Anne Ranasinghe (Anneliese Katz)
Schriftstellerin und Journalistin
Geb. 02.10. 1925 in Essen
Gest. 17.12. 2016 in Colombo/ Sri Lanka
“… Ich weiß, / Dass nichts unmöglich ist, / Dass alles möglich ist, / Dass es weder in Häusern noch in Worten Sicherheit gibt, / Dass Grenzen theoretisch sind / Und Liebe relativ ist zu der Wahl, zu der du gezwungen bist.“ *)
“Es hatte Jahre gebraucht, bis ich wieder deutsch lesen konnte und Lust auf Übersetzungen verspürte. Immerhin war es die Sprache meiner Familie – und ihrer Mörder.“ **)
Anneliese, das einzige Kind einer jüdischen Familie, besucht in ihrer Geburtsstadt die Grundschule. Mit dem NS-Erlass auf “Rassentrennung an öffentlichen Schulen“ vom 10. September 1935 wird sie, wie viele ihrer MitschülerInnen, gezwungen, auf eine andere Schule zu wechseln. Ab 1936 besucht sie die Jawne-Schule, ein jüdisches Reformrealgymnasium in Köln und seit seiner Gründung 1919 zugleich die einzige weiterführende jüdische Schule im Rheinland. Die kaum 13Jährige wird Zeitzeugin der Novemberpogrome in Nazi-Deutschland, in deren Gefolge ihr Vater verhaftet und ins KZ Dachau gebracht wird. In diesem Lager, unweit von München, sind auch und vor allem zahlreiche Prominente und bekannte Persönlichkeiten inhaftiert, unter ihnen der Historiker und spätere erste Wiener Kulturstadtrat nach 1945, {ln:Matjeka, Viktor ‚Viktor Matejka}, der “Apfel“-Pfarrer und NS-Gegner {ln:Aigner, Korbinian ‚Korbinian Aigner}, der Psychoanalytiker {ln:Bettelheim, Bruno ‚Bruno Bettelheim}, Schriftsteller wie {ln:Lustig Arnošt ‚Arnošt Lustig}, {ln:Rost, Nico ‚Nico Rost} und {ln:Soyfer, Jura ‚Jura Soyfer} (Autor des “Dachau-Liedes“), der Maler {ln:Čapek Josef ‚Josef Čapek}, Journalisten wie {ln:Carlebach, Emil ‚Emil Carlebach} und {ln:Ferber, Walter ‚Walter Ferber}, Musiker wie der österreichische Komponist und Kabarettist {ln:Leopoldi, Hermann ‚Hermann Leopoldi}, und der Jazzmusiker {ln: Schumannc Coco ‚Coco Schumann} sowie die Schauspieler {ln:Geschonneck, Erwin ‚Erwin Geschonneck} und {ln:Vermehren, Isa ‚Isa Vermehren}.
Der letzte Schuldirektor der Jawne, Erich Klibansky, plant nach 1938 gemeinsam mit seinem Kollegium, die gesamte Schule nach Großbritannien auszusiedeln, organisiert in der Folge Kindertransporte und kann 130 jüdischen Schülerinnen und Schüler das Leben retten, unter ihnen auch Anneliese Katz. Sie kommt zu einer Tante im südenglischen Bournemouth, wird aber – wie viele Exilanten und NS-Flüchtlinge mit ihr – bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zur “feindlichen Ausländerin“ erklärt. Erst nach Kriegsende erfährt die junge Frau, dass ihre in Deutschland zurückgebliebenen Eltern ins Ghetto Lodz deportiert und drei Jahre später im Vernichtungslager Chełmno vergast worden sind. Auch alle weiteren Verwandten von Anne werden zu Opfern des Holocaust.
Sie lässt sich zur Krankenschwester ausbilden und macht eine journalistische Ausbildung. 1949 heiratet Anneliese Katz den ceylonesischen Gynäkologen Abraham Ranasinghe und übersiedelt mit ihrem Mann drei Jahre später ins heutige Sri Lanka. Ab den 70er-Jahren verfasst die mehrfache Mutter und seit 1956 sri-lankische Staatsbürgerin, die nun Anne Ranasinghe heisst, Gedichte und Prosa sowie Features und Hörspiele. Für ihre in zahlreiche Sprachen übersetzten Werke erhält sie mehrere Literaturpreise, darunter 2007 den “State Literary Award“ des Inselstaates im Indischen Ozean für ihr Lebenswerk. Neben ihrer schriftstellerischen Arbeit engagiert sie sich auch als Menschenrechts-Aktivistin und ist von 1975 bis 1990 für “Amnesty International South Asia“ mit Sitz in Colombo tätig. Sri Lankas berühmteste Dichterin und einzige jüdische Bürgerin stirbt in ihrem Haus hochbetagt im Alter von 91 Jahren.
Quellen:
*) Das Eingangszitat wurde entnommen aus: Marko Martin: “Wie Rilke nach Colombo kam“ in: Jüdische Allgemeine v. 20.01. 2011/ {ln:nw:http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/9489/highlight/Anne&Ranasinghe }
**) Marko Martin, a.a.O.
{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Ranasinghe }
{ln:nw:http://juedischerundschau.de/die-bedeutendste-lyrikerin-sri-lankas-135910253/ }
{ln:nw:http://www.dailymirror.lk/120912/Anne-Ranasinghe-passes-away }
{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=113759185 }
Links (deutsch:
{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=113759185 }
{ln:nw:http://www.hördat.de/pdf.pl?a=Ranasinghe&b=Die+leere+Stra%DFe&c=DDR }
{ln:nw:http://www.hagalil.com/2016/12/ranasinghe/ }
{ln:nw:http://www.jawne.de/content/index_ger.html }
{ln:nw:http://www.gbg-koeln.de/denkmal/ns_zeit/jawne.htm }
International:
{ln:nw:https://web.archive.org/web/20050206101032/http://www.writeclique.net/profile.php?ID=42 }
{ln:nw:https://en.wikipedia.org/wiki/Anne_Ranasinghe }
{ln:nw:http://dailynews.lk/2016/12/20/local/102442 }
{ln:nw:http://naosite.lb.nagasaki-u.ac.jp/dspace/bitstream/10069/28441/1/keieikeizai70_02_04.pdf }
{ln:nw:https://www.jstor.org/stable/40873030?seq=1#page_scan_tab_contents }
{ln:nw:http://www.scholarspark.com/at-what-dark-point-by-anne-ranasinghe.html }
{ln:nw:http://www.island.lk/2005/04/27/midweek7.html }
{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=saCntRpg-V4 }
{ln:nw:https://vimeo.com/102391843 }
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