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Grünbaum, Fritz

H.A.M. 0
Fritz (eigtl. Franz Friedrich) Grünbaum

Schlagertexter, Kabarettist, Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur

 

Geb. 7. 4. 1880 in Brno (Brünn)/ Österreich-Ungarn
Gest. 14. 1. 1941 im KZ Dachau


„Grünbaum ist ein entsetzlicher Name! / Er wär‘ nicht so schrecklich bei einer Dame; / Denn wenn sie ledigen Standes ist / Und das Unglück des Namens Grünbaum genießt, / Dann ist es nicht nötig, dass lang es sie schauert, / Weil das doch nur bis zur Hochzeit dauert. / Dann hört sich nach des Gesetzes Lauf / Das Grünbaumheißen endgültig auf, / Und sie wird, wenn die Lichter des Traualtars brennen, / Sich künftig statt Grünbaum Abeles nennen.“

(Fritz Grünbaum)


Der Sohn des Kunsthändlers Wilhelm Grünbaum wächst mit seinen Geschwistern Lilli und Paul in Brünn auf, immatrikuliert sich nach dem Abitur an der Wiener Universität für Rechtswissenschaften, widmet sich bereits während seiner Studienzeit der Literatur und organisiert Dichterlesungen, zum Beispiel mit Arthur Schnitzler, in seiner mährischen Heimatstadt. Brünn – das so genannte Österreichische Manchester – ist nicht nur wirtschaftliches Zentrum der Tuch-, Leder- und Maschinenindustrie, sondern auch Wirkungsort so bedeutender KünstlerInnen wie der Opernsänger Leo Slezak, die Primadonna Maria Jeritza, der Architekt Adolf Loos und der Kabarettist Armin Berg.


1903 beginnt Fritz Grünbaum mit dem Verfassen der ersten von in der Folge zahlreichen Operettenlibretti. Als sein künstlerisches Bühnendebüt gilt Grünbaums Libretto für die Operette Phryne, das er gemeinsam mit Robert Bodansky verfasst, mit der Musik von Edmund Eysler. Das Stück wird zur Eröffnung des Kabaretts Hölle im Kellergewölbe des Theater an der Wien am 7. Oktober 1906 uraufgeführt. In der Folgezeit schreibt Grünbaum Libretti für Ralph Benatzky, Emmerich Kálmán , Franz Lehár und Robert Stolz und wird daneben auch als Schlagertexter mit „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ oder Ich hab das Fräul’n Helen baden seh’n populär. Noch ehe die Operette Die Dollarprinzesin von Leo Fall mit dem Libretto von Grünbaum und A. M. Willner im November 1907 im Theater an der Wien uraufgeführt wird, steht er als Conférencier auf der Bühne und macht sich innerhalb kürzester Zeit ih in der Wiener Kabarettszene einen Namen.


Kurz darauf wird Fritz Grünbaum nach Berlin ins Etablissement Chat Noir engagiert, wo der Wiener Conférencier mit dem brünnerisch gefärbten Deutsch bald zum Liebling der Berliner avanciert. Drei Jahre lang feiert er rauschende Erfolge in der deutschen Reichshauptstadt, kehrt 1910 nach Wien zurück und wird im Kabarett Hölle stürmisch umjubelt. Im Oktober 1912 eröffnet Egon Dorn das Bierkabaret Simplicissimus, aber erst im Dezember 1914 gibt Fritz Grünbaum den wiederholten Einladungen Dorns nach und tritt mit einem Gedichtprogramm im Simpl auf.


Wegen akuten Kohlemangels müssen 1918 in Wien alle Theater und Kabaretts schließen. Kurz nach Kriegsende tritt der als Oberleutnant demobilisierte – und mittlerweile durch die Kriegsgräuel desillusionierte – Fritz Grünbaum wieder vor das Wiener Publikum. Zu Silvester 1918/1919 spielt er zuerst im Deutschen Volkstheater, ist danach in den Kammerspielen zu sehen und confériert zum Jahreswechsel im Simpl. 1919 heiratet er zum dritten Mal, seine um 18 Jahre jüngere Kollegin Elisabeth Herzl, genannt Lilly, eine Nichte Theodor Herzls.

Fritz Grünbaum pendelt zwischen Simpl und Ronacher, arbeitet in Wien und Berlin, wird 1923 Leiter der Hölle, 1924 künstlerischer Leiter des Pavillon und entwickelt in der Folgezeit, gemeinsam mit Karl Farkas, Sketche und Revueprogramme. Der kleinwüchsige, brillante Conferencier Grünbaum und der als Blitzdichter engagierte Farkas entwicklen die Doppelconference zu ungeahnter Blüte. Farkas erklärt seinem Partner: „Das Wesen der Doppelconference besteht darin, daß man einen äußerst intelligenten, gutaussehenden Mann nehme – das bin ich – und einen zweiten, also den Blöden, dazustellt. Das bist, nach allen Regeln der menschlichen Physiognomie, natürlich du!“


Trotz bindender Verpflichtungen in Wien übernimmt Fritz Grünbaum immer wieder Engagements in Berliner und Hamburger Kabaretts und steht in Deutschland auch vor der Filmkamera. Unter der Regie von Géza von Bolváry spielt er 1931 an der Seite von Willi Forst, Gustaf Gründgens und Roda Roda in dem Film Der Raub der Mona Lisa. 1932 beendet Grünbaum jedoch seinen Ausflug in das Filmrevier und widmet sich fortan wieder hauptsächlich seinem Kabarett, das – mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus‘ – immer schärfere Töne annimmt; die zunehmend politischen Doppelmoderationen von Grünbaum und Farkas – beide leiten bereits seit 1927 gemeinsam das Neue Wiener Stadttheater in der Skodagasse und von 1934 bis zum Anschluss 1938 auch das Simpl in der Wollzeile – erscheinen ab 1937 auch in der Wiener Montagszeitung Der Morgen.


Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich, am 10. März 1938, spielen Fritz Grünbaum und Karl Farkas ein letztes Mal im Simpl. Danach dürfen sie die Bühne nicht mehr betreten. Fritz Grünbaums Wohnung wird arisiert und kurz darauf 453 Werke des passionierten Kunstsammlers (darunter Dürer, Rembrandt, Degas, Spitzweg, Kokoschka, 60 Arbeiten von Schiele) sowie seine Bibliothek zwangsverkauft. Verkaufsweg und Verbleib der Grünbaum-Sammlung konnten bis auf Schieles Tote Stadt III bis zum heutigen Tag nicht nachvollzogen werden.


Am 10. März 1938 confériert Grünbaum ein letztes Mal zur politischen Lage in der Revue Metro Grünbaum-Farkas‘ höhnende Wochenschau. Am nächsten Tag versucht er, gemeinsam mit seiner Frau Lilly, in die Tschechoslowakei zu flüchten. Der Zug wird an der Grenze angehalten und die Grünbaums nach Wien zurück geschickt. Fritz Grünbaum kann sich noch eine Zeitlang versteckt halten, wird jedoch verraten und Anfang Mai 1938 ins Gefängnis in der Karjangasse gebracht, wo er zusammen mit Bruno Kreisky inhaftiert ist. Farkas‘ Bemühungen um Ausreisepapiere für sich und die Grünbaums kommen für den Freund zu spät. Während Karl Farkas in die Vereinigten Staaten emigrieren kann, wird Fritz Grünbaum, gemeinsam mit Hermann Leopoldi, Fritz Löhner-Beda, Jura Soyfer und Paul Morgan ins Konzentrationslager Dachau bei München deportiert und im September 1938 nach Buchenwald überstellt, wo später Paul Morgan und Jura Soyfer sterben werden.

Am 7. April feiert Fritz Grünbaum im Kreise seiner Mithäftlinge in Block 17 heimlich seinen 60. Geburtstag. Die Leidensgenossen im Konzentrationslager sind das letzte Publikum des grossen Kabarettisten, der – nach seiner Rückführung ins KZ Dachau und einem Selbstmordversuch im Dezember 1940 – Anfang Januar 1941 an den Folgen einer Tuberkulose stirbt.

Seine Frau Lilly kann sich nach dem Tod ihres Mannes noch für eine Zeitlang bei einer Freundin in Wien verstecken. Im Oktober 1942 wird sie nach Minsk deportiert, wo sich ihre Lebensspuren verlieren.


„Fritz Grünbaum hat sich zu Lebzeiten in seiner satirisch-selbstironischen Art ein Denkmal gewünscht. In Versform hat er sich vorgestellt, wie so ein Grünbaum-Denkmal aussehen könnte: „Wenn schon ein Denkmal, dann nur modern! / Im Frack und Spazierstock mit goldenem Knopf, / Den steifen Hut auf dem Lockenkopf, / Die Arme verschränkt und den Blick in Äonen – / Und in der Hosentasch‘ – zehntausend Kronen! / Und wenn in der Nacht sich kein Lüftchen mehr rührt, / Und wenn sich das Volk, das mich liebte, verliert, / Den schar’n wie um Orpheus, den griechischen Dichter, / Die Tiere ums Denkmal sich. Lichter und lichter / Scheint uns der Mond, und mein Minnesang ruft / Die Hund‘ auf der Erd‘ und die Vögel in der Luft, / Und hoch über mir zieh’n die Schwalben die Kreise, / Und am Sockel lehnen die Hunde leise, / Und all das Getier wird beim Sterneblitzen / Mein Denkmal bei Nacht zum Benetzen benützen. / So tut das Getier seine Liebe mir kund, / Von oben die Vögel, am Sockel die Hund!“
Doch das kollektive Erinnerungsvermögen an den beliebten Autor, Schauspieler, Theaterdirektor und einen der größten Kabarettisten, den Wien je gesehen hat, reichte gerade für eine Wegkreuzung vis-à-vis vom Apollo-Kino in Mariahilf, dem 6. Wiener Gemeindebezirk. Auf einer dort angebrachten Gedenktafel steht zu lesen: „Fritz Grünbaum, beliebter Kabarettist in der Zwischenkriegszeit. (. . .) Opfer des Holocaust.“


Werkauswahl:

Operetten-Libretti: Die Dollarprinzessin, 1907 (mit A. M. Willner)
Der Liebeswalzer, 1908 (mit R. Bodanzky)
Die Czikosbaronesse, 1920
Traumexpress, 1931 (mit K. Farkas)
Lustspiel: Sturmidyll, 1914
Schlagertexte: Draußen in Schönbrunn und
Ich hab das Fräuln Helen baden sehn
Die Schöpfung (Kabarettstücke)
Die Hölle im Himmel (Kleinkunst)
Der leise Weise


Fritz Grünbaum: Hallo, hier Grünbaum!
Altes und Neuentdecktes von und über
Fritz Grünbaum, hrsgg. von Pierre Genée
Löcker Verlag, Wien 2001, ISBN 3854093306

Der Gescheite und der Blöde. Fritz Grünbaum und Karl Farkas,
in: Robert Dachs Sag beim Abschied…, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung aus der Sammlung Robert Dachs, Wien. S. 7-14


Links (deutsch): 

http://www.litlinks.it/g/gruenbaum.htm

http://www.perlentaucher.de/buch/7252.html

http://www.cyranos.ch/smgruf-d.htm

http://members.aon.at/richard.weihs/Mariahilf1.htm

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.g/g862467.htm

http://www.kabarettarchiv.at/Ordner/geschichte.htm

http://www.simpl.at/geschichte.php

http://www.zeit.de/archiv/2001/20/200120_buechertisch.xml

http://oe1.orf.at/highlights/17083.html

http://ursulahomann.de/WitzAlsWaffe/kap007.html

http://www.hagalil.com/or/2004/07/verehrtverfolgtvergessen.htm

http://www.angestellten.de/film/1931_d_kirchenmaus.html

http://www.recmusic.org/lieder/get_text.html?TextId=19020&Transliterate=0&PRINTABLE=1

http://perso.club-internet.fr/claudet/GhettosCamps/Disques/Totentanz.html

http://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_G/Gruenbaum_Fritz.xml


International:

http://www.cyranos.ch/smgruf-e.htm

http://www.recmusic.org/lieder/get_text.html?TextId=19020&Transliterate=0&PRINTABLE=1

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