Raymond Klibansky
Kulturphilosoph, Autor und Übersetzer
Geb. 15.10. 1905 in Paris/ Frankreich
Gest. 5.8. 2005 in Montréal/ Kanada
„Mit den Forderungen wissenschaftlichen Denkens, denen Ausdruck zu geben ich als Dozent der Universität Heidelberg verpflichtet bin, scheint es mir nicht vereinbar, die Frage nach der Abstammung auf Grund der Kenntnis der Konfession von nur zwei vorangehenden Generationen klären zu wollen. Ich muß deshalb auf die Feststellung Wert legen, daß meine sämtlichen Vorfahren väterlicherseits und mütterlicherseits (…) die jüdische Religion bekannten. Città del Vaticano, den 24. IV. 1933“.
(Raymond Klibansky an den Rektor der Universität Heidelberg)*
Karl Jaspers und Albert Einstein gehören ebenso zu seinem Bekanntenkreis wie Ernst Cassierer und Stefan George, und in der wissenschaftlichen Fachwelt macht er sich auch und vor allem einen Namen durch seine Studien über Nikolaus von Kues und Meister Eckhart sowie mit Schriften zu Platon und zur platonischen Denktradition des Mittelalters. Sein – zusammen mit Erwin Panofsky und Fritz Saxl 1964 verfasstes – Standartwerk über Saturn und Melancholie untersucht in eindrucksvoller Weise die Geschichte des Begriffs der Melancholie von der Antike bis zur Renaissance.
Der Sohn eines jüdisch-orthodoxen Weinhändlers übersiedelt zu Beginn des ersten Weltkrieges mit seiner Familie in die väterliche Heimat, nach Deutschland, wo man sich in Frankfurt/ M. niederläßt. In Ober-Hambach an der Bergstrasse besucht Klibansky die (1910 von Paul Gehheeb gegründete) Odenwaldschule (zu deren LeiterInnen in der Nachkriegszeit u.a. auch Minna Specht gehört), ebenso wie die Kinder von Thomas Mann und Max Weber, in deren Familien Klibansky auch privat verkehrt. Es folgt das Studium der Philosophie und Philologie in Kiel und Heidelberg, in Hamburg studiert er bei Ernst Cassirer und im Umkreis der Bibliothek Warburg, promoviert 1929 und habilitiert sich 1931 an der Universität Heidelberg In diese Zeit fallen auch Klibanskys enge Kontakte zum Kulturhistoriker Aby Warburg und dem Romanisten Ernst Curtius.
Im April 1933 wird der jüdische Privatdozent – der als Forschungsassistent der Heidelberger Akademie der Wissenschaften seit 1927 mit Ernst Hoffmann an der Vorbereitung der Ausgabe sämtlicher Werke des Nikolaus von Kues arbeitet – von den Nationalsozialisten entlassen und emigriert noch im Juli desselben Jahres nach Großbritannien, wo er seine Arbeiten als Lecturer am King’s College in London und – ab 1936 – als Fellow in Oxford fortsetzen kann.
Nicht zuletzt die eigenen leidvollen Erfahrungen mit dem deutschen Antisemitismus haben in Raymond Klibansky sein philosophisches Eintreten für die Freiheit des Individuums, für Toleranz und Zivilcourage verstärkt, und mehr noch: seine philosophischen Einsichten will er in engagiertes Handeln umsetzen, um so der Idee der Aufklärung in Wort und Tat gerecht zu werden.
1946 folgt er einem Ruf an die McGill Universität auf den John Frothingham Lehrstuhl für Logik und Metaphysik im kanadischen Montréal. Neben dieser fast drei Jahrzehnte währenden Lehr- und Forschungstätigkeit ist Raymond Klibansky – zu dessen Verdienst es nicht zuletzt auch gehört, daß die Philosophie bei der UNESCO verankert wird – als Gastprofessor in aller Welt unterwegs, darunter in den 1970er Jahren in Teheran und Tokio.
Seit 1957 ist Klibansky Ordentlicher Professor außer Dienst an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg. 1970 wird der Kosmopolit der Vernunft (Neue Zürcher Zeitung v. 15. August 2005) emeritiert und 1986 zum Ehrensenator der Universität ernannt. 1994 erhält der Kulturphilosoph den Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg.
Der Nachlaß Klibanskys befindet sich seit Ende 2006 im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Quelle:
hier zitiert aus: http://www.tphys.uni-heidelberg.de/Ausstellung/ show.cgi?de&D&24&171
Links (deutsch):
http://de.wikipedia.org/wiki/Raymond_Klibansky
http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118777378
http://www.nzz.ch/2005/08/15/fe/article769F5.html
http://www.suhrkamp.de/buecher/iv2001/klibansky.htm
http://www.perlentaucher.de/buch/6834.html
International:
Die Kommentare sind deaktiviert.