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Rosenstrauch-Königsberg, Edith

H.A.M. 0

Edith Rosenstrauch-Königsberg (Pseud.: Erich König)

Literaturwissenschaftlerin und Journalistin

Geb. 06.11. 1921 in Wien/ Österreich

Gest. 24.12. 2003 in Wien/ Österreich

 

Der Vater ist selbständiger Schneidermeister und überzeugter Sozialist, die  Mutter mehr religiös geprägt. Man lebt in bescheidenen Verhältnissen in einem zwar jüdischen Milieu im 20. Wiener Bezirk, aber zu Hause wird Deutsch gesprochen und nicht Jiddisch. Ihre erste wichtige Prägung erfährt Edith Königsberg in der Schule durch eine – für damalige Zeiten – fortschrittliche und emanzipierte Lehrerin. Ab 1931 besucht sie die neu eingerichteten Mädchenklassen im Realgymnasium Glasergasse im 9. Bezirk, eine Mittelschule, die, so erinnert sie sich später in einem Interview, schon sehr vom nationalsozialistischen Geist geprägt ist. Edith, die gerne lernt, darf sehr bald schon nach dem “Anschluss“ im Frühjahr 1938 die Schule nicht mehr besuchen.

 

Zum Jahresende 1938 besteht noch die Möglichkeit, mit einem Kindertransport nach Großbritannien zu gelangen, allerdings nur mit Protektion, außer, man hat eine Einladung von dort. Eine Schwester der Mutter ist bereits im Mai 1938 emigriert, arbeitet als Hausgehilfin und findet tatsächlich für Edith und ihre Schwester eine Familie, die bereit ist, die beiden Schwestern aufzunehmen. Die junge Frau versucht sich, so gut es geht, auf ihre Zukunft vorzubereiten, lernt Englisch und Maschineschreiben und kocht in einem jüdischen Gasthaus. In der Zwischenzeit nehmen die Repressionen gegen jüdische Bürger Wiens immer mehr zu: Sie dürfen auf keiner Parkbank mehr sitzen und nicht mehr mit der Straßenbahn fahren. Die Rettung in jener Zeit ist für die theater- und kulturbegeisterte junge Frau die Literatur aus den ehemaligen Arbeiterbibliotheken und im heimischen Bücherschrank, vor allem die Werke von Upton Sinclair, Heinrich Heine, Selma Lagerlöf, {ln:Silone, Ignazio Ignazio Silone }, Grillparzer, Goethe und Hans Fallada.

 

Ihren Wunsch eines Studiums der Etymologie kann sie nicht verwirklichen, Chemie wäre vielleicht noch eine Alternative, aber beides ist schlussendlich nicht möglich. Ab 1939 und nun in Großbritannien muss die Emigrantin erst einmal arbeiten, und für Literatur und Wissenschaften bleibt da kaum Zeit. Sie arbeitet als Kinderbetreuerin, führt einer Familie den Haushalt (ohne es wirklich zu können) – alles ohne Gehalt. Aber wenigstens das nackte Leben hat sie gerettet. Ganz im Gegensatz zu ihren Eltern, denen die ebenfalls gewünschte Emigration verwehrt bleibt, da sie die Kosten dafür nicht aufbringen können. Edith Königsberg wird sie nie mehr wiedersehen – beide kommen 1942 im KZ Riga ums Leben.

 

Die Tochter schlägt sich im britischen Exil weiterhin mit diversen Jobs durch, arbeitet als Stubenmädchen in Devonshire, in einer Hutmanufaktur im Londoner East End, später in einem Buffet, ist Metallschleiferin und Arbeiterin in einer Konservenfabrik, verdingt sich als Wäschenäherin, Weberin und Dreherin. Trotz ihrer sehr ärmlichen Lebenssituation spielt aber die Kultur weiterhin eine bedeutende Rolle, und neben Besuchen in Emigranten-Cafés ist es vor allem das “Austrian Centre“, das ihr zur Heimat wird: Hier gibt es ein Theater, das “Laterndl“, gegründet am 21. Juni 1939, eine Kleinkunstbühne, auf der neben eigenen später auch Stücke von {ln:Brecht, Bertolt Bert Brecht }, {ln:Soyfer, Jura Jura Soyfer }, {ln:Zuckmayer, Carl Carl Zuckmayer } und {ln:Zweig, Stefan Stefan Zweig } gespielt werden. Auch eine eigene Zeitschrift gibt das “Austrian Centre“ heraus, daneben erscheint eine Jugendzeitung, es gibt eine Bibliothek und eine Jugendorganisation. In diesen Kreisen findet die junge Emigrantin aus Wien bald ihre neue soziale und weltanschauliche Heimat. In der österreichischen Exilorganisation „Young Austria“ arbeitet sie in der  Kulturkommission mit und lernt hier auch 1941 ihren späteren Mann Oskar Rosenstrauch kennen, den man soeben aus der Internierung entlassen hat.  1946 kehrt die Familie mit ihren zwei Töchtern Liesl und Hazel nach Wien zurück.

 

Edith Rosenstrauch-Königsberg tritt der KPÖ bei (der sie bis 1968 angehören wird), holt das Abitur nach, studiert ab 1947 Germanistik, beendet das Studium jedoch nicht, sondern arbeitet im Globus-Verlag (dem Parteiverlag der KP Österreichs) als Lektorin und Übersetzerin und schreibt für das von Ernst Fischer mit-herausgegebene kommunistische Monatsblatt “Tagebuch“. Chefredakteur bis 1956 ist der erste Wiener Kulturstadtrat nach 1945, {ln:Matejka, Viktor Viktor Matejka }, mit dem gemeinsam sie dann in den 60er Jahren auch im Vorstand der Österreichisch-Polnischen Gesellschaft tätig ist, und er ist es auch, der die damals bereits Mittvierzigerin darin bestärkt, ein Doktorat anzustreben.

 

 

1970 verfasst Edith Rosenstrauch-Königsberg ihre Dissertation über Aloys Blumauer („Freimaurerei im josephinischen Wien. Aloys Blumauers Weg vom Jesuiten zum Jakobiner“), erhält jedoch keine Stelle an der Universität (vermutlich wegen ihrer kommunistischen Parteizugehörigkeit) und  arbeitet fortan freiberuflich. Zu den Publikationen der anerkannten Josephinismus-Forscherin zählen u.a.: „Freimaurer, Illuminat, Weltbürger. Friedrich Münters Reisen und Briefe in ihren europäischen Bezügen“ (1984), „Zeitschriften und Zeitungen des 18. und 19. Jahrhunderts in Mittel- und Osteuropa“ (1987), die Edition von Primärtexten „Literatur der Aufklärung 1765-1800“ (1988) sowie die Sammlung ihrer Aufsätze unter dem Titel „Zirkel und Zentren. Aufsätze zur Aufklärung in Österreich am Ende des 18. Jahrhunderts“ (1991).

 

Die langjährige Mitarbeiterin des Studienkreises für Kulturbeziehungen in Mittel- und Osteuropa, Redakteurin des Jahrbuchs der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts und Vizepräsidentin des Vereins zur Erforschung der Französischen Revolution in Österreich, stirbt im Alter von 82 Jahren in ihrer Geburtsstadt an der Donau. Ihr Nachlass wird von der Wienbibliothek im Rathaus verwaltet.

 

Quellen:

Beatrice Müller-Kampel: “Edith Rosenstrauch-Königsberg: von der Metallschleiferin zur Germanistin: Lebensstationen und historische Forschungen einer Emigrantin und Remigrantin aus Wien“, Böhlau-Verlag Wien 2001, hier: {ln:nw:https://books.google.fr/books?id=ob_JRf-nmFUC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false }

{ln:nw:https://www.wien.gv.at/wiki/index.php?title=Edith_Rosenstrauch-K%C3%B6nigsberg }

{ln:nw:http://david.juden.at/buchbesprechungen/66-70/70-lichtenegger.htm }

{ln:nw:http://www.boehlau-verlag.com/978-3-205-99307-0.html }

{ln:nw:http://data.onb.ac.at/nlv_lex/perslex/R/Rosenstrauch_Edith.htm }

Edith Rosenstrauch-Königsberg: “Viktor – privat“, hier in: F. R. Reiter (Hg.): “Wer war Viktor Matejka?“, Dokumente, Berichte, Analysen. Ephelant-Verlag Wien 1994, S. 154ff.

 

Links (deutsch):

{ln:nw:http://www.centropa.org/de/biography/oskar-rosenstrauch }

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Hazel_Rosenstrauch }

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