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König, René

H.A.M. 0

René König
Soziologe


Geb. 5. 7. 1906 in Marburg
Gest.21. 3. 1992 in Köln


„Kurzum: kritische Soziologie wendet sich gegen jede Machtausübung, von welcher Seite auch immer…So repräsentiert heute der Soziologe jenen Stachel, von dem Sokrates sprach, und der nicht nur das Denken antreibt, sondern es zugleich auf den Weg der Wahrheit bringt.“

(René König)


Mit seinen Kollegen Theodor W. Adorno und Helmut Schelsky wird er in einem Atemzug genannt, gehört er doch zu den einflussreichsten deutschen Soziologen der Nachkriegszeit: Wer ihn erlebt hat, dürfte ihn kaum vergessen. Streitlustig im besten Sinne des Wortes, nahm er kein Blatt vor den Mund. René König war ein kampfeslustiger Polemiker und ein akademischer Redner, bei dem das Zuhören selbst Laien wie dem Autor dieses Beitrags Vergnügen bereitete.


Anders jedoch als Adorno, der als Jude vor den Nazis ins Exil flüchten musste, und anders vor allem als Schelsky, der bereits 1932 Mitglied des „Sturmabteilung“ SA, 1933 des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes und später auch der NSDAP wurde, war König als Arier vor rassistischen Verfolgungen gefeit, aber auch nie in Gefahr, ein Mitläufer dieses oder anderer Unrechtssysteme zu werden.


Doch René König war früh schon ein Rebell gegen Kleingeistigkeit, Mief und Rassismus. Und ein Moralist im besten Sinne des Wortes – die Soziologie war für ihn eine Moralwissenschaft. Er war davon so überzeugt, dass es ihn im Exil in der Schweiz selbst beim Baden im Zürichsee noch umtrieb, wie eine Episode vom Baden zeigt. Sein Freund Ernest Zahn erinnert sich: „Obwohl wir (beim Schwimmen) natürlich kein Fachgespräch führten, vertraute René mir an, daß er noch einmal ein Buch Von der Alltagsmoral in der Massengesellschaft’ schreiben möchte.“


René König hatte während einer spannenden Zeit, nämlich Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, in zwei der aufregendsten Städte Europas studiert: In Wien, wo die besten Köpfe jener Zeit in Kunst und Wissenschaft zu Hause waren und er Charlotte Bühler und Paul F. Lazarsfeld kennenlernte, und in Berlin, der Stadt der Bohème und der politischen Gegensätze. Seine Studienfächer waren eine breite Palette und zeugten von wachem Interesse: Philosophie, Kulturwissenschaften, Ethnologie und – islamische Sprachen. Seine in Berlin vorgelegte Doktorarbeit lautete: Die naturalistische Ästhetik in Frankreich und ihre Auflösung.


Doch die weitere wissenschaftliche Laufbahn war dem engagierten Nazigegner verwehrt, eine Habilitation verbaut. Statt Professor in Deutschland zu werden, emigrierte René König 1937 in die Schweiz – vor allem in den ersten Jahren eine Zeit „beengter finanzieller Verhältnisse“. Erst 1949 bekam er einen Lehrstuhl für Soziologie an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln.

Der mit ihm befreundete, in den USA lebende Kollege Günther Lüschen, erklärte vor der René König-Gesellschaft zum 90. Geburtstag des großen Soziologen: „In der Erinnerung über seine Kölner Zeit, 1949 – 1974 als Ordinarius und zeitweiliger Dekan, 1974 – 1992 als Emeritus, stehen eine Persönlichkeit und ein Wissenschaftler vor uns, der sich selbst in moralischen Bezügen verstand. Als bleibender Eindruck aus dieser Zeit spielen andere Züge dieser Person eine große Rolle, die letztlich über reine wissenschaftliche Begabung, die aus Bildung und Neigung Einsichten der Philosophie, Ethnologie, der internationalen Kulturgeschichte und der intimen Kenntnis einzelner Kulturen und Nationen von Afghanistan bis Polen in seine Soziologie einbrachte. Er bezeichnete sie in einer Widmung einmal scherzhaft als ‚ganz unmögliche Wissenschaft’ und definierte sie als ‚wesentlich unbestimmt’.


Trotzdem hat ihn diese Wissenschaft bis zum Schluss fasziniert. Für ihre Entwicklung als empirisch objektive Einzelwissenschaft hat er in Deutschland und Europa so viel geleistet wie kaum jemand sonst. Dabei ist Ausdruck seines unermüdlichen Schaffens und Fleißes eine Produktion wissenschaftlicher Schriften, die allein in den von ihm selbst verfassten Beiträgen einen geschätzten Umfang von mehr als 20 Bänden aufweist. Dazu kommen für die Disziplin wichtige Herausgebertätigkeiten, von 30 Jahren Herausgeberschaft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie angefangen, über den Bestseller Fischer-Lexikon der Soziologie bis zum zunächst 2-bändigen, dann 14-bändigen Handbuch der Empirischen Sozialforschung, das international seinesgleichen sucht.“


Seine Weltläufigkeit unterstrichen Gastprofessuren in den verschiedenen Ländern Europas und Afrikas, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Afghanistan. Was René König über seine fachlichen Leistungen als eine vorbildhafte Persönlichkeit auszeichnet, ist seine auch bei diesen Auslandsaufenthalten geschärfte Abneigung gegen Ideologien jeglicher Art. So grenzte er sich entschieden ab gegenüber der dialektischen Ausrichtung der Frankfurter Schule um Adorno, Horkheimer und Marcuse. Jedwede Form der Bewunderung öffentlicher Gemeinschaft war ihm nach seinen Erfahrungen mit den jungen Nazis in der Weimarer Republik zuwider – suspekt waren ihm auch Empiriker wie Schelsky und andere ehemalige Nationalsozialisten, die nach dem Zweiten Weltkrieg trotzdem Karriere machten.


Autor:

Hajo Jahn


Literatur: 

René König: Materialien zur Kriminalsoziologie
Hrsg. v. Aldo Legnaro u. Fritz Sack, VS-Verlag 2005
Rene König Schriften Bd.13
ISBN: 3810033065


Links (deutsch):

http://www.uni-koeln.de/rkg

http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118564390

http://de.wikipedia.org/wiki/Ren%C3%A9_K%C3%B6nig

http://www.niccolo-machiavelli.de/machiavelli_bibliographie.php?werknr=702

http://www.antiquario.de/a_autoren/k/Koenig_Rene.html

http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/81/81_1/koenig.htm

http://www.sociosite.net/topics/texts/koenig.pdf

http://www.sozpsy.uni-hannover.de/marienthal/archiv/archiv238.html

http://www.liga-kind.de/pages/304bertram.htm

http://www2.hu-berlin.de/mikrosoz/inhalte/lit/Koenig2.pdf

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