Alice Lex-Nerlinger
Malerin, Grafikerin, Illustratorin, Bühnenbildnerin und Fotografin
Geb. 29.10. 1893 in Berlin
Gest. 21.07. 1975 in Ost-Berlin/ DDR
“Mit ihrer Kunst wollte sie das Leben
der Menschen besser machen“ *)
“Ich wusste genau, dass ich nur wirklich schaffen konnte, wenn ich durch meine Arbeit teil hatte an dem großen politischen Geschehen“
(Alice Lex-Nerlinger in ihren biografischen Notizen)**)
Die als Alice Pfeffer geborene Künstlerin ist das jüngste von sechs Kindern eines Lampenfabrikanten aus Berlin-Kreuzberg. Alice besucht die königliche Augusta-Mädchenschule in der Kleinbeerenstraße und kommt dann auf ein Mädchenpensionat, dem sie aber nach drei Monaten wieder entflieht. Das Interesse der mittlerweile vaterlosen jungen Frau gilt weniger der bürgerlichen Bildung jener Jahre, sondern vielmehr der Kunst. Von 1911 bis 1916 lässt sie sich zur Malerin und Grafikerin an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin ausbilden, lernt hier später so bekannte Künstler wie {ln:Grosz, George ‚George Grosz} und {ln:Höch, Hannah ‚Hannah Höch} kennen sowie den Maler, Zeichner und Grafiker Oskar Nerlinger, den sie 1918 heiratet und an dessen Fotogrammen und Filmen sie fortan mitarbeitet.
Nach einem Zwischenaufenthalt im Elsass kehren die Eheleute 1919 wieder in die deutsche Reichshauptstadt zurück, unterhalten dort für kurze Zeit einen Antiquitäten-Laden, sind immer wieder zu Gast bei Veranstaltungen in der Galerie “Der Sturm“ von {ln:Walden, Herwarth, ‚Herwarth Walden} (dem Ehemann der Dichterin {ln:Lasker-Schüler, Else ‚Else Lasker-Schüler}) und besuchen die monatlichen Jour-Fixe-Abende im Atelier des Malers Arthur Segal. 1924 treten die beiden Künstler, mittlerweile Eltern eines Sohnes, dem “Reichsverband bildender Künstler Deutschlands“ bei.
In den 1920er Jahren legt sich Alice Nerlinger zusätzlich den Künstler-Nachnamen Lex zu, arbeitet ab 1927 konsequent “mit moderner Fotografie und experimentierte mit Fotomontagen, Fotogrammen und mit der Spritzbildtechnik, um durch einfache Reproduktion massenhafte Verbreitung ihrer aktuellen, gesellschaftspolitischen Themen zu erreichen. Mit ihren sozialkritischen Bildern Aussperrung (1928), Arbeiten, Arbeiten, Arbeiten (1928), Lorenschieber (1929/1930), Giftgas (1929), Für den Profit (1931), Die Näherin (1928), Feldgrau schafft Dividende (1931), Arm und Reich (1930) traf sie den Nerv der Gesellschaft am Ende der Weimarer Republik.“ (Hier zitiert aus: {ln:nw:http://www.adk.de/de/presse/pressemitteilungen.htm?we_objectID=55423} )
Die Fotografin, die seit 1928 das KPD-Parteibuch in der Tasche hat, ist, wie auch ihr Ehemann, Mitglied der “Assoziation revolutionärer bildender Künstler“ (ASSO), zu der u.a. auch {ln:Otto, Teo ‚Teo Otto}, {ln:Moholy-Nagy, László ‚László Moholy-Nagy}, {ln:Nagel, Otto ‚Otto Nagel}, {ln:Kollwitz, Käthe ‚Käthe Kollwitz}, {ln:Grosz, George ‚George Grosz}, {ln:Rabus, Carl ‚Carl Rabus}, {ln:Renn, Ludwig Ludwig Renn und {ln:Tombrock, Hans ‚Hans Tombrock} gehören. “Als Alice Lex-Nerlinger 1929 an der Werkbundausstellung »Film und Foto« in Stuttgart und Berlin teilnahm, rückte sie damit in die »erste Riege der internationalen fotografischen Avantgarde« auf“ (Hier zitiert aus: Cristina Fischer “ Gegen Kirche und Staat“, in: junge Welt, Ausgabe vom 17. 06. 2016, S. 15/ Feminismus/ {ln:nw:http://www.jungewelt.de/2016/06-17/053.php}).
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wird auch die kommunistische Künstlerin Alice Lex-Nerlinger 1933 kurzzeitig verhaftet und darf danach nicht mehr öffentlich tätig sein. Ihre sozial- und gesellschaftskritische Kunst ist von den Nazis nicht gewollt. Ab 1939 lebt sie für längere Zeit in Italien und kehrt nach Ende des Zweiten Weltkrieges in ihr Geburtsland zurück, wo sie ab 1945 freischaffend in Ost-Berlin tätig ist, wenngleich auch der verordnete sozialistische Realismus in der DDR ihr Ding nicht ist. Halbherzig malt sie Arbeiterporträts und gerät allmählich in Vergessenheit.
Lex-Nerlinger, deren künstlerisches Schaffen zeitlebens auch und vor allem von feministischen Themen geprägt ist, wird nicht zuletzt mit ihrem Bild “§ 218“ berühmt, mit dem sie das bereits in der Weimarer Republik geltende Abtreibungsverbot provokativ thematisiert. Das 1931 beschlagnahmte Werk wird von der feministischen Frauenbewegung in den 1970er Jahren wieder aufgegriffen. Vieles von dem, was eine der wichtigsten Avantgarde-Künstlerinnen der Weimarer Republik vor Jahrzehnten geschaffen hat, ist auch im 21. Jahrhundert noch aktuell. 2016 zeigt das “Verborgene Museum“ Berlin, in Kooperation mit Zusammenarbeit mit der Kunstsammlung der Akademie der Künste, eine Retrospektive aus dem Œuvre der Fotomonteurin und Malerin.
Quellen:
{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Lex-Nerlinger }
Die Eingangszitate *) **) und weitere Informationen wurden entnommen aus: {ln:nw:http://mediathek.rbb-online.de/tv/Stilbruch/Retrospektive-%C3%BCber-Alice-Lex-Nerlinger/rbb-Fernsehen/Video?documentId=35293248&topRessort=tv&bcastId=3914800 }
{ln:nw:http://www.jungewelt.de/2016/06-17/053.php }
{ln:nw:http://www.artefakt-berlin.de/fileadmin/files/Projekte/VM_Nerlinger/pdfs/03_Alice_Lex-Nerlinger_Biografie.pdf }
{ln:nw:http://www.adk.de/de/presse/pressemitteilungen.htm?we_objectID=55423 }
Links (deutsch):
{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=129383228 }
{ln:nw:http://www.tagesspiegel.de/kultur/kuenstlerin-alice-lex-nerlinger-kunst-fuer-snobs-nein-fuers-volk/13494052.html }
{ln:nw:https://archiv.adk.de/bigobjekt/19264 }
{ln:nw:http://www.kulturbuchtipps.de/archives/1712 }
{ln:nw:http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2013/2242 }
International:
{ln:nw:http://www.photography-now.com/artist/alice-lex-nerlinger }
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