Adolf Berthold Ludwig Grimme
Kulturpolitiker, Pädagoge und Generaldirektor des NWDR
Geb. 31.12. 1889 in Goslar
Gest. 27.08. 1963 in Degerndorf am Inn
“Ein Sozialist kann Christ sein –
Ein Christ muss Sozialist sein!“
(Adolf Grimme)
Der Sohn des Bahnhofsvorstehers von Goslar besucht die Volksschule in Weferlingen und absolviert später Gymnasien in Sangerhausen und Hildesheim. Nach dem Abitur studiert Grimme von 1908 bis 1914 Philosophie und Germanistik in Halle, München und Göttingen, unter anderem bei Edmund Husserl, und engagiert sich in der Freistudentenbewegung. Nach Beendigung seines Studiums im Weltkriegsjahr 1914 und anschließender Zeit als Studienassessor im ostfriesischen Leer unterrichtet Adolf Grimme als Studienrat in Hannover, wo er sich 1922 der SPD sowie dem ‘Bund Entschiedener Schulreformer‘ anschließt. Für das von Hause aus protestantische Mitglied im ‘Bund der Religiösen Sozialisten‘ wird nicht zuletzt die Verbindung zwischen Christentum und Sozialismus sein Leben lang bestimmend, denn, so Grimme: “Ein Sozialist kann Christ sein, ein Christ muss Sozialist sein.“
Mit seiner Beförderung zum Oberstudienrat 1923 wird der “religiöse Sozialist Grimme“ Mitglied des Provinzialschulkollegiums in Hannover, 1925 Oberschulrat für höhere Mädchenschulen in Magdeburg, 1928 Ministerialrat im Preußischen Kultusministerium und persönlicher Referent des Kultusministers Carl Heinrich Becker und ein Jahr später Vizepräsident des Provinzialschulkollegiums von Berlin und der Mark Brandenburg. Seit Januar 1930 amtiert er als Nachfolger Beckers als letzter Kultusminister einer demokratisch gewählten Staatsregierung in Preußen und ist zugleich preußischer Bevollmächtigter beim Reichsrat. Von 1932 bis 1933 gehört Adolf Grimme zudem für die SPD dem Preußischen Landtag an.
Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten geht auch der Kulturpolitiker Grimme seiner Ämter verlustig und lebt in den Folgejahren in bedrängten wirtschaftlichen Verhältnissen. Über seinen Studienfreund {ln:Kuckhoff, Adam ‚Adam Kuckhoff } kommt der überzeugte Sozialist in Kontakt mit der Widerstandsgruppe um die ‘Rote Kapelle‘. 1942 wird er nach einer Hausdurchsuchung von der Gestapo verhaftet und 1943 wegen “Nichtanzeige eines versuchten Hochverrats“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.
Im Mai 1945 wird Adolf Grimme aus dem Zuchthaus Hamburg-Fuhlsbüttel befreit und erstattet im selben Jahr noch Anzeige gegen den NS-Richter Manfred Roeder wegen Beteiligung an den Urteilen gegen 49 Mitglieder der ‘Roten Kapelle‘ sowie {ln:Bonhoeffer, Dietrich ‚Dietrich Bonhoeffer }, Hans von Dohnanyi, Arvid Harnack und viele andere. Die bundesdeutsche Justiz handelt entsprechend: erste wird das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Lüneburg bis Ende der 1960er-Jahre verschleppt und dann schließlich eingestellt.
Nach Kriegsende beruft die britische Besatzungsmacht Grimme zum 1. August 1945 als Regierungsdirektor zum Leiter der Abteilung für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung im Oberpräsidium der Provinz Hannover. 1946 wird er Beauftragter für das Erziehungswesen in der Britischen Zone, als solcher zudem Mitglied des Zonenbeirates und Minister für Erziehung des kurzlebigen Landes Hannover, und ist nach Bildung des Landes Niedersachsen vom 23. November 1946 bis zum September 1948 erster niedersächsischer Kultusminister in der Regierung von Hinrich Wilhelm Kopf. Das Mitglied des ernannten Hannoverschen Landtages sowie des ebenfalls ernannten Niedersächsischen Landtages gehört auch dem ersten gewählten Landtag bis 1948 als Abgeordneter an. Auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD 1946 in Hannover wird Adolf Grimme in den Parteivorstand gewählt und ist ab 1948 Präsident der neugegründeten ‘Studienstiftung des Deutschen Volkes‘.
Im März 1948 wählt man ihn in seiner Funktion als niedersächsischer Kultusminister in den Verwaltungsrat des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR), und im Mai desselben Jahres noch zu dessen Vorsitzenden. Wenige Monate später ernennt ihn der Verwaltungsrat einstimmig zum ersten Generaldirektor dieser damals mit Abstand größten Rundfunkanstalt Deutschlands, die bis dahin unter der Leitung des britischen Kontrolloffiziers Hugh Carleton Greene gestanden hat. “Der NWDR war die Rundfunkanstalt für die Länder Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin. Es war die große Zeit der Rundfunk-Pioniere: Peter von Zahn, {ln:Eggebrecht, Axel ‚Axel Eggebrecht }, Ernst Schnabel, Gregor von Rezzori und Rüdiger Proske. Jürgen Roland, damals ein junger Reporter, hat sich noch Jahrzehnte später dankbar an die Fairneß und Noblesse der britischen Controller unter Hugh Carlton Greene erinnert…Als der Bildungspolitiker Adolf Grimme am 15. November 1948 sein Amt als Generaldirektor des NWDR übernahm, schien in dieser Personalentscheidung eine Gewähr für die Unabhängigkeit des Rundfunks von politischen und ökonomischen Einflüssen zu liegen – sie zu sichern, war das erklärte Ziel Grimmes, der mit dem Rundfunk „echte Werte“ vermitteln und daraus, „wie das Theater, eine moralische Anstalt“ machen wollte.“ (Hier zitiert aus: {ln:nw:http://www.welt.de/print-welt/article187812/Machtpoker-am-Rothenbaum.html }). 1952 wird Grimme für weitere fünf Jahre in seinem Amt bestätigt, aus dem er sich jedoch vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet, auch und vor allem weil sich die rundfunk-politische Landschaft mittlerweile enorm verändert hat: Bereits 1954 ist Berlin aus dem NWDR-Verbund ausgeschieden und versorgt mit seinem Sender Freies Berlin (SFB) die geteilte Stadt. Im Februar des darauffolgenden Jahres schließen die drei norddeutschen Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk (NDR) und vollziehen zum Jahresende 1955 die Trennung vom Westdeutschen Rundfunk (WDR).
Seit 1964 wird vom Deutschen Volkshochschulverband der nach ihm benannte Fernsehpreis in Marl von der Volkshochschule ‘die Insel‘ vergeben, seit 1977 organisiert vom 1973 gegründeten Adolf Grimme-(Medien)-Institut, das seit 2001 auch den ‘Grimme Online Award‘ in verschiedenen Kategorien für Neue Medien sowie den ‘Deutschen Radiopreis‘ vergibt.
Quellen:
{ln:nw:http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Grimme }
{ln:nw:http://webopac0.hwwa.de/digiview/DigiView_PND.cfm?PND=118697811 }
{ln:nw:http://www.welt.de/print-welt/article187812/Machtpoker-am-Rothenbaum.html }
Links (deutsch):
{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118697811 }
{ln:nw:http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0000/adr/adrag/kap1_7/para2_158.html }
{ln:nw:http://www.deutsche-biographie.de/sfz42421.html }
{ln:nw:http://www.fernsehmuseum-hamburg.de/1229.html }
{ln:nw:http://webopac0.hwwa.de/digiview/DigiView_PND.cfm?PND=118697811 }
{ln:nw:http://www.grimme-institut.de/html/ }
{ln:nw:http://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/geschichte/Adolf-Grimme-Kulturpolitiker-und-Generaldirektor-des-NWDR,grimme131.html }
{ln:nw:http://www.deutscheakademie.de/de/aktivitaeten/publikationen/reihe-veroeffentlichungen/adolf-grimme-briefe }
{ln:nw:http://www.perlentaucher.de/buch/kai-burkhardt/adolf-grimme.html }
{ln:nw:http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44436785.html }
{ln:nw:http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-28955061.html }
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