten, Minna von Barnhelm und Urfaust); Mitarbeit am Frankfurter Schauspielhaus, in Leipzig und an der Freien Volksbühne in Berlin.
1931: erste Ausstellung von Bühnenbildentwürfen und Malerei in der Frankfurter Galerie Ludwig Schames, Ausstellungen in München und Berlin, Teilnahme an der europäischen Theaterausstellung in Wiesbaden; Heirat mit Sabine Spiero.
1932: Technischer Direktor und Bühnenbildner am Staatstheater Schwerin
1933: im Mai Emigration nach Paris, Beteiligung am Salon D’Automne
1934-39: Übersiedlung nach Cagnes-sur-Mer, wo bereits die Mutter und zwei Schwestern leben, und später nach Nizza; zunächst Lebensunterhalt mit illegalen Gelegen-heitsarbeiten; Konzentration des künstlerischen Schaffens auf die Malerei, mehrere Ausstellungen; enge Freundschaft mit Frans Masereel und Walter Hasenclever; Scheidung von seiner Frau Sabine; nennt sich nun aus Abscheu vor dem Namensvetter Hermann Göring H. Henry Gowa.
1938: Gründung eines Guignol-Puppentheaters.
1939: nach Kriegsbeginn Internierung im Fort Carré von Antibes; nach Entlassung Ablehnung seiner Meldung als Kriegsfreiwilliger bei der französischen Armee.
1940: im Mai erneute Verhaftung, Gefängnis in Nizza, Internierung in Lambesc bei Aix-en-Provence, einem Zweiglager von Les Milles; nach dem Waffenstillstand im Juni mit etwa 2.000 Gefangenen im Transport auf der Irrfahrt nach Bayonne zur vorgesehenen Einschiffung nach Nordafrika und wieder zurück nach Nîmes; dort Internierung im Lager Saint-Nicolas-du-Gard, Gowa thematisiert die Irrfahrt später in einem Bild La Retraite (Der Rückzug), kurz darauf Entlassung.
1940-43: Heirat mit der französischen Malerin Annie Roussel; aus der Ehe gehen drei Kinder hervor; Kontakt zur Résitance.
1943-45: mit dem Vormarsch deutscher Truppen in die letzten unbesetzten Gebiete der Freien Zone beginnen auch hier die Massendeportationen von Juden; mit Unterbrechungen versteckt in Le Broc, einem kleinen Bergdorf.
1945: Übersiedelung nach Paris
1946-51: Leiter der neugegründeten Schule für Kunst und Handwerk nach Saarbrücken, an die er auch Masereel holt; Ausstellungen in Paris, Saarbrücken, Frankfurt und München.
1951-54: nach Differenzen wegen seiner zu liberalen Amtsführung verlässt Gowa Saarbrücken und pendelt als freier Maler zwischen seinen Ateliers in Paris und Menton; Vorträge in Köln und Stuttgart, Ausstellungen in Paris, Menton, Straßburg, Hamburg und Berlin.
1954-64: Direktor der Werkkunstschule (heute: Hochschule für Gestaltung) in Offenbach. Organisator mehrerer Ausstellungen: Die junge Malerei Frankreichs (Offenbach u.a., 1955), Die junge deutsche Malerei (Paris, 1955), Generalkommissar für die deutsche Abteilung der Biennale (Paris, 1957, Frankfurt 1958), Deutsche Buchausstellung (Paris, 1958), Mitarbeit im Berufsverband Bildender Künstler und im Deutschen Werkbund.
1959: Bundesverdienstkreuz
1963: lllustrationen zu Ich lebte von Marie Luise Kaschnitz
1964-85: als freier Künstler in Berlin; Ausstellungen u.a. in Berlin, Frankfurt und Paris.
1973: Film Gowa – ein Maler unserer Zeit
1985: nach längerer Erkrankung Übersiedlung nach Oberschleißheim bei München.
1987: Ausstellung im Deutschen Werkbund in Frankfurt
H. Henry Gowa stirbt in einem Münchner Krankenhaus.
Autor und Quelle:
Erik Riedel, Jüdisches Museum (Frankfurt/M.)
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