Fritz Bauer
Jurist
Geb. 16.7.1903 in Stuttgart
Gest. 1.7.1968 in Frankfurt/ Main
Als Remigrant, der als rassisch und politisch Verfolgter des NS-Regimes 1936 nach Dänemark und 1943 mit den dänischen Juden nach Schweden flüchten musste, zählt Fritz Bauer nach 1949 zu der Minderheit politischer Flüchtlinge, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der westdeutschen Nachkriegsjustiz am Neuaufbau eines demokratischen Rechtsstaats beteiligt waren.
Fritz Bauer, Sohn einer deutsch-jüdischen Familie, studiert Jura und Volkswirtschaft in München und Tübingen und promoviert 1927 in Heidelberg. Ab 1930 ist er – als jüngster Hilfsrichter in Deutschland – am Stuttgarter Amstgericht tätig. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 muss Fritz Bauer sein Amt als Richter niederlegen und wird für einige Monate im Konzentrationslager Heuberg inhaftiert.
1936 emigriert Bauer nach Dänemark, wo er nach der deutschen Besetzung verhaftet wird, aber dank Interventionen dänischer Freunde wieder frei kommt. Im Oktober 1943, mit dem Beginn der Deportation der dänischen Juden, gelingt Fritz Bauer mit seiner Familie, wie auch 7.000 anderen Juden, mit dänischer Hilfe die Flucht nach Schweden. In diese Zeit fällt seine Zusammenarbeit mit dem ebenfalls emigrierten Willy Brandt.
Die meisten von Bauers Richterkollegen allerdings arbeiten kon-struktiv für den NS-Staat. Richterlichen Widerstand gibt es kaum: nur etwa 700 höhere Beamte werden zwischen 1933 und 1938 aus dem Justizdienst ausgeschlossen, entweder weil sie jüdisch sind und/oder den Sozialdemokraten nahe stehen.
Nach der Befreiung kehrt Fritz Bauer 1945 nach Dänemark zurück, wo er bis 1949 in Kopenhagen lebt. 1949 remigriert er mit Unterstützung Kurt Schumachers nach Deutschland und wird ein Jahr später zum Generalstaatsanwalt am Oberlandes-gericht in Braunschweig ernannt und 1956 zum Hessischen Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main.
Fritz Bauer ist einer der bedeutendsten Vorkämpfer für Strafrechts- und Strafvollzugsreformen, für Resozialisierung und steht für eine gesellschaftliche Verantwortung des Justiz-wesens beim Wiederaufbau einer demokratischen Gesellschaft. Er ist es auch, der dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad den entscheidenden Hinweises auf den Aufenthaltsort von Adolf Eichmann gibt. Aufgrund dieser Hinweise kann Eichmann 1960 in Argentinien gefasst und nach Israel gebracht werden. Damit hat Bauer wesentlichen Anteil am Zustande-kommen des 1961 in Jerusalem durchgeführten Eichmann-Prozesses.
Als hessischer Generalstaatsanwalt ist Fritz Bauer verant-wortlich für die Anklageerhebung im Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1965 in Frankfurt am Main stattfindet. Mit diesem Prozess gewinnt die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in Deutschland erstmals eine öffentliche Dimension. 1965 eröffnet Fritz Bauer die Voruntersuchung für einen weiteren Prozess, der sich gegen die Teilnehmer einer reichsweiten Justizkonferenz von 1941, die juristischen Erfüllungsgehilfen der „Euthanasie“- Morde, richten soll. Bauer plant damit einen exemplarischen Prozess gegen die in die Verbrechen verstrickte NS-Justiz.
Anfang Juli 1968 stirbt Fritz Bauer in seiner Wohnung in Frankfurt am Main. Der noch in der Vorbereitungsphase stehende große Prozess gegen die Schreibtischtäter der „Euthanasie“ findet nie statt.
Literatur:
Fritz Bauer: Die Humanität der Rechtsordnung, Ausgewählte Schriften, Hg. von Joachim Perels und Irmtrud Wojak, Campus Verlag, Frankfurt am Main, New York 1998, 443 S., € 24,90, ISBN 3-593-35841-7, Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts, Band 5
Links (deutsch):
http://www.fritz-bauer-institut.de/texte/essay/07-98_wojak.htm
http://www.nachkriegsdeutschland.de/fritz_bauer_institut_kampagne.html
http://www.freitag.de/2003/30/03311201.php
http://www.klick-nach-rechts.de/ticker/2004/04/auschwitzprozess.htm
http://www.annette-wilmes.de/50jahren/Bauer.htm
http://www.gdw-berlin.de/fo/proj/laufend/lau-proj9-d.htm
http://www.cine-holocaust.de/cgi-bin/gdq?dfw00fbw000655.gd
http://www.wsws.org/de/2004/mar2004/aus1-m26_prn.html
http://www.aurora-magazin.at/wissenschaft/brank.htm
http://www.michael-greve.de/forschung.htm
International:
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