Lili (eigtl. Elisabeth) Grün
Schriftstellerin und Schauspielerin
Geb. 03.02. 1904 (1907?) in Wien/ Österreich-Ungarn
Gest. 01.06. 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinez (Weissruss. SSR)/ UdSSR (damals unter dt. Besatzung)
„Und ich bin so scharf auf Seele!“
„Es nützt nichts, wenn man eine ,beste Freundin‘ hat. Man muss immer noch eine haben, bei der man sich, wenn’s not tut, über die beste Freundin beklagen kann“. (Lili Grün) *)
“Das Werk dieser Schriftstellerin (…) steht gleichberechtigt neben den Arbeiten {ln:Keun, Irmgard ‚Irmgard Keuns}, {ln:Lederer Joe ‚Joe Lederers}, {ln:Baum, Vicky ‚Vicki Baums} oder Kaus, Gina ‚Gina Kaus}’. Die Prosa all dieser Autorinnen hat bis heute beinahe nichts an Frische und Aktualität eingebüßt.“ **}
Lili Grün ist die jüngste von vier Töchtern eines aus Ungarn stammenden jüdischen Bürstenbinders und Herstellers von Friseurbedarfsartikeln. Die Familie lebt in verhältnismäßig bescheidenen Verhältnissen, aber nicht die soziale Situation, sondern der Tod beider Eltern ist es, der tiefe Spuren in ihrem Leben hinterlassen wird: Als sie elf Jahre ist, stirbt die Mutter, fünf Jahre später erliegt der Vater einem chronischen Nierenleiden. Dieser Verlust wird sie zeitlebens prägen und nicht zuletzt auch ihr späteres schriftstellerisches Werk beeinflussen, “indem sie die Protagonistinnen ihrer autobiographisch gefärbten Romane stets als Halb- oder Vollwaise zeigte, die ihrer plötzlich mutter- und damit lieblos gewordenen Kinderwelt beständig hinterhertrauern.“ (Hier zitiert aus: Biografie Lili Grün von Anke Heimberg in Frauen.Biographiefroschung/ {ln:nw:http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lili-gruen/} )
Nach ihrem Schulabschluss absolviert Lili Grün zuerst eine Ausbildung zur Kontoristin, arbeitet anschließend als Sekretärin – und nimmt daneben Schauspielunterricht, gilt doch ihre eigentliche Liebe dem Theater. Bereits als junge Frau wirkt sie in der neu gegründeten Bühne der Sozialistischen Arbeiterjugend mit und geht Ende der 1920er Jahre nach Berlin, wo sie zur Kabarettszene um {ln:Busch, Ernst ‚Ernst Busch}, {ln:Hase, Annemarie ‚Annemarie Hase} und Hanns Eisler gehört. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich tagsüber in einer Konditorei, beginnt in dieser Zeit mit dem Schreiben eigener Texte und wird 1931 Mitglied des politisch-literarischen Kabarett-Kollektivs „Die Brücke“, wo sie abends selbst verfasste Gedichte vorträgt. Nach einigen Monaten muss die als “kommunistisches Hetzkabarett“ öffentlich verunglimpfte Kleinkunstbühne schließen.
Zurück in Wien, verarbeitet sie ihre Berlinerlebnisse in dem vielbeachteten Roman “Herz über Bord“ (1933), der auch ins Ungarische und Italienische übersetzt wird. “Lili Grün bewegte sich in Wien in einem durchaus interessanten Umfeld: {ln:Spiel, Hilde ‚Hilde Spiel} gehörte ebenso zu ihren Weggefährten wie {ln:Neumann, Robert ‚Robert Neumann}, der auch ihr Manuskript an den Zsolnay-Verlag vermittelte.“ (Hier zitiert aus: {ln:nw:http://oe1.orf.at/artikel/216356})
1933 wird die Autorin für den “Julius-Reich-Dichter-Preis“ vorgeschlagen. Zu diesem Zeitpunkt ist Lili Grün bereits an Tuberkulose erkrankt. Nach vorübergehender Gesundung in einer Wiener Lungenheilstätte erkrankt sie im Herbst 1933 erneut, ist kaum noch in der Lage, zu arbeiten und lebt von den Tantiemen ihres Buches und einem Vorschuss des Zsolnay-Verlages für einen zweiten Roman. Eben dieser Verlag ist es auch, der ihr mit einer Spendenaktion einen Kuraufenthalt 1935 in Meran ermöglicht. Nach Aufenthalten in Prag und Paris erscheint in diesem Jahr auch der Roman “Loni in der Kleinstadt.“ Ihre Novelle “Anni hat Unrecht“ wird nicht mehr gedruckt, und ihr letzter Roman “Junge Bürokraft übernimmt auch andere Arbeit“ erscheint 1936 als Zeitungsabdruck im “Wiener Tag“. Jahrzehnte später wird der Berliner Aviva-Verlag durchaus erfolgreich drei Romane der österreichischen Schriftstellerin neu herausgeben: “Alles ist Jazz“ erscheint 2009, “Zum Theater!“ 2011 und 2016 schließlich folgt “ Junge Bürokraft übernimmt auch andere Arbeit …“.
Mit dem sogenannten “Anschluss“ Österreichs im März 1938 verliert Lili Grün als jüdische Schriftstellerin schlagartig jegliche Möglichkeit zur Publikation. Verarmt und lungenkrank bleibt ihr auch die Emigration ins Ausland verwehrt. Im Sommer 1938 muss die von den Nationalsozialisten so definierte “Nichtarierin“ ihre Wohnung verlassen und lebt in Wien zuletzt in einem Armenquartier für Juden in der Neutorgasse im 1. Bezirk. Am 27. Mai 1942 wird die damals 38jährige kranke Schriftstellerin ins Vernichtungslager Maly Trostinez deportiert, kurz darauf ermordet und in einem Massengrab verscharrt. Auch der Leiter und Lehrer der “Jawne“, des ersten jüdischen Gymnasiums des Rheinlandes in Köln, Erich Klibansky, findet unweit des Lagers im Juli 1942 mit seiner Familie den Tod.
“Seit Juni 2007 gemahnt in der Heinestraße 4 im 2. Wiener Gemeindebezirk ein „Stein der Erinnerung“ an das grausame Schicksal von Lili Grün. Im Mai 2009 wurde ein neugestalteter Platz im Bereich Klanggasse/ Castellezgasse, ebenfalls im 2. Wiener Gemeindebezirk, nach ihr benannt.“ (Hier zitiert aus: Anke Heimberg, a.a.O./ {ln:nw:http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lili-gruen/})
Quellen:
*) Die Eingangszitate von Lili Grün wurden entnommen aus: {ln:nw:https://kurier.at/kultur/lili-gruen-und-ich-bin-so-scharf-auf-seele/75.217.615 }
**) Das Eingangszitat stammt aus: Werner Jung: “ Futsch ist futsch, das stimmt schon. Aber die Männer darf man nicht ernst nehmen: Der dritte Roman von Lili Grün (1904–1942) über das Wien der 10er und 20er Jahre“. Junge Welt, Ausgabe vom 16.01.2017, Seite 10 / Feuilleton/ {ln:nw:http://www.jungewelt.de/2017/01-16/052.php }
{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Lili_Gr%C3%BCn }
{ln:nw:http://oe1.orf.at/artikel/216356 }
{ln:nw:http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lili-gruen/ }
{ln:nw:http://litkult1920er.aau.at/?q=lexikon/gr%C3%BCn-lili }
{ln:nw:http://literaturkritik.de/id/19077 }
Links (deutsch):
{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=126449090 }
{ln:nw:http://derstandard.at/1271377380017/Portraet-mit-Buchtipp-Lili-Gruen-verkannt-und-ermordet }
{ln:nw:https://www.aviva-verlag.de/programm/junge-b%C3%BCrokraft-%C3%BCbernimmt-auch-andere-arbeit/ }
{ln:nw:https://www.perlentaucher.de/autor/lili-gruen.html }
{ln:nw:http://literaturkritik.de/id/19077 }
{ln:nw:http://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/esprit-und-elend-1.18398314 }
{ln:nw:http://lili-gruen.zurerinnerung.at/ }
{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=nOGTefzrC7c }
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