Margarethe Hilferding
Lehrerin, Ärztin und Individualpsychologin
Geb. 20.06. 1871 in Wien/ Österreich-Ungarn
Gest. 23.09. 1942 im KZ Treblinka/ Polen
Die Tochter des praktischen Arztes Paul Hönigsberg in Hernals bei Wien besucht von 1889 bis 1893 die k.u.k.-Lehrerinnenbildungsanstalt in Wien, unterrichtet danach an der allgemeinen Volksschule in Gleichenberg und zwei Jahre an einer privaten Volksschule in Wien. 1897 schreibt sie sich als außerordentliche Hörerin an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien ein, wechselt jedoch, nachdem Frauen zum Medizinstudium zugelassen sind, im Jahr 1900 die Fakultät und schließt als erste Frau 1903 an der Universität Wien das Medizinstudium mit einer Promotion ab. Ein Jahr später heiratet die junge Ärztin den studierten Mediziner, Ökonomen und Austromarxisten Rudolf Hilferding, den späteren Reichsfinanzminister der jungen Weimarer Republik unter Gustav Stresemann und später noch einmal im Kabinett Hermann Müller. Nach mehreren Jahren gemeinsamen Lebens in Berlin kehrt Dr. Margarethe Hilferding 1909 ohne ihren Mann und mit den beiden Söhnen in die österreichische Hauptstadt zurück, praktiziert ab 1910 als Kassenärztin im X. Wiener Gemeindebezirk, und ab 1922 (dem Jahr ihrer Scheidung von Rudolf Hilferding) zusätzlich als Schulärztin. In den Jahren 1910 und 1911 gehört sie als erste Frau einige Monate lang der ‘Mittwoch-Gesellschaft‘ von Sigmund Freud an. „‘Unser einziges Doktorweib beteiligt sich an der Adlerschen Revolte, als richtige Masochistin …Wir sind ja überhaupt in vollem Zerfall“, schrieb Sigmund Freud an C. G. Jung, nachdem Hilferding und Alfred Adler aus der „Mittwoch-Gesellschaft“ (später: Wiener Psychoanalytische Vereinigung) ausgetreten waren. Sie wurde schließlich Präsidentin des von Adler gegründeten Vereins für Individualpsychologie…“ (Hier zitiert aus: http://diestandard.at/1347493268183/Aerztin-der-Proletarier-Vertrieben-und-ermordet).
Nach Ende des Ersten Weltkrieges wird Hilferding Leiterin einer im Rahmen der Wiener Schulreform errichteten individualpsychologischen Erziehungsberatungsstelle und arbeitet daneben noch am Mariahilfer Ambulatorium im 6. Wiener Gemeindebezirk, wo auch und vor allem der armen Bevölkerung medizinisch geholfen wird. 1926 erscheint Hilferdings Buch “Geburtenregelung“, in dem sie für eine Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs plädiert. Sie engagiert sich mit wissenschaftlichen Arbeiten und Lehrkursen in der Sozial- und Bildungspolitik des sogenannten “Roten Wien“ und wendet sich dabei auch und vor allem Frauenfragen und Themen wie Sexualität, Geburtenregelung, Aufklärung und Erziehung zu. In den individualpsychologischen Erziehungsberatungsstellen sowie in der sozialistischen Frauenorganisation hält die Ärztin Kurse über Erziehungs-, Frauen- und Gesundheitsfragen und ist 1930 Vortragende auf dem 4. Kongress der Weltliga für Sexualreform in Wien, wo sie u.a. für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln durch die Krankenkasse und die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs plädiert. Ihren hauptsächlich von Arbeitern bewohnten Wiener Bezirk Favoriten vertritt Dr. Margarethe Hilferding zwischen 1927 und 1934 zudem auch als Bezirksrätin.
1934 wird der jüdischen Ärztin der Krankenkassen-Vertrag vom austro-faschistischen Dollfuss-Regime gekündigt, woraufhin sie nur noch Privatpatienten betreuen kann. 1938 folgt der “Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland “ – im selben Jahr noch wird Margarethe Hilferding aus ihrer Wohnung verwiesen. Sie kommt in Notquartieren unter und ist zuletzt im jüdischen Altersheim in der Seegasse im IX. Wiener Bezirk gemeldet. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges arbeitet sie im Wiener Rothschild-Spital unter der Leitung von Viktor Frankl. Am 28. Juni 1942 wird die mittlerweile über 70jährige Margarethe Hilferding nach Theresienstadt deportiert (wo u.a. auch Greta Klingsberg, Gertrud Kolmar, Cordelia Edvardson, Bedřich Fritta, Kurt Gerron und Leo Haas inhaftiert sind).
“In elf »Altentransporten« wurden zwischen dem 19. September und dem 22. Oktober 1942 19.004 Menschen, die in der Regel über 65 Jahre alt waren, in das Vernichtungslager Treblinka und nach Maly Trostinec deportiert und dort fast ausnahmslos ermordet“. (Hier zitiert aus: http://www.doew.at/result) Die Ärztin aus Wien ist eine von ihnen.
Eine nach ihr benannte Wohnhausanlage der Gemeinde Wien in der Leebgasse 100 im Bezirk Favoriten erinnert mit einer Gedenktafel an die Ärztin Dr. Margarethe Hilferding, Sozialpolitikerin, Volksbildnerin und eine der einflussreichsten Individualpsychologinnen im Wien der Zwischenkriegszeit.
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Margarete_Hilferding
http://www.univie.ac.at/biografiA/daten/text/bio/Hilferding_Margarethe.htm
http://diestandard.at/1347493268183/Aerztin-der-Proletarier-Vertrieben-und-ermordet
Links (deutsch):
http://www.psyalpha.net/biografien/margarethe-hilferding
http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio_hilferding.htm
http://www.dasrotewien.at/hilferding-margarete.html
http://www.mandelbaum.at/books/764/6964
International:
http://en.muvs.org/topic/margret-hilferding-1871-1942-en/print/
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