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Hautval, Haidi

H.A.M. 0

Haidi Hautval (Adélaide Hautval)
Psychiaterin


Geb.1906 in Le Hohwald/ Elsaß
Gest.1988 in Paris


Die unweit des späteren KZ Struthof/Natzweiler geborene Pfarrerstochter studierte Medizin in Strasbourg, wurde Fachärztin für Psychiatrie und arbeitete in verschiedenen Krankenhäusern in Frankreich und in der Schweiz.


Nach der Besetzung Frankreichs durch die Nazi-Wehrmacht half sie Juden, protestierte gegen deren Mißhandlung durch Gestapo und SS, trug aus Protest den „Judenstern“. 1942 wurde sie von den Besatzern verhaftet, als sie die Demarkationslinie zu überqueren versuchte, um ihre im Sterben liegende Mutter zu besuchen. „Die Juden sind Menschen wie alle anderen“, sagte sie im Gefängnis. „Wenn Sie die Juden so gerne verteidigen, können Sie ebenso gut deren Schicksal teilen“, antwortete ein Gestapo-Offizier. 1943 wurde Haidi Hautval als „Judenfreund“ mit 230 anderen, meist politischen Frauen zunächst ins KZ Birkenau, dann nach Auschwitz deportiert und wieder nach Birkenau. Häftlingsnummer 31802. Dort rettete sie das Leben vieler Mithäftlinge und weigerte sich, an den (pseudomedi-zinischen) Menschenversuchen der SS-Ärzte teilzunehmen. Viermal widersetzte sie sich den Befehlen der Nazis. 1945 wurde sie mit den Überlebenden nach Ravensbrück trans-portiert, wo sie Ende April die Befreiung erlebte; sie blieb bis Juni, um den Häftlingen zu helfen. Danach fuhr sie nach Paris, wo sie als Schulärztin arbeitete.


Nach der Befreiung engagierte sich Dr. Haidi Hautval gegen die Banalisierung und gegen das Verdrängen der Naziverbrechen, trat als Zeugin auf und mit Veröffentlichungen wie mit dem Bericht „Medizin und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Anlässlich eines Prozesses gegen Naziärzte vor dem britischen Oberen Gerichtshof Anfang der sechziger Jahre, sagte sie über ihre Weigerung, sich an Sterilisationen zu beteiligen: „Dr. Wirth fragte mich, ob es wahr sei, dass ich sowohl die Teilnahme an der Operation als auch die Verabreichung eines Narkotikums abgelehnt hatte. Ich bejahte. Er fragte mich nach meinen Motiven, und ich antwortete ihm, dass diese Dinge meinen Prinzipien als Ärztin widersprächen. Er fragte mich: ‚Sie sehen also nicht ein, dass diese Leute anders sind als Sie?’ Darauf antwortete ich, es gebe viele Menschen, die anders seien als ich, und an erster Stelle müsse ich da ihn nennen.“
1961 protestierte sie gegen die Folter in Algerien und die Polizeirepression in Paris.


1988 wählte sie den Freitod, als sie erste Anzeichen der Alzheimer Krankheit an sich feststellte.
In Israel wurde sie mit der „Medaille der Gerechten“ geehrt – eine Auszeichnung, die sie aus Empörung zurückgab, als israelische Soldaten während des Libanonkonflikts tatenlos dem Massaker an Palästinensern im Lager Sabra und Shatila zusahen.


Heute erinnern eine Straße in Strasbourg und ein Brunnen in ihrem Geburtsort an die couragierte Frau. In Jerusalem wurden ihr in der Gedenkstätte Jad-Va-Schem in der „Allee der Gerechten unter den Völkern“ ein Gedenkstein und ein Baum gewidmet.


Quelle:

Elsass. Frauengeschichten-Frauengesichter, trafoverlag Berlin 2003


Autorin:

Florence Hervé

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