Werner Richter
Germanist
Geb. 05.05. 1887 in Berlin
Gest. 19.09. 1960 in Bonn
Im Anschluss an sein Germanistikstudium an den Universitäten Berlin, Marburg und Basel habilitiert sich Werner Richter 1913 in Greifswald. Seine anschließende wissenschaftliche Arbeit als Privatdozent konzentriert sich schwerpunktmäßig auf Quellenstudien sowie die Wirkungsgeschichte der Werke. Nach seinem Kriegsdienst 1915/16 geht er auf Wunsch des Auswärtigen Amtes als Gastprofessor ins heutige Istanbul (damals Konstantinopel), wo Richter bis 1919 bleibt. Zurückgekehrt nach Greifswald, übernimmt er den dortigen Lehrstuhl für Germanistik.
Von 1920 bis 1932 wirkt Werner Richter als Ministerialrat, später Ministerialdirigent im Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, wo er an der Seite des langjährigen Ministers Carl Heinrich Becker die Reform der Hochschulverfassung in der Weimarer Republik entscheidend mitgestaltet. Die Gleichberechtigung aller wissenschaftlichen Arbeit, der Fakultäten und der Professoren steht für ihn dabei im Zentrum, und nicht zuletzt der Humboldt‘schen Einheit von Forschung und Lehre und dem universitären Selbstverwaltungsprinzip (einschließlich der studentischen Selbstverwaltung) fühlt sich Richter hierbei verpflichtet (Quelle: http://www.neue-deutsche-biographie.de/sfz105660.html). Als jedoch die Reichsregierung unter Franz von Papen 1932 in die Rechte der Hochschulen eingreift, verlässt Richter das Ministerium und wechselt als Ordinarius für Germanistik an die Universität Berlin, wo er bereits seit 1921 als Honorarprofessor tätig ist.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit engagiert sich Richter auch politisch als Mitglied in der nationalliberalen Deutschen Volkspartei (zu deren prominentesten Vertretern die deutschen Außenminister Gustav Stresemann und Julius Curtius gehören), von 1930 bis 1933 auch im Zentralvorstand der DVP, wobei er sich selber immer eher links von der gängigen Parteilinie verortet.
Nach er Machtübergabe an die Nationalsozialisten wird auch Professor Werner Richter aufgrund seiner jüdischen Herkunft in den Ruhestand versetzt. Ein Schicksal, das mit ihm zahlreiche andere Germanisten teilen, die entweder vom nationalsozialistischen “Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ (1933) oder den “Nürnberger Gesetzen“ aus dem Jahre 1935 betroffen sind, unter ihnen Walter A. Berendsohn und Käte Hamburger.
Richter geht in die Schweiz, studiert in Basel Theologie und emigriert 1939 endgültig in die Vereinigten Staaten von Amerika, einem Ruf an das Elmhurst College in Illinois folgend (wo allerdings mehr seine theologischen als germanistische Kenntnisse gefragt sind) und lehrt daneben auch noch an diversen anderen Universitäten, darunter Yale, Madison und Berkeley.
Einen Ruf an die Humboldt-Universität in Berlin lehnt der Wissenschaftler 1947 noch ab, wird 1948 Professor am Muhlenberg College in Allentown/ Pennsylvania, ist 1947/48 Vizepräsident der ‘American Theological Society‘ (MidWest Branch) in Chicago und kehrt schließlich 1948 als Gastprofessor nach Marburg und München zurück. Im darauf folgenden Jahr wird er auf den Lehrstuhl für Ältere Germanistik in Bonn berufen, wo Richters Vorlesungsspektrum neben der Germanistik auch noch die Fächer Philosophie, Pädagogik und Theologie umfasst.
Sein Engagement der folgenden Jahre gehört, neben der Lehre, auch und vor allem dem Wiederaufbau der deutschen Wissenschaft, und nicht zuletzt die Neu-Installation des 1925 in Heidelberg gegründeten und 1933 von den Nazis gleichgeschalteten ‘Deutschen Akademischen Austauschdienstes‘ (DAAD) sowie der ‘Alexander von Humboldt-Stiftung‘ wird im Wesentlichen vom (aufgrund seiner Jahre im Exil) international gut vernetzten Werner Richter mitgeprägt, der von 1951 bis 1953 Rektor der Bonner Universität und von 1954 bis 1958 Präsident des DAAD ist. Der sechsfache Ehrendoktor, Ehrensenator der TU Berlin und Träger zahlreicher auch internationaler Auszeichnungen stirbt im Alter von 73 Jahren.
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Richter_%28Germanist%29
Reinermann, Lothar, „Richter, Werner“, in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 539-540 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd132563894.html. Hier:
http://www.neue-deutsche-biographie.de/sfz105660.html
http://www.munzinger.de/search/go/document.jsp?id=00000008023
http://www.grin.com/de/e-book/110405/germanistik-im-dritten-reich
Links (deutsch):
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=132563894
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