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Ghyczy, Peter

H.A.M. 0

Peter Ghyczy

Designer

Geb. 01.12. 1940 in Budapest/ Ungarn


Der  Erfinder des legendären “Senftenberger Eis“ wächst als Spross einer weit verzweigten, adligen Familie wächst im Stadtteil Buda der ungarischen Donau-Metropole  auf. Nach dem Einmarsch der Roten Armee 1945, in dessen Verlauf auch sein Vater ums Leben kommt, schickt man den kleinen Jungen auf das Familiengut Vásárosnameny in der Puszta, wo er die dortige Dorfschule besucht.  1947 verschickt ihn das Rote Kreuz für ein Jahr nach Belgien. Hier lernt er Französisch und kehrt erst 1952 dann wieder in seine ungarische Geburtsheimat zurück. Das Familiengut ist mittlerweile enteignet, die Mutter lebt in Budapest. Hier beendet Peter Ghyczy die Schule und besucht ab 1954 in Nord-Ungarn das Benediktinerinternat Pannonhalma.


1956, nach der Niederschlagung des ungarischen Aufstandes gegen das kommunistische Regime, flüchtet er mit Mutter und Bruder über Wien in die Bundesrepublik. In Bonn macht Ghyczy 1960 Abitur und studiert anschließend  an der TH Aachen Architektur mit Schwerpunkt Bautechnik. Einer Assistenz beim namhaften Architektur-Professor Rudolf Steinbach und einer Tätigkeit im Kunststoff-Institut der Fakultät folgt eine Mitarbeit am Unesco-Projekt in Kalabsha in Ägypten, bei dem Altertümer vor einem Staudamm gerettet werden. 1967 beendet Peter Ghyczy sein Studium mit einer Diplomarbeit über eine neuartige Schularchitektur.


Der seit 1969 deutsche Staatsbürger mit heutigem Wohnsitz in den Niederlanden gehört zur Generation  jener architektonischen Neudenker wie Henry van der Velde, Marcel Breuer, Hans Gugelot  und Peter Maly, die auch und vor allem das deutsche Design wesentlich beeinflusst haben. 1968 übernimmt der in dieser Zeit im niedersächsischen Landkreis Diepholz lebende Ghyczy als freier Mitarbeiter eine leitende Funktion in einer Firma, deren Inhaber eine ausgewiesene Koryphäe auf dem Gebiet der Polyurethan-Technik ist. Der Nachwuchs-Designer ist von nun an für die die Entwicklung neuer Produkte zuständig und kreiert zwischen 1968 und 1972 am Firmensitz in Lemförde zahlreiche innovative Entwürfe, die ihn als einen der produktivsten Designer jener Jahre ausweisen. 1970 eröffnet in Lemförde das vollständig aus dem neuen Stoff bestehende Design-Center, ein Gebäude nach Ghyczys Entwurf, das als bahnbrechende Innovation der Kunstoff-Architektur zu einem der frühen deutschen Designstudios wird, dessen enge Verzahnung von technischer Entwicklung und Produktgestaltung beispielhaft ist. Hier entstehen in der Folgezeit  neben neuartigen, modularen Bauteilen, wie etwa Notunterkünften und Fassadenelementen, vor allem Möbel verschiedenster Art, darunter Stühle, Schalensessel, Wohnlandschaften, Tische, Regale und plastische Türfronten für Büro und Küche. Daneben werden Lizenzen an namhafte Firmen wie Drabert, die Vereinigten Werkstätten, Vitra (damals noch Fehlbaum GmbH) und Beylarian in den USA vergeben. Über die Grenzen hinaus bekannt wird Peter Ghyczy in den ‘wilden 68ern‘ mit seinem “Gartenei“, dem ersten aufklappbaren Sessel dieser Art, dessen Entstehungs-Prozess der Designer in einem Interview mit dem Kölner LOOP-Magazin wie folgt beschreibt: “Ich wollte eine Sitzgelegenheit designen, die man benutzen kann ohne ständig die Sitzkissen transportieren zu müssen. Mein erster Entwurf sah nicht einmal annährend so aus wie ein Ei. In der ersten Phase war es eher eine Arte Koffer, den man mit nach draußen nehmen konnte um darin zu sitzen. Ich habe nur sehr langsam begriffen, dass er die Form von einem Ei haben wird.“ (Hier zitiert aus folgender Quelle: http://www.loop-magazin.de/home/special/artikelansicht/article/garden-egg-chair.html).


Bereits 1972 wird das Design-Center jedoch wieder geschlossen und später abgerissen. Firmeninhaber Reuter verkauft seine Firma an BASF und – insgeheim – die Polyurethan-Technik gleichzeitig auch an die DDR. Mit dabei im Paket, quasi als Beigabe, ist auch Ghyczys berühmtes “Gartenei“. Fortan wird die designerische Sonderbarkeit in der DDR vom VEB Synthese Werk Schwarzheide in Senftenberg in unbekannter Stückzahl produziert. Jahrzehnte später soll das (irrtümlicher immer wieder als DDR-Design interpretierte) originell-praktische Sitzmöbel als “Senftenberger Ei“ in der Kunstszene der ausgehenden 1990er Jahre zum Kultobjekt und begehrten Sammlerstück werden.


1972 gründet Peter Ghyczy in Viersen seine eigene Design-Firma und stellt selbst-entworfene Möbelkollektionen vor, die klassische Ideen mit neuen Techniken verbinden und die Innenarchitektur revolutionieren. Viele seiner Designs werden zu Klassikern, wie die Klemmkonsole R 03, ein gestellfreies Regal. Auch zahlreiche Lampenentwürfe gehören zu Ghyczys Repertoire, darunter die Serie MegaWatt und die Tischleuchte MW 17, ein gebogenes, ausbalanciertes Rohr und damit eine weitere gestellfreie Konstruktion – ein Prinzip, das designhistorisch an den Freischwinger erinnert. 1974 übersiedelt Ghyczy mit Familie und Firmensitz in die Niederlande.


Sein berühmtes “Gartenei“ wird übrigens Ende der 90er Jahre re-editiert, und das keineswegs nur den eigenen Kindern zuliebe, vielmehr, so Ghyczy in seinem Interview mit dem LOOP-Magazin, “habe [ich] Briefe und Anrufe aus aller Welt bekommen, weil sie Egg Chairs haben wollten. Inzwischen findest du sie überall! Das ist großartig!“ (Quelle: LOOP-Magazin, http://www.loop-magazin.de/home/special/artikelansicht/article/garden-egg-chair.html )


Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Ghyczy

http://www.loop-magazin.de/home/special/artikelansicht/article/garden-egg-chair.html


Links (deutsch):

http://www.ghyczy.de/

http://en.wikipedia.org/wiki/Peter_Ghyczy

http://www.formguide.de/designer/uebersicht/peter-ghyczy/chronik/1973-1999/

http://museum-digital.de/san/index.php?t=objekt&oges=746

http://books.google.de/books?id=LsiRRgfdfKEC&pg=PA22&lpg=PA22&dq=%22peter+ghyczy%22&source=bl&ots=RGupLNQFHs&sig=vGidf4r0M4YMMPTVsrYVCu_0hPw&hl=de&ei=3nY8SrmiLNO0sga-zYVv&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=6


International:

http://www.vam.ac.uk/content/articles/g/the-garden-egg-chair/

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